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Gorenzel: Roses "Pendel-Buddy" als Klagenfurt-Mastermind

Der neue Geschäftsführer Sport der Kärntner brennt für seine Aufgabe und den Klub, bei dem für ihn alles begann.

Gorenzel: Roses Foto: © GEPA

Seit etwas mehr als einem Monat ist Günther Gorenzel offiziell der Nachfolger von Matthias Imhof, den es zum SV Sandhausen zog, bei Bundesligist Austria Klagenfurt

Der 51-Jährige amtiert bei den Kärntnern als Geschäftsführer Sport und hat somit eine Doppelrolle inne. Einerseits ist er für den kaufmännischen Bereich verantwortlich, andererseits übt er auch die Funktion des Sportdirektors aus.

Das Know-How dafür bringt der promovierte Trainingswissenschafter allemal mal mit. Mit Stationen in Österreich, Deutschland und Russland konnte er viel Erfahrung sammeln.

Zuletzt fungierte er als Geschäftsführer Sport bei 1860 München - bis die Anfrage aus Klagenfurt kam, dem Heimatklub Gorenzels. Vor 24 Jahren hatte dort alles für ihn begonnen, nun schließt sich der Kreis.

Im LAOLA1-Talk spricht er über seine neue Aufgabe, "Pendel-Buddy" Marco Rose, die Kaderplanung der Austria und seinen Notenschnitt beim DFB von unter 1.

LAOLA1: Ihre Laufbahn als Trainer begann bereits im Jahr 1999. Sie sind also relativ jung in den Trainerberuf gestartet. Was waren die Gründe dafür?

Günther Gorenzel: Ich habe von 1991 bis 1997 in Wien Trainingswissenschaften studiert. Zwei Jahre später bin ich dann ins Trainergeschäft eingestiegen. Zunächst als Sportwissenschafter und Analytiker, danach relativ rasch als Co-Trainer beim FC Kärnten, dem Vorläufer von Austria Klagenfurt. Das heißt, ich habe vor 24 Jahren hier meine Laufbahn begonnen.

LAOLA1: Diese hat sie später nach Deutschland geführt. Sie waren einer der ersten Österreicher, der den Trainer-Lehrgang des Deutschen Fußballbundes abschloss.

Gorenzel: Es ist so, dass mich der DFB im Jahr 2014 mit offenen Armen empfangen hat. Ich war damals mit Leuten wie Marco Rose, Thomas Reis, Florian Kohfeldt und Steffen Baumgart im Trainerkurs. Dazu habe ich eine kleine Anekdote.

LAOLA1: Sehr gerne.

Gorenzel: Ich bin damals mit Marco Rose von Salzburg aus permanent nach Köln gependelt. Er war damals U16-Trainer von Red Bull Salzburg. Zwei Jahre später wurde er dann Cheftrainer.

 

Wo alles begann: Gorenzel als Co-Trainer beim FC Kärnten
Foto: © GEPA

LAOLA1: Sie haben den Kurs damals mit einem Notenschnitt von 1,0 abgeschlossen. Was bedeutet ihnen das?

Gorenzel: Es waren sogar 0,97. Da war ich selber überrascht, denn ich habe gar nicht gewusst, dass es das gibt. Florian Kohfeldt hatte sogar 0,96. Als ich den Kurs gemacht habe, war Deutschland gerade Weltmeister und eine internationale Benchmark. Dass man dort meine fachlichen Qualitäten so eingeschätzt hat, war sicher nicht von Nachteil.

LAOLA1: Sie waren in ihrer Karriere viel im Ausland unterwegs, davon rund zehn Jahre bei 1860 München, insgesamt rund zwölf in Deutschland. Hat es einen bestimmten Grund, warum es Sie immer wieder nach Deutschland zog?

Gorenzel: Einerseits ist es so, dass man natürlich gewisse Verbindungen hat, andererseits spielt auch die Nähe zu Österreich eine Rolle. Meine Familie hat mich sechs Jahre lang überall hin begleitet. Nach Wien, Graz, München, Russland. Mein älterer Sohn war in drei verschiedenen Ländern in der Schule. Das wollten wir dem jüngeren Sohn nicht mehr zumuten. Die Familie ist dann 2009 von Russland nach Österreich zurückgekehrt, weil es dort mit den Schulen nicht funktioniert hat. Das war also auch ein Grund, warum ich dann die deutsche Metropole München gesucht habe und nicht weiter im Norden bei Kaiserslautern oder Hoffenheim geblieben bin.

LAOLA1: Nach einigen Stationen in Österreich und Ihrem ersten Gastspiel bei 1860, damals als Co-Trainer, zog es Sie zu Rubin Kazan nach Russland. Wie kam das zustande?

Gorenzel: Ich habe schon zu meiner Zeit in Österreich immer wieder Trainerfortbildungen für den ÖFB, den DFB und den Bayerischen Fußballverband gehalten. Ich habe dann eine Anfrage bekommen, auch in Russland eine Fortbildung zu halten. Dabei kam der Kontakt zu Rubin Kazan und Kurban Berdyev zustande. Er war damals Vizepräsident, Sportdirektor und Trainer in Personalunion. Er war von meinen Vorträgen offensichtlich überzeugt und hat mich dann nach Kazan geholt.

LAOLA1: Seit Anfang Juli sind Sie nun Geschäftsführer bei Austria Klagenfurt. Wie kam der Kontakt zustande?

Gorenzel: Austria Klagenfurt ist mein Heimatklub, hier hat meine Laufbahn begonnen. Der Kontakt zu gewissen Entscheidungsträgern ist seither nie abgerissen. Ich hatte das immer in mir drin, im dritten Drittel meiner Laufbahn meine Erfahrung in der Heimat einzubringen, wenn es die Möglichkeit dazu gibt. Der Klub hat mir vor 24 Jahren die Möglichkeit gegeben, direkt von der Universität weg einzusteigen. Da möchte ich etwas zurückgeben.

LAOLA1: Wie liefen die Gespräche mit Klagenfurt ab?

Gorenzel: Ich habe von Anfang an den Wunsch geäußert, das sehr, sehr gerne zu machen. Ich habe dann mit unserem Hauptgesellschafter das eine oder andere Gespräch geführt. Das Thema war, dass ich bei 1860 München einen laufenden Vertrag bis 2024 hatte. Deswegen hat alles auch ein bisschen länger gedauert, weil ich die Geschäfte in München ordnungsgemäß übergeben wollte. Das war mir ganz wichtig, nachdem ich zehn Jahre in verschiedenen Funktionen dort tätig war. Ich habe dann das Gespräch mit den Verantwortlichen in München gesucht und dort hat man zum Glück meinem Wunsch entsprochen. Ich bin 1860 auch sehr dankbar dafür, dass man dort bereit war, meinen Vertrag vorzeitig aufzulösen.

"Wir wollen hier in der 28 Black Arena langfristig gesehen internationalen Fußball bieten und gegen Teams spielen, gegen die ich in Deutschland spielen durfte. Wie Bayern München, Dortmund oder Hoffenheim."

Günther Gorenzel erklärt seine Vision für den Klub.

LAOLA1: Die Verhandlungen zwischen Klagenfurt und 1860 sollen ein ziemliches Tauziehen gewesen sein - was können Sie darüber sagen?

Gorenzel: Es hat über mehrere Wochen Gespräche gegeben zwischen den Verantwortlichen in München und den Gesellschaftern von Austria Klagenfurt. Das hat darin gemündet, dass man meinem Wechselwunsch nachgekommen ist. Ich bin dort absolut im Guten gegangen. Das war mir sehr wichtig.

LAOLA1: Wie wäre es weitergegangen, wenn sich die beiden Klubs nicht geeinigt hätten? Hätten sie dann ganz normal bei 1860 weitergemacht?

Gorenzel: Ja, natürlich. Dann hätte ich meinen Vertrag in München erfüllt, gar keine Frage.

LAOLA1: Wie blicken Sie auf ihre Zeit in München zurück?

