news

Warum trifft Tim Prica nicht mehr?

Schon am 2. Spieltag der laufenden Saison bescheinigte ihm Thomas Silberberger das Zeug zum Torschützenkönig. Zuletzt geriet der Schwede aber ins Hintertreffen.

Warum trifft Tim Prica nicht mehr? Foto: © GEPA

"Wenn er seine Chancen nutzt, ist er bereits nach zwei Runden als Torschützenkönig nicht mehr einzuholen."

Dieses knallharte Resümee zog Thomas Silberberger Ende Juli über WSG-Goalgetter Tim Prica. In Anbetracht der Tatsache, dass die Aalborg-Leihgabe in den ersten vier Runden der Admiral Bundesliga fünf Treffer für die Tiroler erzielte, ein starkes Statement.

Auch zweieinhalb Monate später hat sich auf den ersten Blick nichts geändert. Der Schwede trägt sich neben Nik Prelec, Lukas Sulzbacher und Zan Rogelj beim 5:1-Sieg über den TSV Hartberg in die Torschützenliste ein - profitiert dabei allerdings von einem Tormann-Patzer von Rene Swete, der einen harmlosen Flankenball in den eigenen Kasten fallen lässt. Glück des Tüchtigen? Nein, nicht bei Tim Prica. Die Szene ist für die aktuelle Situation des Schweden irgendwie bezeichnend. Was vorangegangen war, hätte Thomas Silberberger im Juli 2022 sicherlich für unmöglich gehalten. Eine Torflaute von 70 Tagen.

Die Anfangseuphorie ist nicht nur beim Torjäger abgeklungen. 55 Einsatzminuten stehen in den letzten fünf Bundesliga-Spielen zu Buche, dazu nur ein Torerfolg in den letzten acht Einsätzen.

Dabei war der designierte Nachfolger von Giacomo Vrioni, der in der Vorsaison mit 19 Treffern Torschützenkönig wurde, eigentlich gut aus den Startlöchern gekommen und aus der Anfangsformation der Wattener kaum noch wegzudenken. Trotz der Degradierung zum "Edel-Joker" ist Prica mit sechs Saison-Treffern nach wie vor bester WSG-Schütze.

Warum man in Tirol immer weniger auf den schwedischen U21-Teamspieler baut, fragt sich LAOLA1.

 

"Wenn du es mit der Brechstange erzwingen willst, triffst du natürlich auch oft die falschen Entscheidungen. Da wieder rauszukommen, ist schwer"

Thomas Silberberger

"Manchmal muss ein Spieler auf der Bank sitzen"

"Man muss betonen, dass er zu Saisonbeginn zwar wie am Fließband getroffen hat, aber dennoch zahlreiche Hochkaräter nicht gemacht hat", kommentiert Thomas Silberberger im LAOLA1-Gespräch die kuriose Situation um seinen Schützling. "Dann hat er einige Spiele in Folge nicht performt. Wo genau ihm da diese paar Prozent abhandengekommen sind, eruieren wir gerade mit ihm", so der WSG-Trainer.

Zwischen dem Treffer in Hartberg am verganenen Wochenende, der mithalf, die Tiroler über den ominösen "Strich" zu hieven, und dem letzten Bundesliga-Treffer gegen die Austria Mitte August, hat der Schwede seine Kaltschnäutzigkeit verloren. "Aktuell fehlt ihm das Selbstvertrauen, er sichert keine Bälle mehr, weil er schnellstmöglich zum Abschluss kommen will", lautet die Erstdiagnose des WSG-Trainers.

"Seine Unbekümmertheit ist ihm nach nach zwei schlechten Spielen abhandengekommen. Wenn du es mit der Brechstange erzwingen willst, triffst du natürlich auch oft die falschen Entscheidungen. Da wieder rauszukommen, ist schwer", so Silberberger.

