"Angesichts der Situation, in der sich die Austria befindet, gab es für mich nicht viel nachzudenken. Ich will mithelfen, die Austria wieder dort zu positionieren, wo sie hingehört, in der oberen Tabellenhälfte", sagt Andreas Ogris.
Die Klub-Legende ist nach Wien-Favoriten zurückgekehrt. Der 56-Jährige, der auch weiterhin als LAOLA1-Experte tätig sein wird, arbeitet künftig als Scout der Violetten. Und das rund zweieinhalb Jahre nachdem sich der FAK von ihm als Trainer der Young Violets getrennt hat.
Im großen LAOLA1-Interview spricht das Mitglied der Jahrhundert-Elf über seine neue Aufgabe bei den Veilchen, die schwierige Situation des Vereins, welche Spieler künftig kommen sollen und wie er seine Rückkehr erlebt hat.
LAOLA1: Du wurdest am Sonntag beim Wiener Derby in deiner neuen Funktion als Scout präsentiert. Wie war es, ins Stadion einzumarschieren und den Jubel der Fans zu hören?
Andreas Ogris: Ein Gänsehaut-Erlebnis, wieder in mein Wohnzimmer heimzukehren! Ganz besonders gefreut hat mich, dass mein Enkelkind Anna das auch erleben durfte. Sie war im Stadion und hat das erste Mal so richtig mitbekommen, welchen Status ihr Opa hat – sie war total begeistert und auch sehr überrascht. Ein schönes Erlebnis.
"Es geht nicht darum, dass ich eine Arbeit bei der Austria habe, es geht mir nur um die Austria"
LAOLA1: Du warst auch kurz am Vorsänger-Podest auf der Osttribüne. Wie ist dein Verhältnis zu den Austria-Fans?
Ogris: Ich habe vor ungefähr 25 Jahren aufgehört, da sind schon ein paar Tage ins Land gezogen. Trotzdem wissen die Fans immer noch, wer ich bin und was ich für den Verein geleistet habe. Manuel, der einer der Vorsänger ist, hat mich vorher extra angerufen und gesagt, dass es super wäre, wenn ich aufs Podest käme. Ich habe das gerne gemacht.
LAOLA1: Warum gehören die Austria und Andy Ogris einfach zusammen?
Ogris: Ich habe mich in ganz jungen Jahren für die Austria entschieden, obwohl ich auch zum anderen Wiener Verein gehen hätte können. Ich glaube, ich habe es richtig gemacht. Das ist mein Verein, ich habe dort alle Stationen durchlaufen, bin immer wieder zurückgekommen. Ich identifiziere mich mit dem Verein. Es geht nicht darum, dass ich eine Arbeit bei der Austria habe, es geht mir nur um die Austria.
LAOLA1: Bist du ein nachtragender Mensch?
Ogris: Ja.
LAOLA1: Dein Abgang vor zweieinhalb Jahren war mit Groll verbunden, oder?
Ogris: Im Fußball-Getriebe muss man sich damit anfreunden, dass manchmal Entscheidungen getroffen werden, die man persönlich nicht nachvollziehen kann. Der damalige Vorstand hat gesagt, er sieht keine Weiterentwicklung bei den Young Violets. Dann muss man das akzeptieren und hinnehmen. Was im Nachhinein passiert ist, was mir an Aussagen zu Ohren gekommen sind, gefällt mir nicht. Das habe ich auch immer kundgetan. Damit ist das Thema für mich erledigt, man muss irgendwann einen Strich drunter machen.
LAOLA1: Und jetzt hat dich Manuel Ortlechner angerufen.
Ogris: Er hat gesagt, dass er unbedingt möchte, dass ich an den Verteilerkreis zurückkehre. Angesichts der Situation, in der sich die Austria befindet, gab es für mich nicht viel nachzudenken. Ich will mithelfen, die Austria wieder dort zu positionieren, wo sie hingehört, in der oberen Tabellenhälfte.
LAOLA1: Was sind deine Aufgaben?
Ogris: Vorwiegend im Scouting. Ich bin gut vernetzt, vor allem in den Regionalligen und darunter. Jene Bereiche, die durch Internet-Tools wie "Wyscout" nicht abgedeckt sind. Da gibt es sicherlich genug Talente, bei denen andere nicht so genau hingeschaut haben. Ich werde mir in nächster Zeit viele Spiele ansehen, auch im Nachwuchsbereich. Am Wochenende bin ich beim U16-Länderspiel Deutschland-Österreich.
LAOLA1: Das sind also Spieler für die Akademie, aber auch welche für die Young Violets oder sofort für die Profis?
Ogris: Sowohl, als auch. Wir haben ein Scouting-System für die Akademieschiene. Für die Young Violets und die Kampfmannschaft gibt es eine Scouting-Abteilung, deren Chef Gerhard Hitzel ist. Ich kenne ihn seit 35 Jahren, er hat praktisch meine gesamte Karriere auf irgendeine Art und Weise mitbegleitet, wir haben uns nie aus den Augen verloren. Wir haben viele Dinge aufzuarbeiten.
LAOLA1: Welche?
Ogris: Die Austria versucht, aufgrund ihrer finanziellen Situation, einen Weg einzuschlagen – junge, österreichische Spieler zu holen, die weiterverkauft werden können. Patrick Wimmer, den wir aus Gaflenz geholt und an Bielefeld abgegeben haben, und Benedikt Pichler, der aus Klagenfurt gekommen ist und an Kiel verkauft wurde, sind die besten Beispiele. Wir brauchen hungrige, österreichische Spieler, die uns weiterhelfen.
