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These: Rapid sollte Heim-Derbys im Happel spielen

Warum brauchen die Wiener deutsche Trainer? Haben die Bundesländer-Klubs die Hauptstadt abgehängt? LAOLA1 debattiert:

These: Rapid sollte Heim-Derbys im Happel spielen Foto: © GEPA

In unserem neuen Format "Ansichtssache" versuchen wir, Meinungen, Stimmungen, Überreaktionen oder sonstige Ansichten jeglicher Art in eine These zu packen und zu analysieren.

Das kann mal provokant sein, mal eine oft gehörte Meinung. Mal sehr strittig, mal weniger. Mal eine Prognose, mal eine simple Einordnung.

Dieses Mal beschäftigen wir uns mit dem 342. Wiener Derby zwischen Rapid und der Austria. Sonntag, ab 17 Uhr im LIVE-Ticker >>>

In Zukunft wollen wir auch User-Thesen debattieren. Diesmal waren unsere Redaktions-Kollegen aufgerufen, vier Ansagen zu liefern, die in weiterer Folge von den LAOLA1-Redakteuren Johannes Bauer und Harald Prantl eingeordnet wurden.

1.) Der Verlierer des Derbys schafft es nicht in die Meistergruppe.

Johannes Bauer:

Werden wir uns diese Frage überhaupt stellen müssen? Die Ausgangslage schreit doch nach dem obligatorischen Ergebnis für Derbys, in denen keiner verlieren darf – einem Remis.

Für eine klare Antwort kehre ich die Frage um: Der Sieger wird es in die Meistergruppe schaffen.

Einen Todesstoß für den Unterlegenen sehe ich aber noch nicht. Gewürzt mit einer Prise – nein, ein paar Esslöffeln Hoffnung für den Wiener Fußball lehne ich mich weiter in die Kurve als Valentino Rossi zu seinen besten Zeiten und sage: Das geht sich schon noch aus.

Klar: Das Derby besitzt den Charakter des so gern bemühten "Sechs-Punkte-Spiels". Seine Bedeutung im Kampf gegen den noch öfter strapazierten "ominösen Strich" kann ich mit dem guten Willen, den ich da gerade aufbringe, nicht kleinreden.

Ich möchte mich selbst und den Leser mit den Herumrechnereien verschonen, die am Ende eh nicht eintreten – mein mangelnder Erfolg bei Tippspielen bürgt dafür.

Dennoch: Die kritische Punkte-Marke könnte sich bei 33 Punkten einpendeln. Die sind für die Austria (aktuell 27 Punkte) auch bei einer Derby-Niederlage mit einem Gastauftritt bei Blau-Weiß Linz und einem Heimspiel gegen die WSG Tirol erreichbar. Für Rapid, das momentan einen Punkt mehr hat, sowieso.

Austria Klagenfurt muss nach dem Duell mit Blau-Weiß Linz noch nach Salzburg, hat dann das direkte Duell mit Rapid. Das geht leichter. Und ein Torverhältnis, auf das es im Vergleich mit der Wiener Austria ankäme (beide Spiele endeten 2:2) wäre eher nicht auf Seiten der Kärntner. Das mal als einziges Rechenbeispiel exemplarisch herausgekramt.

Sowieso und überhaupt hatte die Bundesliga seit der Reform genug Drama um diese Frage zu bieten. Gepaart mit meinem Talent für Ergebnisvoraussagen muss wahrscheinlich doch der TSV Hartberg zittern. Ein Sorry schonmal dafür in die Oststeiermark.

Harald Prantl:

Blöd gelaufen für mich. Ich hatte ja eigentlich damit spekuliert, dass der liebe Kollege sich die Rechnerei antut. Aber egal.

Wer das Derby verliert, hat immer noch realistische Chancen, es in die Meistergruppe zu schaffen. Gehen wir mal von einer Austria-Niederlage aus – also nicht prognostizierend, sondern weil der FAK noch hinter Rapid liegt, eine Niederlage also schwerer wiegen würde –, dann wären die Favoritner maximal vier Punkte hinter Platz sechs, davor werden sich dann aber Klagenfurt und Rapid noch gegenseitig Punkte wegnehmen und Hartberg muss ins Duell mit dem SK Sturm.

Anders als mein Vorschreiber sehe ich Austria Klagenfurt mit den schlechtesten Karten, weil mit BW Linz und Salzburg neben Rapid zwei weitere unangenehme Gegner warten.

2.) Warum Deutsche? Trainer wie Robert Klauß und Michael Wimmer hätte man auch in Österreich gefunden.

Harald Prantl:

Soll das den klassischen "Wir mögen keine Piefke"-Reflex befeuern!?! Mal ehrlich, diese Zeiten sind ja hoffentlich vorbei. Ist doch egal, welchen Reisepass ein Trainer hat, solange er gute Arbeit leistet.

