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Top-5-Liga? Gazibegovic: "Ich fühle mich sehr bereit"

Welchen Traum sich der Rechtsverteidiger des SK Sturm Graz erfüllt hat, was man von Pjanic oder Dzeko lernt und wie knapp es mit einem Transfer war.

Top-5-Liga? Gazibegovic: Foto: © GEPA

Wenn man an Jusuf Gazibegovic abseits des Platzes denkt, kann einem schon mal der Begriff Spaßvogel in den Sinn kommen.

Es soll Spieler geben, die in Sachen gute Laune ein wenig defensiver unterwegs sind.

"Ich bin eher der lockere, lustigere Typ und denke, dass das auch ganz wichtig ist", bestätigt der Rechtsverteidiger des SK Sturm Graz im Gespräch mit LAOLA1, "wir haben mit dem 'Jantschi' eh einen Spaßvogel verloren."

"Wenn es allzu ernst, die Stimmung ein bisschen gedrückt oder es in der Kraftkammer ganz ruhig ist, ist es nicht schlecht mal einen Spruch loszulassen, damit alle lachen und eine Gaudi haben."

So perfekt gelaufen

Auf dem Platz versteht Gazibegovic weniger Spaß. Da ist es eher der Fighter, der sich bei Sturm in den vergangenen Jahren schrittweise zu einem elementaren Baustein entwickelt hat, auf den Trainer Christian Ilzer ungern verzichtet.

Unter der Woche beim ÖFB-Cup-Sieg in Leobendorf wurde er erstmals in dieser Spielzeit geschont, trotzdem übertrumpft kein schwarz-weißer Feldspieler seine bislang 1.042 Einsatzminuten in dieser Saison.

@laola1 Jusuf Gazibegovic findet sogar ein paar Attribute bei seinen Mitspielern. :sunglasses::fire: Würdet ihr für euren perfekten Spieler auch jemanden von Sturm Graz einbauen? :stuck_out_tongue_winking_eye: #laola1 #l1 #wirlebensport #fußball #admiralbundesliga #sturmgraz #perfekterspieler #jusufgazibegovic ♬ Change My Mind - Chris Alan Lee

Es ist die vierte Saison des gebürtigen Salzburgers im Sturm-Trikot, davor durchlief er den kompletten Nachwuchs des FC Red Bull Salzburg. Dieser Umstand alleine bringt logischerweise gewisse Erwartungen mit sich.

"Ich war immer sehr optimistisch, was meine Karriere angeht", unterstreicht Gazibegovic, "aber natürlich ist es bei Sturm ziemlich schnell gegangen. Nach dem ersten Jahr war ich schon beim Nationalteam dabei, was für mich etwas Großes ist. Mit Sturm haben wir viele Erfolge gefeiert. Dass es so perfekt laufen würde, hätte ich mir nicht gedacht. Umso besser eigentlich, dass ich mir damals keine Kopfschmerzen bereitet habe."

Lernen von Pjanic oder Dzeko

Gemeint ist das Nationalteam von Bosnien-Herzegowina, für das er inzwischen zehn Mal aufgelaufen ist.

Miralem Pjanic bezeichnet er als den besten Spieler, mit dem er jemals zusammengespielt hat. Ein Goalgetter namens Edin Dzeko ist natürlich auch nicht der allerschlechteste Mitspieler. Dies seien Kollegen, von denen man alleine schon im Training profitieren würde:

"Bei Spielern, die aus den Top-5-Ligen kommen oder schon sehr hoch gespielt haben, merkt man, wie schnell sie im Kopf sind. Die sehen manchmal Sachen, die man vielleicht nicht mal von der Tribüne sieht, oder spielen Pässe, bei denen man sich nur fragt: 'Wie? Wo packt er den jetzt aus?'"

Entsprechend sei auch er als Mitspieler gefordert, schneller zu reagieren und Lösungen zu finden: "Wenn du den Ball kriegst, wollen diese Spieler, dass du sofort eine Idee hast. Da gibt es nicht viel Zeit zum Überlegen. Das merke ich natürlich."