"Wenn du früher als Austria einen Aufruf für ein Probetraining gemacht hast, wären sie in einer Zweierreihe bis auf den Reumannplatz gestanden. Das ist nicht mehr so. Die Jungen sind von der Marke Austria Wien nicht mehr so überzeugt."
LAOLA1: Manuel Ortlechner nennt sie "Hidden Champions". In letzter Zeit haben es einige Spieler geschafft, die keine Akademien besucht haben. Sasa Kalajdzic, den die Admira von Donaufeld geholt hat, Christoph Monschein, der aus Ebreichsdorf zur Admira gekommen ist, auch Marco Grüll und Thomas Goiginger sind Beispiele. Das Ziel ist also, solche Spieler aus der Regionalliga oder der Landesliga zur Austria zu holen?
Ogris: Wir stehen finanziell nicht super da, im Moment auch sportlich nicht. Aber der größte Schaden, den wir erlitten haben, ist der Imageschaden. Den müssen wir beheben. Wenn du früher als Austria einen Aufruf für ein Probetraining gemacht hast, wären sie in einer Zweierreihe bis auf den Reumannplatz gestanden. Das ist nicht mehr so. Die Jungen sind von der Marke Austria Wien nicht mehr so überzeugt. Die gehen lieber zur Admira oder in die Akademie St. Pölten oder zu Rapid, Salzburg ist sowieso etwas ganz anderes. Da müssen wir den Hebel ansetzen. Es muss wieder etwas besonders sein, bei der Austria zu spielen. Es wird viel Arbeit notwendig sein, um diesen Status wieder zu erlangen. Wir müssen alle Kräfte bündeln, damit Spieler wieder gerne zu uns kommen.
LAOLA1: Welche Spielertypen werden gesucht? Gibt es den klassischen Austria-Spieler noch, oder ist das eh schon überholt?
Ogris: Mit dem klassischen Scheiberlspiel ist heute nichts mehr zu gewinnen. Aber wir suchen schon die Art Spieler, die diese Art, die die Austria früher mal gespielt hat, kann. Nicht falsch verstehen, aber auf diese Schiene wollen wir hinarbeiten. Das Austria-Spiel muss das Austria-Spiel bleiben. Aber wenn du auf die Tabelle schaust, ist momentan etwas anderes gefragt – kämpfen, laufen, Zweikämpfe. Darüber hinaus soll auch noch schön Fußball gespielt werden. Das ist im Moment aber schwierig, es ist noch Sand im Getriebe. Wir müssen Geduld haben. Die Suche wird aber in die Richtung gehen, dass wir Spieler brauchen, die sich total mit dem Verein identifizieren. Dann wiederum identifiziert sich der Fan mit den Spielern. Ich bin kein Fan davon, von überall Ausländer zu holen, die nach einem halben Jahr wieder gehen. Ich bin dafür, unsere Jungen zu pushen.
LAOLA1: Wie kann ich mir deinen Alltag als Scout vorstellen? Gibt dir Gerhard Hitzel Spieler vor, die du scouten sollst oder schlägst du Spiele vor, die du dir ansehen willst?
Ogris: Wir haben schon Pläne, die darüber hinaus gehen. Die MLS hört im Winter auf, das ist ein großer Markt, auf den man ein Auge haben muss. Dann wird eine Strategie erarbeitet. Wobei wir nicht hinfliegen werden, um uns Spiele anzusehen, das funktioniert über Internet-Portale. Aber im Osten Österreichs ist für mich am Wochenende Vollbetrieb. Ich habe den Vorteil, sehr gut vernetzt zu sein. Wenn einer meiner Freunde einen auffälligen Spieler sieht, kriege ich einen Anruf und schaue mir das dann selbst an. In ganz Österreich gibt es Ex-Austrianer, zu denen ich Kontakt habe.
LAOLA1: Wie oft muss man sich einen Spieler anschauen, um zu wissen, ob das passt?
Ogris: Wenn ein Spieler in die engere Auswahl kommt, muss man sich den schon intensiver anschauen. Vielleicht auch mal überraschend beim Training erscheinen, um zu sehen, wie sich der in der Gruppe tut. Da müssen wir schon genau hinschauen, viele Fehler können wir uns nicht leisten.
LAOLA1: Was bedeutet dieser Schritt, als Scout zur Austria zu gehen, für deine Trainerkarriere?
Ogris: Gar nichts. Wenn etwas daherkommen würde, das mich reizt, muss ich mich nur mit der Austria zusammensetzen. Aber darüber denke ich nicht nach. Ich freue mich auf meine neue Aufgabe, bin topmotiviert. Ich weiß – und das reizt mich auch so –, dass es viel Arbeit wird. Aber ich scheue mich nicht vor viel Arbeit, im Gegenteil, ich verbeiße mich dann. Ich will, dass bei der Austria wieder ein Wir-Gefühl entsteht. Alle müssen ihre persönlichen Eitelkeiten beiseitelegen und für den Verein arbeiten.
LAOLA1: Wie präsent ist Insignia? Auch die sportliche Planung betreffend?
Ogris: Da bin ich der falsche Ansprechpartner. Ich hatte mit den Herren von Insignia noch überhaupt keinen Kontakt. Meine Kontakte beschränken sich auch Ortlechner, Krisch, Schmid und Hitzel. Ich kann wenig über Insignia sagen.
Das ganze Interview mit Andreas Ogris siehst du hier im VIDEO:
Die FAK-Legende spricht auch noch über die aktuelle Stimmung im Verein, warum Dominik Prokop nicht wie erhofft eingeschlagen hat und wie er junge Spieler pushen will: