Die Stimmung bei der Wiener Austria ist nach den jüngsten Resultaten in der Bundesliga mit dem aktuellen Wetter zu vergleichen: trist.
Seit 1. Oktober sind die Veilchen sieglos, nur ein Punkt konnte in den letzten vier Liga-Begegnungen eingefahren werden.
Einziger Lichtblick der vergangenen Wochen: Der 4:1-Auswärtserfolg in der Europa-League bei HNK Rijeka inklusive der Gala-Vorstellung von Dominik Prokop.
Für seinen Doppelpack wurde der 20-Jährige ins UEFA-Team des vierten Spieltags gewählt.
Doch das gehört schon längst der Vergangenheit an. Die Pleite gegen den SVM hat das kurze violette Hoch schnell verfliegen lassen.
"Die Stimmung könnte besser sein. Doch die freien Tage waren wichtig, um runterzukommen und im Kopf abzuschalten", gesteht Prokop, der für den U21-Lehrgang verletzungsbedingt absagen musste.
Auf den gebürtigen Wiener und seine Veilchen warten nach der Länderspielpause keine leichten Aufgaben. „Doch aus solchen Herausforderungen kann man Mut und Kraft schöpfen“, erklärt der Messi-Fan.
Dass Prokop nicht nur am Spielfeld als intelligenter Spieler gilt, unterstreicht die Tatsache, dass er die Matura mit gutem Erfolg abgeschlossen hat.
Im LAOLA1-Interview spricht der Jungstar über Austrias "schwarzen Oktober", seine persönliche Entwicklung und das Ausland.
LAOLA1: Dominik, du hast für das U21-Team abgesagt. Ist es eine Vorsichtsmaßnahme oder doch etwas Ernsteres?
Dominik Prokop: Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Ich hatte das selbe Wehwehchen (Knieprobleme) im letzten Jahr und da bin ich über den Punkt drüber gegangen. Danach bin ich zwei Monate ausgefallen. Deswegen mache ich jetzt lieber ein bisschen Pause. Ich hatte noch nie so viele Spiele auf diesem Niveau wie heuer. Irgendwann reagiert der Körper dann, das ist klar.
LAOLA1: Der Trainer hat nach dem Mattersburg-Match gesagt, dass ihr eigentlich alle am Sand seid. Die Länderspielpause kommt also nicht nur für dich zur richtigen Zeit, oder?
Prokop: Wenn man den Oktober so Revue passieren lässt, muss man ganz klar sagen, dass die Pause jetzt ganz wichtig ist. Wir können uns etwas regenerieren und auf das Herbstsaison-Finish vorbereiten. Vielleicht können wir noch eine kleine Serie starten.
LAOLA1: Es wird immer vom körperlichen Zustand gesprochen, aber wie sieht es mental aus? Die letzten Ereignisse sind sicher nicht einfach zu verarbeiten.
Prokop: Die mentale Ebene wird oft vernachlässigt, dabei spielt sie eine ganz große Rolle – das sieht man bei uns. Woran das liegt, kann ich nicht sagen. Wir können ja Fußballspielen, das haben wir in Rijeka gezeigt, aber warum es in der Bundesliga nicht läuft, kann ich mir nicht erklären.
LAOLA1: Nach Rijeka dachten viele Leute, dass es bei euch jetzt wieder bergauf geht. Dann kam die Niederlage gegen den SVM. Es macht den Anschein, ihr macht einen Schritt vorwärts und zwei zurück. Wie geht ihr mit der Situation um?
Prokop: So eine Phase ist ziemlich neu für uns. Es gab nur einmal unter Trainer Thorsten Fink eine ähnliche Durststrecke. Das war im April 2016. Wir müssen lernen, mit der Situation umzugehen, werden daher im Training weiter hart arbeiten und hoffen auf den Turnaround.
LAOLA1: Hat euch die ÖFB-Teamchef-Suche, in der immer wieder euer Trainer involviert war, beeinflusst?
Prokop: Ich kann nur für mich sprechen, aber ich denke nicht. Es war deswegen keine Unruhe im Team. Es freut mich jedenfalls für den Trainer, dass ihm der Teamchef-Posten angeboten wurde.
"Ich versuche aus der Ruhe die Kraft zu holen. Wenn man sich in etwas zu sehr hineinsteigert oder zu sehr will, wird das meistens nichts"
LAOLA1: In der vergangenen Saison hast du immer wieder Bundesliga-Luft geschnuppert, heuer bist du aufgrund der zahlreichen Ausfälle Stammspieler – auf einer Position, auf der viele Akzente gefordert werden. Wie reflektierst du dieses Jahr bisher?