Und wenn es doch jemanden bewegt, kann ich noch eine andere Statistik dagegenhalten: Andreas Heraf ist als Wiener von seinem Arbeitsplatz in Lustenau 508 Kilometer Luftlinie entfernt aufgewachsen, Wimmers Dingolfing trennen nur 283 Kilometer von Wien, Robert Klauß kam in Eberswalde im Nordosten Deutschlands zur Welt, selbst das ist nur 40 Kilometer weiter weg als Lustenau von der Hauptstadt. Und überhaupt, wo kämen wir denn hin, wenn alle so denken würden? Dann gäbe es keinen Adi Hütter in Monaco, keinen Oliver Glasner bei Crystal Palace, und und und.

Und außerdem: Es ist ja nicht so, dass es die Austria im Sommer 2022/23 nicht auch bei Österreichern probiert hätte, nur hat sich eben keiner getraut, dieses heiße Eisen anzufassen nach der umstrittenen Trennung von Fanliebling Manfred Schmid.

Zudem macht es bei so emotionalen Vereinen wie Rapid und der Austria, wo gefühlt seit Jahren die Erwartungshaltung die tatsächlichen Möglichkeiten deutlich übersteigt, schon Sinn, jemanden "von außen" auf den Trainerstuhl zu setzen, der nüchtern auf das große Ganze blickt und nicht in Seilschaften verfangen ist.

Johannes Bauer:

Gegenfrage: Und wen?

Gerade Rapid wurde es doch in den letzten Jahren stets zum Vorwurf gemacht, den Trainerposten mit den Scheuklappen zu besetzen. Österreichische Trainer, die nicht schon langfristig mit einem Projekt betraut sind und den Posten in dieser Situation übernehmen konnten, gibt es auch nicht so viele.

Abgesehen davon, dass es ja miteinander passen muss. Nicht: Hauptsache Österreicher, besser noch Rapidler.

Das ist auch der springende Punkt: Der Fußball befindet sich in einem Kulturwandel. Trainer müssen zur Spielidee passen, die vom Verein vorgegeben wird – nicht mehr umgekehrt. Auch die Wiener Vereine sind darum bemüht, ein Leitbild von den Youngstern bis zu den Profis vorzugeben.

Welche Nationalität ein Trainer mitbringt, um in dieses Leitbild zu passen, ist einerlei. Im Ausland profitieren auch gerade Österreicher zunehmend davon.

Dann spielt noch eher die Sprache eine Rolle, und gut ausgebildete Betreuer gibt es trotz der großen heimischen Fortschritte in diesem Bereich beim Nachbarn schon noch zahlreicher. So viel zur neuen Vorliebe für Deutsche.

Klar: Ein österreichischer Verein sollte vorwiegend auf österreichische Spieler und Betreuer setzen. Nicht nur aus Identifikationsgründen. Dass jetzt eine ganz bestimmte Position unbedingt mit einem Österreicher besetzt werden muss, auf die Idee käme bei der Elf am Platz aber niemand.

Warum muss es bei den Schlüsselpersonalien neben dem Spielfeld ausgerechnet jene des Cheftrainers sein?

Die "Piefke-Saga" der Bundesliga-Trainer

3.) Gewinnt Rapid im Allianz Stadion abermals nicht, sollte das Heim-Derby in der Qualifikationsgruppe ins Happel-Stadion verlegt werden.

Johannes Bauer:

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht – eh schon wissen. Elf Derbys sind seit der Eröffnung des Allianz Stadions dort ausgetragen worden, einen Rapid-Sieg gab es noch nicht. Peinlich.

Ich bleib mal kurz sachlich: Einen Umzug ins Happel-Stadion wird es selbstverständlich nicht mehr geben. Da gab es schon vor Errichtung bzw. Ausbau von Allianz Stadion und Generali Arena mehr Gründe für diese Lösungen, als die bloße Abneigung einer gemeinsamen Spielstätte mit dem Stadtrivalen.

Da die Thesen-Ersteller aber ihren Spaß hatten, will ich mal nicht so sein und ein paar Zeilen lang mitspielen. In Wiener Stadien-Luxus kann man sich solche Jux-Fragen ja stellen.

Das Thema um die grüne Festung, deren Außenmauern aus bemaltem Pappmaché bestehen müssen, gibt es so lang wie die neue Rapid-Spielstätte. Nicht nur auf die Duelle mit dem Stadtrivalen bezogen. Wir haben das schon öfter aufgearbeitet (HIER das Ergebnis aus dem Frühjahr 2023>>>).

Die Saison 2023/24 steuert mit bislang zwei Siegen, vier Unentschieden und drei Niederlagen sogar auf einen Negativmarke zu: Ein Punkteschnitt von 1,11 vor den eigenen Fans wäre mit weitem Abstand der schlechteste seit der Eröffnung. In der Heimtabelle findet sich Rapid damit nur auf dem zehnten Platz!

Irgendwie will der Mythos des Hanappis einfach nicht auf das "Weststadion" umspringen. Kann man dafür überhaupt rationale Gründe suchen? Klar: Ein kerniges, enges Stadion nach englischem Vorbild wie sein Vorgänger ist das Allianz Stadion nicht. Aber so sind neue Fußballstadien anno 2024 nun einmal. Bei einigen Spielen war die Stimmung trotzdem schon am Siedepunkt.