Der größte Fortschritt

Der größte Fortschritt, den "Gazi" über die Jahre bei sich selbst bemerkt hat, ist die gesteigerte Konstanz: "Ich bin viel sicherer geworden. Man kann nicht immer auf seinem Top-Niveau spielen, aber wenn ich merke, dass ich nicht gut im Spiel bin, versuche ich eben, einfach zu bleiben und nicht mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Ich kann Situationen inzwischen besser einschätzen."

"Ronaldo ist seit kleinauf mein Lieblingsspieler. Es war einer meiner größten Träume, mal gegen ihn zu spielen. Ich hätte mir nicht gedacht, dass sich das noch ausgeht."

Jusuf Gazibegovic

Dies ist eine Reife, die man durch Auftritte auf internationaler Ebene umso schneller erlangt. Gerade in solchen Spielen wie etwa gegen PSV oder Sporting findet eine Weiterentwicklung statt.

"Da kommt man auch schnell ran. In der ersten Europa-League-Saison haben wir zwei Punkte geholt, was nicht so berauschend war, im nächsten Jahr direkt acht. Wenn du auf diesem Niveau spielst, entwickelst du dich weiter. Wir haben auch aus dem PSV-Duell gelernt und gegen Sporting ein ziemlich gutes Spiel gespielt."

Auf die Belohnung hat Sturm in diesem Match allerdings vergessen und trotz Führung noch mit 1:2 verloren.

Der erfüllte Ronaldo-Traum

Eine Art Belohnung gab es dafür für den 23-Jährigen auf internationaler Ebene im Juni, als er im Rahmen der EM-Qualifikation im Kräftemessen mit Portugal zumindest in der Schlussphase gemeinsam mit Cristiano Ronaldo auf dem Feld gestanden ist.

Ein Duell mit dem großen Idol Cristiano Ronaldo
Foto: © getty

"Es war unglaublich! Das ist seit kleinauf mein Lieblingsspieler. Es war einer meiner größten Träume, mal gegen ihn zu spielen. Ich hätte mir nicht gedacht, dass sich das noch ausgeht. Diese Erinnerung wird mir für immer bleiben", strahlt Gazibegovic.

Die lebende Legende ist zwar auf dem Platz in anderen Gefilden unterwegs, trotzdem diente er stets als Vorbild:

"Zu 100 Prozent! Vor allem, was sein Mindset angeht. Natürlich nicht auf diesem Niveau, aber ich denke, mich zeichnen als Spieler ähnliche Stärken aus: Nämlich nie aufgeben und immer weiter machen. Er ist ein Vorbild, bei dem ich gerne hinschaue."

"Ich fühle mich sehr bereit"

Der Ronaldo-Traum ist erfüllt. Welche Träume will sich Gazibegovic in seiner Karriere noch erfüllen?

"Ich setze mir immer hohe Ziele. Eines meiner größten ist, dass ich in einer Top-5-Liga spielen will. Deutschland und Italien sind natürlich sehr interessant, natürlich auch die Premier League. Ich werde versuchen, mich dahin zu entwickeln. Ich bin bis jetzt einen sehr guten Weg gegangen und werde es dieses Jahr wieder versuchen."

Wie man merkt, dass man dafür bereit ist? Die einfache Erklärung sei, wenn man auf dem Europa-League-Niveau feststellt, dass man gut mitspielen kann: "Wenn du selbst das Gefühl hast, dass du dazu bereit bist, wirst du es selbst merken. Und ich fühle mich sehr bereit."

"So lange du hier bist, musst du dein Herz am Platz lassen. Das habe ich bis jetzt gemacht und werde ich auch weiter machen, so lange nicht irgendwo meine Unterschrift auf einem neuen Vertrag steht."

Jusuf Gazibegovic

Der Name Gazibegovic wurde in der Sommer-Transferzeit immer wieder genannt, vor allem in Zusammenhang mit Vereinen wie dem 1. FC Köln oder dem VfB Stuttgart.

Transfer? Mit keinem Verein in der finalen Phase

Wie knapp dran war es wirklich?