Prokop: Ich finde es richtig cool, dass ich gefordert werde und auch die Erwartungen von außen recht hoch sind. Ich bin nicht unzufrieden, aber auch nicht zufrieden, mit dem, was ich bisher geleistet habe. Es gab Highlights, aber ich muss noch an meiner Konstanz arbeiten. Es gibt genug Bereiche, in denen ich mich noch verbessern kann.
LAOLA1: Spornt dich dieser Druck mehr an, als dass er dich hemmt?
Prokop: Das spornt mich an, ja. Ich habe auch genug Kritik über mich gelesen. Heribert Weber hat mich etwa nach der Sturm-Partie kritisiert. Doch auch das spornt mich an. Es treibt mich nur dazu, dass ich hart an mir arbeite, damit ich eben konstanter werde.
LAOLA1: Apropos Sturm-Partie: Da warst du bei deiner Auswechslung so richtig wütend. So kennt man dich eigentlich gar nicht.
Prokop: Ja, da war ich richtig sauer auf mich. Ich war sehr unzufrieden mit meiner Leistung, weil ich zu inaktiv war. Ich hätte das Heft viel mehr selbst in die Hand nehmen müssen. Die Reaktion war dennoch blöd von mir, denn die TV-Bilder könnten falsch interpretiert werden. Auch das ist für mich ein Lernprozess.
LAOLA1: Die Sturm-Partie war nur eine der vielen Negativerlebnisse in den letzten Wochen. Sind die dadurch gesammelten Erfahrungen vielleicht sogar wertvoller, als wenn es laufen würde?
Prokop: Man kann aus dieser Phase wirklich sehr viel mitnehmen – gerade in jungen Jahren. Für mich ist das alles neu in dieser Art und Weise. Doch in einer Karriere geht es nicht nur nach oben, sondern es gibt eben auch Momente, in denen es nicht so schön aussieht. Deswegen kann ich aus dieser Zeit sehr viel lernen.
LAOLA1: Du wirkst nicht nur am Platz, sondern auch in deinen Worten sehr ruhig und abgeklärt – und das mit 20 Jahren. Woher kommt diese Coolness?
Prokop (lacht): Das ist schwierig zu sagen. Ich versuche aus der Ruhe die Kraft zu holen. Wenn man sich in etwas zu sehr hineinsteigert oder zu sehr will, wird das meistens nichts. So gehe ich die Dinge an.
LAOLA1: Hat dir dein Vater dabei geholfen. Er ist schließlich Mental-Trainer?
Prokop: Ja, wir haben schon in jungen Jahren viel gemacht, viel geredet – auch jetzt natürlich. Er versucht mir zu helfen und ich nehme diese Hilfe auch ganz gut an. Andererseits ist es nicht immer einfach, weil es eben der Papa ist. Aber wir haben ein richtig gutes Verhältnis und können gut zusammen arbeiten.
LAOLA1: Hat er dir auch während seiner Zeit bei Rapid helfen können?
Prokop: Da haben wir ein bisschen anders geredet (lacht). Aber natürlich hat er mir auch damals geholfen und als außenstehender Beobachter Tipps gegeben.
"Wenn man wechselt, muss alles passen: Das Umfeld des neuen Klubs, die Spielphilosophie, der Trainer muss auf einen setzen… Ich glaube, ich wäre jemand, der auch für weniger Geld wo spielen würde, wenn dafür alle Punkte eintreten."
LAOLA1: Egal ob man jetzt Ralf Muhr (Austrias Akademieleiter, Anm. d. Red.), Andreas Ogris (Amateur-Coach) oder Thorsten Fink fragt, alle sind voll des Lobes über dich. Sie sagen aber gleichzeitig auch, dass du weiter konsequent arbeiten musst.
Prokop: Da haben sie recht. Das sind alles Leute, die schon sehr lange im Fußballgeschäft tätig sind und viel erlebt haben. Sie wissen genau, wie es läuft. Ohne harter Arbeit kann man im Fußball heutzutage sowieso nichts mehr erreichen.
LAOAL1: Gleichzeitig wird dir eine extreme Bodenständigkeit nachgesagt. Woher kommt das?
Prokop: Ich denke, dass kommt von meiner Familie. Ich bin von meinen Eltern so erzogen worden, dass ich immer am Boden bleibe. Ich schätze, was wir haben.
LAOLA1: Haben deine Eltern dich auch dazu bewogen, die Schule abzuschließen?
Prokop: Ja, meine Eltern hatten daran einen großen Anteil. Meine Mutter ist Lehrerin, aber auch meinem Vater war der Schulabschluss wichtig. Heutzutage kann es schnell gehen – etwa, dass eine Verletzung die Karriere beendet. Durch die Matura habe ich etwas in der Hinterhand.