Gorenzel: Es war eine sehr lehrreiche Zeit, wo ich den internationalen Fußball kennenlernen durfte. Zum ersten Mal 2005 als Co-Trainer. Damals bin ich mit Walter Schachner dort hingekommen, später habe ich unter Marco Kurz gearbeitet. Das Ziel war es, in die Bundesliga zurückzukehren, das hat zweimal knapp nicht funktioniert. Das absolute Highlight meiner Zeit dort war sicher das letzte Münchner Derby auf großer Bühne im Jahr 2008. Da sind wir im DFB-Pokal-Viertelfinale vor 80.000 Zuschauern knapp in der Verlängerung ausgeschieden. In den letzten beiden Jahren sind wir knapp am Aufstieg in die 2. Bundesliga gescheitert. Einmal um zwei Punkte, einmal um drei Punkte. Von dem her sehe ich es auf der einen Seite mit Wehmut, auf der anderen Seite konnte ich in einer Fußball-Metropole wie München sehr viel internationale Erfahrung sammeln. 1860 München ist ja nach wie vor eine wahnsinnige Marke im deutschen Fußball. München ist zudem eine Medien-Stadt. Da kannst du, was die Kommunikation und Fankultur betrifft, sehr viel Erfahrung sammeln.

Highlight in München: Das DFB-Pokal-Duell gegen die Bayern.
Foto: © getty

LAOLA1: Die mediale Aufmerksamkeit ist in Klagenfurt sicher eine andere. Wie nehmen Sie das wahr?

Gorenzel: Der größte Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist das Interesse außen herum. Auf dem Platz hat sich die österreichische Bundesliga enorm weiterentwickelt. Das zeigen viele Beispiele, wo Spieler nahtlos nach Deutschland wechseln. Auch umgekehrt wechseln immer mehr deutsche Spieler und Trainer nach Österreich und haben da großes Interesse. Aber außen herum kann man es natürlich nicht vergleichen. Was Begeisterung, Zuschauerzahlen und das Medieninteresse anbelangt, ist es ganz anders. In München stehst du zweimal in der Woche vor laufenden Kameras und hast zweimal in der Woche Pressekonferenzen abzuhalten. Dort hatte ich eine Presseabteilung mit vier Personen, in Klagenfurt ist es eine. Das zeigt dann schon die Dimensionen.

LAOLA1: Mit welcher Philosophie gehen Sie nun an Ihre neue Aufgabe in Klagenfurt heran?

Gorenzel: Hier ist in den letzten beiden Jahren durch großes Engagement von Peter Pacult und seinem Trainerteam sowie des Gesellschafters sehr viel entstanden. Man ist zweimal in die Meistergruppe gekommen - was als Aufsteiger nicht selbstverständlich ist. Man hat zuvor 15 Jahre nicht auf höchstem Niveau gespielt. Dort gilt es jetzt, den Klub zu stabilisieren. Es ist selbsterklärend, dass ein Klub, der so lange nicht in der obersten Spielklasse war, von der Struktur und Organisation her noch nicht diese Stabilität haben kann. Hier müssen wir in vielen Dingen noch aufholen, um eine Balance herzustellen.

LAOLA1: Wohin wollen Sie den Klub in den nächsten Jahren entwickeln?

Gorenzel: Ich unterscheide immer Ziel und Vision. Das Ziel baut immer auf der Vision auf. Wir wollen hier in der 28 Black Arena langfristig gesehen internationalen Fußball bieten und gegen Teams spielen, gegen die ich in Deutschland spielen durfte. Wie Bayern München, Dortmund oder Hoffenheim. Aber ich betone: Das ist die Vision, langfristig sprechen wir hier von vier bis sieben Jahren. Darauf baut die kurz- und mittelfristige Zielsetzung auf. Diese ist es, kurzfristig den Klub zu stabilisieren, und Strukturen nachzuziehen, die sich in zwei Jahren nicht so stabil entwickeln können. Danach wollen wir es schaffen, Schritt für Schritt ein unangenehmer Gegner für die “Top Five” in Österreich zu werden und diese angreifen zu können.

"Das ist definitiv eine große Herausforderung, weil hier über 10, 15 Jahre kein Spitzenfußball geboten wurde und deswegen eine gesamte Fan-Generation verloren gegangen ist. Die Leute haben sich anderen Themen zugewandt, junge Leute haben sich andere "Role-Models" gesucht."

Gorenzel über das Fan-Interesse, das gesteigert werden soll.

LAOLA1:Sie können bei Austria Klagenfurt auch auf ein gewisses Netzwerk zurückgreifen. Zeljko Karajica ist nicht nur Klubchef von Austria Klagenfurt, sondern auch von HNK Sibenik in Kroatien und dem deutschen Regionalligisten Viktoria Berlin. Welche Synergien nutzt man hier?