"Es ist mit keinem Verein so richtig in die finale Phase gekommen. Ich habe auch ganz allgemein nicht viel darüber geredet, weil es mich eigentlich auch nicht interessiert, bis es wirklich in diese finale Phase kommt. Ich habe mich darauf konzentriert, meine Sache hier gut zu erledigen. Das zählt am Ende. So lange du hier bist, musst du dein Herz am Platz lassen. Das habe ich bis jetzt gemacht und werde ich auch weiter machen, so lange nicht irgendwo meine Unterschrift auf einem neuen Vertrag steht."

Das mit dem Herz ist inzwischen sowieso so eine Sache. Sturm ist nicht der Heimatverein des Rechtsverteidigers, aber eine erhöhte emotionale Relevanz dieses Vereins lässt sich längst nicht mehr abstreiten.

"Ich war das erste Mal weg von daheim, aber ich habe hier schnell ein Zuhause gefunden", betont Gazibegovic.

Warum Sturm ist, was Gazibegovic gebraucht hat

In der Salzburger Akademie habe er alles gehabt, was man braucht: "Da darf man gar nicht mit dem Aufzählen beginnen, sonst sitzen wir morgen noch da."

Die Möglichkeiten betreffend sei nach dem Wechsel zu Sturm natürlich ein Unterschied feststellbar gewesen.

"Aber es war vielleicht genau das, was ich gebraucht habe - dieses Familiäre. Hier ist jeder mit jedem irgendwie verbunden. Das ist es, was diesen Verein so ausmacht. Die Nähe zu allen Leuten, auch zu den Fans, ist beeindruckend. Man will am Platz alles dafür tun, dass dieser Verein erfolgreich ist."

Dieser Wille wurde mit dem Cupsieg in etwas Zählbares umgemünzt. Da sich die Transfers von Gregory Wüthrich und Alexander Prass im letzten Moment zerschlugen, ist Sturm abgesehen von der Torhüter-Position und dem Angriff im Kern kaum verändert unterwegs.

Trotzdem noch Luft nach oben

Die Ergebnisse passen bislang auch weitestgehend. Leistungstechnisch könnte man jedoch auf die Idee kommen, dass mitunter noch Luft nach oben ist.

Der letzte Anlauf eines langgedienten Sturm-Kerns?
Foto: © GEPA

Gazibegovic schätzt es so ein, dass "unsere alte Routine" vielleicht noch nicht ganz drinnen sei:

"Aber wenn unsere neuen Spieler, die sich noch daran gewöhnen müssen, unsere Spielweise voll im Blut haben, wird es wie letztes Jahr eine super Saison werden. Es geht einfach darum, 90 Minuten Vollgas anzulaufen und jedem Ball nachzusprinten. Keine Niederlage in acht Liga-Spielen ist trotzdem ein guter Start. Dass es noch besser werden kann, ist das Gute."

Der eine oder andere Stammspieler war schon am Sprung. Gazibegovic wird nicht der einzige längergediente Sturm-Akteur sein, der den nächsten Karriere-Schritt im Hinterkopf hat.

Keine Ankündigungsmonster

Es ist nicht auszuschließen, dass dies die letzte Chance für eine Gruppe, die so schon länger zusammenspielt, ist, Salzburg nicht nur herauszufordern.

"Wie sagen wir so schön? Wir waren noch nie Ankündigungsmonster. Wir wollen nicht sagen, wir werden dieses Jahr Meister. Wir versuchen wieder, so lange wie möglich dran zu bleiben. Wenn es am Ende ernst wird, werden wir natürlich alles dafür geben", formuliert auch Gazibegovic die altbekannte Sturm-Marschroute.

Dass die Steirer am vergangenen Wochenende den 0:1-Ausrutscher der "Bullen" gegen BW Linz nicht zum Sprung an die Tabellenspitze ausnützen konnten, ist so gesehen kein sportliches Drama:

"Natürlich wäre es schön gewesen, wenn wir jetzt Erster wären. Aber am 8. Spieltag bringt es genau Nüsse, wenn du mit einem Punkt Vorsprung Erster bist. Wir müssen noch drei Mal gegen Salzburg, Rapid oder LASK spielen. Es wäre nur eine Momentaufnahme gewesen, aber natürlich eine schöne."



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