LAOLA1: Du spielst seit deinem siebenten Lebensjahr für die Wiener Austria. Was bedeutet dir der Klub?
Prokop: Wenn man so lange beim Verein ist und alle Nachwuchsmannschaften durchlaufen hat, dann kann man sagen, dass die Austria ein sehr, sehr großer Teil von mir ist. Ich komme aus dem 10. Bezirk, bin ein Fan des Vereins. Es ist immer wieder etwas Besonderes das violette Trikot überzustreifen. Ich hoffe, ich darf das noch länger.
LAOLA1: Gutes Stichwort. Du hast deinen Vertrag bei der Austria im März langfristig verlängert. Ist im neuen Arbeitspapier eine Ausstiegsklausel verankert?
Prokop: Das weiß mein Berater (lacht). Ich bin sehr froh hier zu sein und deswegen habe ich meinen Vertrag langfristig verlängert. Ich bin glücklich, dass man mir hier die Chance gibt und die will ich nützen.
LAOLA1: Ich bin der Meinung, dass wenn du weiterhin so für Furore sorgst, wirst du nicht mehr lange bei der Austria spielen. Ist das Ausland ein erklärtes Ziel?
Prokop: Jeder Österreicher will, bzw. hat das Ziel, einmal ins Ausland zu gehen. Das ist bei mir auch so. Aber davon bin ich noch weit entfernt. Ich will mich von Spiel zu Spiel, von Training zu Training gut vorbereiten und meine Leistungen bringen. Ich kann nur wechseln, wenn ich konstant meine Leistung bringe. Momentan spielt das Thema aber überhaupt keine Rolle.
LAOLA1: Hast du einen „Karriere-Masterplan“?
Prokop: Gerade im Fußball sind Pläne sehr schwer durchzuführen. Es passieren so viele Dinge rundherum. Das kann man unmöglich alles einplanen. Daher habe ich natürlich meine Ziele, meine Träume, aber einen Masterplan habe ich nicht.
LAOLA1: Ganz direkt gefragt: Wie wichtig ist dir Geld?
Prokop: Ich habe mit dem Fußballspielen begonnen, weil es mir Spaß macht. Und das ist nach wie vor meine Antriebsfeder, mein Hauptgrund. Da man mit Fußball wohl nur zehn bis 15 Jahre Geld verdienen kann, muss man aber schauen, dass für die Zeit nach der Karriere genug vorgesorgt wird. Damit man danach nicht gezwungen ist, etwas zu tun, was man eigentlich gar nicht machen will. Deswegen spielt Geld natürlich eine Rolle, aber der Spaß steht für mich an erster Stelle.
LAOLA1: Heutzutage wird den jungen Spielern mit lukrativen Angeboten oft sehr früh der Kopf verdreht. Du wirkst da wesentlich resistenter.
Prokop: Es macht doch keinen Sinn, einfach wegen des Geldes zu wechseln. Wenn man geht, muss alles passen: Das Umfeld des neuen Klubs, die Spielphilosophie, der Trainer muss auf einen setzen… Wenn einer dieser Punkte nicht passt, bringt auch ein gutes Offert nichts. Ich glaube, ich wäre jemand, der auch für weniger Geld wo spielen würde, wenn dafür alle Punkte eintreten. Deshalb muss man sich sehr viele Gedanken machen und alles gut überlegen.
LAOLA1: Deine Lieblingsposition ist hinter den Spitzen, du bist aber auch schon am Flügel eingesetzt worden. Liegt dir das?
Prokop: Ich spiele grundsätzlich dort, wo mich der Trainer aufstellt (lacht – „Jetzt hab‘ eine Floskel gebracht“). Aber ja, am wohlsten fühle ich mich hinter der Spitze, aber auch die Position auf der Außenbahn ist cool. Wenn, dann aber auf der linken Seite, denn da kann ich nach innen ziehen und meinen starken rechten Fuß einsetzen. Da fühle mich auch wohl.
LAOLA1: Gibt es zu deinem Tattoo am Hals (kleines Kreuz, Anm. d Red.) eine Geschichte?
Prokop: Ja die gibt es: Das Tattoo habe ich gemeinsam mit meinem besten Freund stechen lassen. Das war eine total spontane Idee. Wir sind zusammengesessen und haben beschlossen, dass wir das machen. Wir hatten keinen Tätowierer, doch am nächsten Tag wurde uns jemand empfohlen, wir haben angerufen und er hatte zufällig einen Termin frei.
LAOLA1: War die Stelle des Tattoos im Vorfeld ausgemacht?
Prokop: Nein, die Stelle war nicht ausgemacht. Auch das war spontan. Mein Vater hatte auch etwas dagegen. Aber ich erinnere mich gerne an die Geschichte zurück und finde es cool.