Wenn die Suche nach den handfesten Erklärungen scheitert, braucht es auch keine Suche nach einer Lösung. Darum – und damit der humoristische Kolorit dieser These erhalten bleibt – sag ich: Ja, endet auch das zwölfte Derby en suite ohne Rapid-Sieg, braucht es nächstes Mal alle Register. Umzug ins Happel inklusive. Die Derby-Bilanz ist dort deutlich besser.

Und jetzt werden wir bitte wieder ernst…

Harald Prantl:

Gerne, lieber Herr Bauer. Folgenden Satz meine ich wirklich ernst: Eigentlich sollte es in einer Zwei-Millionen-Stadt ja jedes Mal möglich sein, das Happel-Stadion zu füllen, wenn die zwei größten Klubs der Hauptstadt gegeneinander antreten. Auch in der Qualifikationsgruppe – ja, ich habe die kleine Stolperfalle in der These erkannt.

Den Austrianern würde es freilich großartig gefallen, würde Rapid kapitulieren und gegen die Veilchen im Prater antreten. Dass das aber völlig unrealistisch ist, ist auch klar.

Tatsache ist, dass Rapid auch siebeneinhalb Jahre nach der Eröffnung noch nicht so richtig in seiner neuen Heimstätte angekommen zu sein scheint. Die Statistiken sprechen da eine deutliche Sprache. Und auch Fans geben offen zu, dass es irgendwie manchmal noch ein bisschen fremdelt.

Die Chancen, dass die Ungeschlagen-Serie des FAK diesmal reißt stehen, nicht so schlecht. Rapid geht als Favorit ins Spiel, die Austria wegen Sperren und Verletzungen arg ersatzgeschwächt.

Rapid-Trauma: Die bisherigen Wr. Derbys im Allianz Stadion

4.) Abgehängt! Beide Wiener Klubs müssen auf Jahre hinaus zusehen, wie sich die Bundesländer-Klubs die Top-3 untereinander ausmachen.

Harald Prantl:

Steile These, hat mich auf jeden Fall einen Schmunzler gekostet.

Gut möglich, dass der Thesenschreiber kein allzu gutes Gedächtnis hat. Meinen Aufzeichnungen zufolge haben es in den vergangenen fünf Jahren drei Mal Wiener Klubs in die Top 3 geschafft. Und insgesamt waren in diesem Zeitraum sechs verschiedene Vereine in der Endtabelle am Stockerl. Ich wüsste nicht, was sich daran groß ändern sollte.

Ja, aktuell sind neben Salzburg auch der SK Sturm und der LASK weiter in ihrer Entwicklung als Rapid und die Austria, aber die Entwicklung von Fußball-Klubs verläuft zum Glück ja nicht linear. Mal schauen, was in Graz passiert, wenn Andreas Schicker und Christian Ilzer ihre Angebote aus dem Ausland annehmen. Und dass der LASK durchaus Talent zur Selbstzerstörung besitzt, ist inzwischen ja auch evident. Ist ja nicht so, dass dort intern alles eitel Wonne wäre.

Und zu guter Letzt darf ich noch darauf hinweisen, dass die laufende Saison noch nicht zu Ende, die Punkte noch nicht halbiert sind.

Johannes Bauer:

Für solch eine definitive Ansage ist mir der Fußball zu schnelllebig, sind die Verhältnisse hinter Red Bull Salzburg in Österreich zu dicht beisammen.

Bei Sturm wurden durch mittelgroße, goldrichtige Weichenstellungen in kurzer Zeit riesige Fortschritte gemacht. Der LASK spielt überhaupt erst seit sieben Jahren wieder in der Bundesliga. Wer hätte damals so eine rasante Entwicklung erahnt?

Gut möglich, dass das eine nachhaltige Angelegenheit bei beiden Klubs angestoßen hat. Genauso gut möglich, dass der Abgang von Schlüsselpersonen das Werkl wieder einbremst.

Für dauerhaftes Mitspielen am oberen Ende braucht es Basisvoraussetzungen, die ich – vielleicht mit Ausnahme der finanziellen Aspekte in Favoriten – bei den Wiener Klubs genauso sehe. Sie müssen nur (wieder) besser ausgespielt werden.

Wobei ich die sportliche Kluft auch nicht als dermaßen groß betrachte, wie es zeitweise den Anschein haben mag. Guter Fußball wird da wie dort gespielt, es haben nur bisweilen die Ergebnisse gefehlt. Zoran Barisic hat das etwa den Job gekostet, ohne dass man seiner Rapid fußballerisch im Herbst riesige Vorwürfe machen konnte.

Ich würde von einer Top 5 in Österreich sprechen, aus der zwei Mitglieder aktuell nach unten ausreißen. Mittelfristig wird sich das wieder einpendeln – und auch in den Top 3 immer wieder Abwechslung passieren. Da darf sich eigentlich nur einer dieser Klubs seiner Sache ein wenig sicherer sein...

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