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Wäre eine Hoffer-Rückkehr zu naiv, Herr Bickel?

Traustason-Ende, Rufe nach "Jimmy" und altbekannter Stürmer - Fredy Bickel im Interview:

Wäre eine Hoffer-Rückkehr zu naiv, Herr Bickel? Foto: © GEPA

Die Akte Arnor Traustason ist (vorerst) geschlossen.

Rapid-Sportchef Fredy Bickel ist froh, dass mit AEK Athen eine Lösung gefunden wurde. Gleichzeitig muss der Schweizer jedoch ein Verlustgeschäft zugeben.

Die Bedingung eines Abgangs, um einen Stürmer zu holen, wäre erfüllt. Kommt nun Erwin "Jimmy" Hoffer? "Er ist vielleicht nicht der, der jedes Spiel von Anfang an spielen würde und uns irgendwo hinschießt. Aber ich bin auch überzeugt, dass er für den Trainer durchaus eine gute Variante wäre."

Im großen LAOLA1-Interview klärt Bickel auf, warum Traustason bei Rapid nicht glücklich wurde, warum eine weitere Verpflichtung doch nicht fix ist, warum für ihn ein Tunesier ideal zu Rapid passen würde und warum sich bei den Meinungen über eine Rückkehr von "Jimmy" Hoffer die Waage hält.

LAOLA1: Wie erleichtert sind Sie, dass die Causa Arnor Traustason vom Tisch ist?

Fredy Bickel: Erleichtert ist der falsche Ausdruck. Ich bin froh, denn es hat sich eine Unruhe gelöst. Unruhe in dem Sinn, dass ich nicht möchte, dass Spieler im Kopf noch unentschlossen sind. Er hat sich jetzt entschieden und ich bin froh, dass wir nach dem Trainingslager mit dem gleichen Elan weitermachen können und keine solchen Faktoren noch offen haben.

LAOLA1: Eine Transferbestätigung um 1:45 Uhr ist ungewöhnlich. Zeigt das auch, dass man diese Causa schnell abhaken wollte?

Bickel: Nein, wir hätten auch bis heute warten können, aber die Griechen wollten – warum auch immer – noch um 24 Uhr raus damit. Etwas ungewöhnlich – wenn ich Journalist wäre, hätte ich auch keine große Freude daran, aber sie wollten das unbedingt und wir haben dann nachgezogen.

LAOLA1: Es hieß immer wieder, er fühlte sich nicht zu hundert Prozent wohl bei Rapid. Können Sie das konkretisieren? War es sportlich, menschlich, vom Umfeld – was machte ihm Sorgen?

Bickel: Ich bin ihm dankbar für seine Offenheit, er fand immer klare Worte. Ich glaube nicht, dass es das Umfeld war. Privat kann ich es nicht beurteilen, da hat er auch das eine oder andere, aber das geht mich nichts an. Er hat selber gespürt, dass die Erwartungen sehr hoch waren, er sie zum Teil nicht erfüllen konnte und er immer wieder durch kleinere Verletzungen zurückgeworfen wurde. Der Start war auch nicht sehr glücklich, ohne eine Pause. Es war insgesamt eine unglückliche Zeit für ihn. Ich würde ihn nie abschreiben, ich glaube an seine Fähigkeiten. Aber es ist einiges für ihn persönlich nicht optimal gelaufen, was ihn belastet hat.

"Rapid ist natürlich schon auch ein bisschen anders – vom öffentlichen und Medien-Interesse. Alle erwarten etwas von dir, alle wissen, dass du gutes Geld gekostet hast. Dann konnte er sich nicht optimal vorbereiten, dann die Verletzungen. Es war wirklich von A-Z unglücklich für ihn."

Bickel über Traustason

LAOLA1: Also ist er schon am großen Druck und der Erwartungshaltung als 2-Millionen-Euro-Einkauf gescheitert?

Bickel: Dieses Gefühl habe ich schon auch. Rapid ist natürlich schon auch ein bisschen anders – vom öffentlichen und Medien-Interesse. Alle erwarten etwas von dir, alle wissen, dass du gutes Geld gekostet hast. Dann konnte er sich nicht optimal vorbereiten, dann die Verletzungen. Es war wirklich von A-Z unglücklich für ihn.

LAOLA1: Es gibt Gerüchte, er habe sich nicht vorbildlich verhalten. Können Sie aufklären: Wollte er weg? Wollte Rapid, dass er geht?

Bickel: Er hat mir eigentlich schon im Jänner, als ich neu gekommen bin, gesagt, dass er einfach nicht richtig in die Spur kommt und er sich vielleicht mal umhören sollte. Auch zum Ende der Saison, da hat er mich gefragt, ob er das eine oder andere Gespräch führen dürfte. Ich wollte einfach eine Entscheidung. Ich hätte überhaupt kein Problem damit gehabt, wenn er hier weitermacht, aber ich wollte, dass er frei ist, alles hinter sich lässt und neu beginnt. Da habe ich schon gedrängt, aber nicht in eine gewisse Richtung. Ich wollte, dass er sich frei entscheidet.

LAOLA1: Was bringt eine Leihe mit Kaufoption dem SK Rapid? Im Falle einer starken Saison hätte man keine Chance, ihn zurückzuholen – wenn AEK ihn behalten will.

Bickel: Das ist richtig, dieses Risiko haben wir, aber wir haben schon vorgesorgt, dass wir dann auch an den Transferrechten beteiligt sind. Diese Sicherheit haben wir. Aber AEK wollte das nur mit Option machen. Da der Spieler sich das gut überlegt hat, habe ich dann versucht, dass wir eine Einigung finden. Wie gewohnt wurde über die genauen Ablösemodalitäten Stillschweigen vereinbart.

LAOLA1: Die Chance, ihn gleich zu verkaufen, war somit nicht vorhanden – auch nicht mit anderen Interessenten?

Bickel: Doch, die hatten wir auch. Er hatte drei verschiedene Möglichkeiten. Mit einer hatte er in der Sommerpause gesprochen, da wäre auch eine Kaufmöglichkeit drin gewesen. Aber rein finanziell hätten wir vielleicht eher einen größeren Verlust damit gemacht.

LAOLA1: Dass man einen Verlust hinnehmen muss, ist jedoch schon länger klar.

Bickel: Das kommt noch ein wenig darauf an, wie er weitergeht. Aber im ersten Moment sicher, ja.

LAOLA1: Jetzt hat die Causa viel Staub aufgewirbelt. Stichwort: Berater. Wie sind Sie damit umgegangen und wie war das jetzt noch bei der Transfer-Abwicklung?

Bickel: Für mich war es irgendwie eine Geschichte, die ich jedes Jahr erlebe – ein Kampf zwischen Beratern. Sie hat mich nicht unbedingt aus den Schuhen gehauen, ich war nur viel mehr überrascht, wie viel Staub das aufwirbeln kann. Ich denke, der Klub hat weder mit ihm Probleme noch haben wir uns Probleme mit den Beratern gemacht. Wir haben ihn immer wieder auf die vertragliche Situation, wie wir sie kennen, aufmerksam gemacht. Er hat gemeint, dass er das gelöst habe. Ich bin wirklich nicht bereit, in einen Kampf einzusteigen oder Stellung zu beziehen. Das müssen sie rechtlich selber wissen. Das hat absolut nichts mit uns zu tun. Ich habe beide Berater gleichzeitig informiert und Arnor auch gesagt, er solle sich überlegen, mit wem er nach Athen fährt. Das hat er mir nicht gesagt, aber das ist seine Sache (Anm.: Martin Dahlin, die Sportic-Agentur droht nun mit Klage). Das hat aber nicht im Entferntesten mit uns zu tun.

LAOLA1: Deshalb wurden aber gleich Konsequenzen bis hin zum Punkteabzug kolportiert…

Bickel: Ja, aber ich habe nirgends gelesen, wieso. Wir haben keinen Vertrag mit irgendeinem Berater. Wir haben einen Vertrag mit Georg Gradl (Rechtsanwalt Sportic Agentur), der den Transfer zu uns abgewickelt hat. Das ist die einzige Vereinbarung, die wir mit einem Berater haben. Aber sicher nicht, dass wir irgendeine Vereinbarung torpediert oder nicht eingehalten hätten.

LAOLA1: Es hieß: Neuzugang nur bei Abgang, das soll nun aber doch nicht fix sein. Worauf kommt es für Sie dabei noch an?

Bickel: Ich habe immer gesagt, dass das Erste, was wir machen müssen, ein linker Verteidiger ist. Und je nachdem wie sich der Kader entwickelt, ein schneller, zentraler Stürmer. Heute ist der Stand so, dass die Jungen in der Vorbereitung einen sehr guten Eindruck hinterlassen haben. Dass es Eren Keles verdient und gezeigt hat, dass er Potenzial hat und man ihn intern besetzen kann, bis Philipp Schobesberger zurückkommt. Im Sturm ist die Situation noch immer die gleiche, dass eigentlich fünf da sind. Da wissen wir noch immer nicht richtig, wann der eine oder andere wie Giorgi Kvilitaia oder Matej Jelic, der immer wieder Probleme hat, zurückkommt. Da lauert Alex Sobczyk auf seine Chance, Philipp Prosenik und Joelinton. Wenn ich davon ausgehe, dass wir mit einer Spitze spielen, dann gibt es schon genügend Konkurrenzkampf. Wenn vorne noch etwas passieren würde, dann würden wir sicher noch was machen – vielleicht auch so. Aber es ist nicht die dringendste Notwendigkeit. Aber – sollte wer kommen – dann auf jeden Fall als nächster ein Stürmer.

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LAOLA1: Wie betont, ist der Kader noch immer sehr groß. Wie weit sind da die Gespräche mit einzelnen Spielern bezüglich Veränderungen?

Bickel: Eigentlich haben wir 26 Spieler, vier davon sind verletzt. Wir haben immer gesagt, dass wir mit 23 Fitten planen. Also eigentlich sind wir in dieser Vorgabe drin. Aber der Kader ist noch immer groß, das macht es schwierig für die Jungen. Das ist nicht so glücklich. Aber die Kadergröße macht nicht mehr die größten Kopfschmerzen. Es gibt natürlich Positionen, die überbesetzt sind. Da ist wichtig für uns – nicht, dass man sie loswerden will -, dass sich die Spieler im Klaren sind, welcher Konkurrenzkampf auf sie wartet. Es sind fünf Innenverteidiger da, wenn fünf fit bleiben, werden jeweils zwei immer auf der Tribüne sein. Das muss ihnen jetzt schon klar sein. Ich will keine Unsicherheiten, ich will diese Unruhe nicht und ich will ganz bestimmt nicht, dass sie während der Saison unzufrieden sind. Damit hätte ich dann echt ein Problem. Wir haben ihnen ihre Situation klar aufgezeigt. Was sie daraus machen, ist ihre Sache. Dasselbe gilt für die Stürmer.

LAOLA1: Aber es bahnt sich aufgrund dessen noch kein Abgang an?

Bickel: Die Gespräche wurden geführt, es wurde darauf aufmerksam gemacht. Aber es ist nicht einer gekommen, der gesagt hätte, dass er sich für eine andere Variante entscheidet - bis heute nicht. Der eine oder andere Agent hat sich gemeldet, aber von den Spielern gab es keine Signale.

LAOLA1: Über die Notwendigkeit eines Stürmers wird noch entschieden. Was können sie trotzdem über ihren Ex-FC-Zürich-Schützling Amine Chermiti, der ins Spiel gebracht wurde, sagen? Sie kennen ihn ja.

Bickel: Ich kenne ihn sehr gut, ich bin auch sehr überzeugt von ihm. Ich kenne seine Fähigkeiten, habe mit ihm gearbeitet, kenne seine Persönlichkeit und bin mir einfach sicher, dass er auch von seinem Spiel her sehr gut zu uns passen würde. Aber auch da muss ich klar sagen, dass er 29 Jahre alt ist – das spricht sicher nicht gegen ihn, ist aber eine Tatsache. Man muss auf jeder Position vorbereitet sein und wissen, wo die Möglichkeiten sind. Er ist ganz sicher eine, ich trage ihn im Kopf herum. Aber das heißt nicht, dass er es wird. Da gibt es drei, vier Optionen. Rein von der Persönlichkeit auf und neben dem Platz, bin ich mir sicher, dass es passen würde.

LAOLA1: Die Vorkehrungen und Gespräche werden jedoch weiter forciert, falls man schlussendlich doch noch einen Stürmer dazu holen will.

Bickel: Dass wir vorbereitet sind, ist so. Darum muss ich auch mehrere Namen haben, weil sich der eine oder andere schon selber gestrichen und sich anders entschieden hat. Das wird auch diese Woche wahrscheinlich beim einen oder anderen passieren, dann ist er auch wieder weg. Daher musst du immer auf dem Laufenden bleiben und Gespräche führen, ob es noch eine Möglichkeit gibt. Wir sagen immer dazu, dass wir uns heute oder morgen noch nicht entscheiden können.

"Ich bekomme viele Mails: Die einen meinen, dass ich es machen soll, die anderen meinen: Ja nicht, das funktioniert nicht mehr. Da hält sich in etwa die Waage. Bei Hoffer hat nicht jeder das Gefühl, dass das sofort wieder funktioniert. Es gibt auch zahlreiche Stimmen, dass man nicht in Träumen wie früher leben soll."