Hatte man dem 20-Jährigen zu Saisonbeginn noch in jeder Partie 90 Minuten das Vertrauen geschenkt, muss sich Prica nun als Joker bewähren. Klar ist in jedem Fall: Die Konkurrenz in der Offensive ist bei der WSG groß wie nie. Mit Nik Prelec (5 Tore), Sandi Ogrinec und Zan Rogelj (jeweils 3 Treffer) sowie Lautaro Rinaldi und Rückkehrer Thomas Sabitzer haben die Wattener im Angriff die Qual der Wahl.

Zweifel daran, dass Pricas Formkurve in Bälde wieder steil nach oben geht, hat Silberberger dennoch keine. Einige Spiele auf der Bank zu verbringen, habe "noch keinem geschadet". Parallelen zur Causa Prica sieht der Tiroler auch bei seinen Ex-Schützlingen Giacomo Vrioni und Nicolai Baden-Frederiksen.

"Manchmal ist es notwendig, dass ein Stürmer ein paar Spiele auf der Bank sitzt, um wieder an alte Leistungen anzuknüpfen. Manchmal muss man Phasen übertauchen, in denen es nicht so läuft. Im Nachhinein bekam ich dann stets das Feedback vom Betreffenden, dass es die richtige Entscheidung war", plaudert der 49-Jährige aus dem Nähkästchen.

Thomas Sabitzer und Nik Prelec beim gemeinsamen Torjubel
Foto: © GEPA

WSG: Keine One-Man-Show in der Offensive

Bei einem klassichen Ausbildungsverein wie der WSG lässt es sich im Regelfall gut Spielpraxis sammeln. Zahlreiche Beispiele wie Kelvin Yeboah, Nicolai Baden-Frederiksen oder Giacomo Vrioni haben das über mehrere Jahre bewiesen. Besonders im Sturm war das Spiel von Saison zu Saison auf einen Torjäger zugeschnitten. Dies hat sich nun geändert.

Das musste auch Tim Prica am eigenen Leib erfahren. Am 9. Spieltag, beim 4:1-Sieg der Tiroler über den LASK, stand der Schwede erstmals nicht in der Startelf und musste tatenlos zusehen wie Nik Prelec auf seiner angestammten Position einen Hattrick erzielte. Seitdem ist neben Rückkehrer Thomas Sabitzer der Slowene als zweiter Mann im Doppelsturm des 4-3-1-2-Systems gesetzt, das die Tiroler in den letzten Wochen so gefährlich machte. Prelec, der im Sommer von Sampdoria Genua nach Wattens kam, bezeichnet Silberberger liebevoll als "Maschine".

Die unterschiedlichen Stärken machen das Gespann zu einem guten Team. "Sabitzer antizipiert die Luftzweikämpfe einmalig, behauptet die Bälle und kann sie dann auch noch verarbeiten. Prelec braucht Bälle in die Tiefe, die kriegt er vom Sabitzer. Die zwei harmonieren sehr gut." Neben den kongenialen Sturmpartnern, die zusammen bereits zehn Scorerpunkte verbuchen konnten, steht Tim Prica mit Lautaro Rinaldi ein weiterer erprobter Strafraum-Stürmer "im Weg".

"Wir sind gerade nicht mehr so abhängig von zwei oder drei Spielern, was man auch an den jüngsten Ergebnissen merkt. Es macht uns variabler. Wir haben einen breiteren Kader als in den Jahren zuvor. Ich würde mir das immer wünschen, dass sich in der Offensive so viele aufdrängen", freut sich Silberberger. Auch in der zweiten Angriffsreihe finden sich mit Sandi Ogrinec (3 Tore, 2 Vorlagen) und Zan Rogelj (3 Tore) torgefährliche Abschlusspieler. Auch Linksverteidiger Kofi Schulz zeigte in der laufenden Spielzeit bereits seine offensiven Qualitäten (2 Tore, 1 Vorlage).

Um wahrhaftig in die Fußstapfen von Giacomo Vrioni zu treten, muss Tim Prica langsam aber sicher seinen Torriecher wiederfinden. Bei der Kader-Qualität, die gerade in der WSG-Offensive vorherrscht, könnte es sich schon als schwieriges Unterfangen erweisen, die Rückkehr in die erste Elf zu schaffen.


Kommentare