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Christian Heinle: "Gab gar keine Zeit für Überlegungen"

LAOLA1 spricht mit dem Cheftrainer der SV Ried vor dem Rückrundenstart über persönliche Ziele und die Situation beim Verein.

Christian Heinle: Foto: © GEPA

Die Trainerfrage ist bei der SV Ried nicht immer leicht zu beantworten.

Seit Paul Gludovatz' langjähriger erster Amtszeit versuchten sich schon einige Trainer an der Seitenlinie der Innviertler. Nur drei waren im letzten Jahrzehnt länger als ein Jahr im Amt: Michael Angerschmid, Lassaad Chabbi und Gerald Baumgartner.

Mit Christian Heinle schickt sich nun ein weiterer Chefcoach an, eine erfolgreiche Zeit in Ried zu prägen. Leicht hatte es der junge Trainer bei seiner ersten Station bisher nicht, dennoch blickt er mit Zuversicht auf die zweite Saisonhälfte und die fernere Zukunft.

LAOLA1 sprach mit Heinle vor dem Rückrundenstart über seinen überraschenden Aufstieg als Cheftrainer, persönliche Ziele und die Situation bei der SV Ried:


LAOLA1: Sie sind ein Senkrechtstarter im Cheftrainer-Business, sind in der letzten Saison regelrecht ins kalte Wasser geworfen worden. Wie kam es dazu?

Christian Heinle: Die Situation war ja bekanntermaßen so, dass Andreas Heraf aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten musste. Der Verein entschied sich darauf, mir quasi über Nacht das Amt des Interimstrainers anzuvertrauen. Das Ziel war zu Beginn nur, den Andi mit dem bestehenden Trainerteam so lange zu vertreten, bis er wieder da ist, alles weitere war im Vorfeld eigentlich nicht abgesteckt. In den weiteren Prozess und wie das alles geendet hat war ich dann überhaupt nicht involviert.

LAOLA1: Die erste Trainerstation ist natürlich immer mit einem gewissen Risiko behaftet, konnten Sie sich diese Entscheidung überhaupt gut durch den Kopf gehen lassen?

Heinle: Dafür war, um ehrlich zu sein, die Zeit gar nicht da. Als der Verein mir und meinem Trainerteam das Vertrauen schenkte, habe ich mich natürlich sehr gefreut und sofort der Aufgabe angenommen. Dementsprechend gab es gar keine Zeit für Überlegungen, wir mussten dann gleich am nächsten Tag inhaltlich loslegen. Mein Team hat total mitgezogen, was zu Beginn extrem hilfreich war.

LAOLA1: Im Herbst durchlebten Sie gleich die erste schwierige Phase, wie ist man damit umgegangen und am Ende wieder aus dem Loch herausgekommen?

Heinle: Die Situation war nach dem Sommer natürlich eine andere, wir hatten uns viel vorgenommen und meiner Meinung nach das ein oder andere gut umgesetzt. Wir haben gerade zu Beginn phasenweise gut gespielt, der Einbruch zu Mitte der Saison war auch vielen Verletzungen und anderen Themen geschuldet. Das war eine sehr schwierige Situation, aber wir sind als Team noch enger zusammengerückt und konnten den Turnaround schaffen. Dass dieser noch im Herbst stattgefunden hat, war enorm wichtig.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Die Winterpause dauerte heuer ungewohnt lange, wie hat man sich in Ried auf die zweite Saisonhälfte vorbereitet?

Heinle: Mit dieser Frage haben sich denke ich alle Bundesliga-Vereine beschäftigt. Wir haben den Spielern nach dem letzten Pflichtspiel relativ rasch freigegeben, einfach um nach der schweren Halbsaison einmal komplett abschalten zu können und dann früh wieder mit vollem Elan durchzustarten. Insgesamt verlief die Vorbereitung sehr positiv, wir wollten in den Testspielen eine Siegermentatlität in die Mannschaft bekommen und nun erfolgreich in die Rückrunde starten.

LAOLA1: Die Probleme im Herbst waren vor allem in der Offensive klar ersichtlich. Mit nur 12 geschossenen Toren rangiert man in dieser Statistik auf dem letzten Rang. Wurde auch deswegen in der Spitze mit Christoph Lang noch einmal nachgebessert?

Heinle: Absolut, aus unserer Analyse ging klar hervor, dass uns im Spiel nach vorne die Dynamik und vor allem dieses extreme Tempo im Umschaltspiel fehlt. Wir haben mit Christoph Lang und Roko Jurisic zwei Spieler geholt, die uns diese Dynamik hoffentlich geben werden. Der erste Eindruck war auf jeden Fall sehr positiv, zudem erhöht sich der Konkurrenzkampf.