Bickel über eine Hoffer-Rückkehr

LAOLA1: Bei Rapid ist immer wieder Erwin „Jimmy“ Hoffer ein Thema, der ist sogar schon 30 Jahre alt. Ehrlich: Ist er für Sie überhaupt noch eine Überlegung?

Bickel: Ich habe mit seinem Berater gesprochen und mich über ihn erkundigt. Er ist überhaupt nicht gestrichen, im Gegenteil. Es kommt auch drauf an, wer überhaupt noch auf der Liste steht, wenn wir uns entscheiden. Er steht heute vielleicht nicht ganz vorne, aber es gibt täglich Änderungen.

LAOLA1: Aber würde man sich mit der Verpflichtung eines 30-Jährigen nicht sogar mehr zerstören als verbessern – besonders da man immer den jungen Weg predigt?

Bickel: Es gibt Überlegungen in beide Richtungen. Jeder auf der Liste hat sein Plus und Minus. Schlussendlich müssen wir gewichten, welcher Vorteil uns wichtiger ist und welchen Nachteil wir in Kauf nehmen können. Chermiti hat seine Vor- und Nachteile, und Hoffer ebenso – nur um die zwei zu nennen. Es gibt auch welche, die jünger sind. Das sind alles interessante Spieler, die auch andere Möglichkeiten haben. Es kann sein, dass mich nach dem Interview wer anruft und ich ihn von der Liste streichen muss.

LAOLA1: Es wäre unter Umständen somit kein Problem, zum bestehenden, jungen Kader eine kurzfristige Lösung mit einem älteren Spieler für ein, zwei Jahre dazu zunehmen?

Bickel: Grundsätzlich geht es wirklich in Richtung Jugend, wir haben genug Routiniers in der Mannschaft. Aber wenn ein Spieler ausgeliehen wird, braucht man etwa nur kurzfristig jemanden. Da könnte es durchaus auch ein älterer sein. Das Profil bleibt aber ganz klar das gleiche: Es muss ein zentraler Stürmer sein, der die Schnelligkeit mitnimmt, die Tiefe sucht und fußballerisch schon in dieser Mannschaft mitspielen kann.

LAOLA1: Bei Hoffer ist immer die Frage, ob die vielen Befürworter nicht zu naiv sind. Nur weil es früher funktioniert hat, muss es heute nicht funktionieren.

Bickel: Das ist so, aber das ist auch das Spannende. Ich bekomme viele Mails: Die einen meinen, dass ich es machen soll, die anderen meinen: Ja nicht, das funktioniert nicht mehr. Da hält sich in etwa die Waage. Bei Hoffer hat nicht jeder das Gefühl, dass das sofort wieder funktioniert. Es gibt auch zahlreiche Stimmen, dass man nicht in Träumen wie früher leben soll.

LAOLA1: Und was denken Sie darüber? Dass aufgewärmte Dinge selten funktionieren oder dass er auf alle Fälle noch immer das Zeug dazu hätte?

Bickel: Er ist in der Überlegung drin. Ich denke, dass ich ihn anhand der Informationen schon ziemlich gut kenne. Er ist vielleicht nicht der, der jedes Spiel von Anfang an spielen würde und uns irgendwo hinschießt. Aber ich bin auch überzeugt, dass er für den Trainer durchaus eine gute Variante wäre, um ein Spiel noch zu drehen oder sonst etwas zu provozieren. Das muss man abschätzen. Ob du jemanden holst, der eine Veränderung bringen kann und mit seinem Willen und Charakter gut dazu passt? Oder jemanden, den du als Fixstarter siehst und der dem Trainer die Möglichkeit gibt, 4-4-2 zu spielen? Da gibt es verschiedene Dinge. Wir haben keinen Druck, keine Hektik. Wir werden den August wohl auch noch ausnützen.

LAOLA1: Abschließende Frage: Welchen Eindruck hat bisher der einzige Neuzugang Boli Bolingoli-Mbombo hinterlassen?

Bickel: Einen sehr erfreulichen, er ist sehr gut aufgenommen worden. Ich habe das Gefühl, dass es ihm Spaß macht und er sich wohl fühlt. Er hat schon gezeigt, dass er mit seinem Spielwitz, seiner Schnelligkeit und seinem Offensivdrang dem Team durchaus Vieles geben kann. Die Erwartungen sind bisher erfüllt worden.

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