Roko Jurisic soll über links für Tempo sorgen
Foto: © GEPA

LAOLA1: Roko Jurisic meinte bei seiner Vorstellung, dass er mit Ried im nächsten Jahr um einen Platz unter den Top 6 mitspielen möchte. Gehen Sie da mit?

Heinle: Ich freue mich natürlich, wenn ein Spieler ambitionierte Ziele hat. Wir wollen schon langsam auch an den Top 6 anklopfen, aber das wird dir nicht geschenkt. Um das zu erreichen, müssen wir als Verein und mit dem Trainerteam über eine längere Phase sehr akribisch arbeiten. Das Allerwichtigste wird aber sein, in der schwierigen Situation und Saison, in der wir sind, die Klasse zu halten, und das so schnell wie möglich, damit wir uns auch auf nächstes Jahr ausrichten können.

LAOLA1: Auf der Abgangsseite wurde der Vertrag mit Oliver Kragl aufgelöst. Am Ende die beste Lösung für beide Seiten?

Heinle: Ich glaube, jeder Profisportler möchte seinen Beruf ausüben und das so gut und oft es geht. Es ist ein natürlicher Prozess im Profifußball, dass ein Spieler, der gerade nicht spielt, den Traum hat sich zu verändern. Der Verein teilte die Ansichten, somit war das eine Win-Win-Situation und eine absolut faire Lösung.

LAOLA1: Im letzten Testspiel verletzte sich Torhüter Samuel Sahin-Radlinger und fällt nun für die restliche Saison aus. Wie schwer wiegt dieser Verlust?

Heinle: Das ist natürlich eine totale Katastrophe für uns. Der Sami Radlinger ist, neben Marcel Ziegl, eine der zwei Identifikationsfiguren im Verein und sein Verlust war ein Riesenschlag für die Mannschaft. Prinzipiell haben wir zwei gute junge Torhüter, die beide die Qualität haben, irgendwann in der Bundesliga eine Rolle zu spielen, aber ich glaube, dass die gegenwärtige Situation eine gewisse Erfahrung erfordert. Aus dem Grund haben wir uns entschieden, die Position nachzubesetzten.

LAOLA1: Die SV Ried hat es in der Vergangenheit oft geschafft, viele Spieler aus der eigenen Akademie an die Bundesliga heranzuführen. In den letzten Jahren ist dieser Trend etwas abgeflaut, sehen Sie es auch als Ihre Aufgabe, das wieder zu verbessern und wieder mehr auf die eigenen Jugend zu bauen?

Heinle: Definitiv. Es war eines unserer fest definierten Ziele im Sommer, einerseits unseren Akademiespielern die Möglichkeit geben, im Profibereich Fuß zu fassen, und andererseits ein Anlaufort für Perspektivspieler zu sein, um sich für Größeres zu empfehlen. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Weg funktioniert, auch wenn es von den Ergebnissen nicht immer gepasst hat. Wir haben fünf Spielern aus der zweiten Liga zu ihrem Startelf-Debüt in der Bundesliga verholfen und zusätzlich eigene Akademiespieler an die Mannschaft herangeführt. Wir wolllen unsere Akademie auf längere Sicht wieder attraktiver machen und dadurch Spieler aus ganz Österreich davon überzeugen, den Schritt in den Profisport über Ried zu gehen.

LAOLA1: Fällt es Ried in seiner Lage zwischen Linz und Salzburg vielleicht aus rein geographischen Gründen schwer, vielversprechende Talente von sich zu überzeugen?

Heinle: Ich glaube, dass es mehr eine Herausforderung ist als eine Schwierigkeit, wobei der Markt von Salzburg und unserer mit Sicherheit nicht komplett ident ist. Ich sehe das nicht so problematisch. Wenn man positive Beispiele herzeigen kann und kontinuierlich Spieler in die Bundesliga bringt, sollte auch die räumliche Distanz kein großes Thema sein. Demnach bin ich sehr positiv gestimmt, dass wir uns da über unsere Arbeit absetzen können.

LAOLA1: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Wohin führt der Weg des Cheftrainers Christian Heinle in der Zukunft?

Heinle: Ich bin extrem froh und zufrieden, diesen Posten bei Ried zu haben, auch weil ich mich irrsinnig wohlfühle und ich merke, dass die Mannschaft mitzieht. Ich denke, dass wir da auf einen sehr guten Weg sind, und wenn wir uns als Verein in den nächsten Jahren positiv weiterentwickeln, dann sehe ich mich eigentlich genau da, wo ich bin.

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