Gorenzel: Ich habe durch meine Tätigkeit ein sehr großes internationales Netzwerk. Auch unsere Gesellschafter verfügen mit den beiden Partnervereinen über ein solches. Wir können also auf ein sehr breites Netzwerk zurückgreifen, was die Auswahl der Spieler betrifft. Es muss parallel dazu aber unser Ziel sein, noch mehr einheimische Spieler aufzubauen. Wir sind jetzt erstmals seit drei Jahren mit der Akademie wieder auf höchstem Niveau und haben auch erstmals drei junge Spieler aus dieser (Bego Kujrakovic, Jannik Robatsch, Matthias Dollinger, Anm.) in den Profikader integriert. Es muss das Ziel sein, nach und nach einheimische und Eigenbauspieler an das Niveau der Bundesliga heranzuführen. Zudem muss man schauen, was am einheimischen Markt möglich ist, um lokale Identifikationsfaktoren zu schaffen. Gleichzeitig wollen wir auf das internationale Netzwerk zurückgreifen und all dies Schritt für Schritt nutzen.

LAOLA1: Von der SEH Sports & Entertainment Holding, Gesellschafterin von Austria Klagenfurt, hieß es zuletzt, dass der Klub mittelfristig auf eigenen wirtschaftlichen Beinen stehen muss. Wie soll das Ihrer Meinung nach gelingen?

Gorenzel: Aus meiner Sicht geht das nur gemeinsam. Fußball ist ein Mannschaftssport. Ich glaube, das Signal, welches unser Gesellschafter aussenden wollte, ist Schritt für Schritt vermehrt auf eigenen Beinen zu stehen. Er hat seit dem Einstieg 2019 sehr viel Geld und Know-How zur Verfügung gestellt. Wir haben jetzt eine Budgetreduktion. Wir haben sieben, acht Spieler mit Bundesliga-Erfahrung, die wir abgegeben haben oder die Verträge ausgelaufen sind. Im Gegenzug hast du beispielsweise mit Sky Schwarz einen Leihspieler von Rapid und Gemicibasi nach seiner Rückkehr aus der Türkei - da ist es selbsterklärend, dass es eine gewisse Budgetreduktion im Vergleich zu den beiden letzten Spielzeiten gegeben hat.

LAOLA1: Um sich nachhaltig im Profifußball etablieren zu können, bedarf es früher oder später auch einer Fanbasis, die den Verein ein Stück weit trägt. Auch das ist, wie Sie vor Kurzem angesprochen haben, ein Aspekt, den Sie gerne angehen würden. Wie sieht der Plan dahingehend aus?

Gorenzel: Wenn man zehn Jahre für 1860 München arbeitet, die eine Fanbase haben, die einfach phänomenal ist und auch davon getragen wird, dann haben sie damit genau den Punkt getroffen, der mir sehr stark am Herzen liegt. Wie ich zuvor schon angesprochen habe: Ich nehme die Begeisterung für den Fußball als größten Unterschied zwischen Deutschland und Österreich wahr. Es ist mein großes Ziel, wieder mehr Fußball-Begeisterung in meinem Heimatland zu wecken. Das ist definitiv eine große Herausforderung, weil hier über 10, 15 Jahre kein Spitzenfußball geboten wurde und deswegen eine gesamte Fan-Generation verloren gegangen ist. Die Leute haben sich anderen Themen zugewandt, junge Leute haben sich andere "Role-Models" gesucht. Von daher ist es ein großes Ziel, Vertrauen bei der Bevölkerung, den Fans, der Wirtschaft und der Politik zurückzugewinnen. Wir wollen wieder Begeisterung wecken und die Fans mit ehrlicher Arbeit und ehrlichem Fußball zurückgewinnen. Das macht Peter Pacult hervorragend. Was ist unser Faustpfand? Unser Faustpfand sind keine Superstars, sondern das Team, Geschlossenheit sowie offene und ehrliche Arbeit. Genauso wollen wir uns präsentieren und die Leute wieder vom Profifußball-Standort Klagenfurt überzeugen.

Die oftmals spärlich besetzten Tribünen in der "28 Black Arena" sollen zukünftig besser gefüllt sein
Foto: © GEPA

LAOLA1: In Kärnten gibt es seit jeher mit dem Eishockey große Konkurrenz. Die Fans aus der verloren gegangenen Fan-Generation, die sie angesprochen haben, haben sich zum Teil auch dorthin gewandt, weil Fußball-Helden fehlten. Spüren sie diese Konkurrenz?

Gorenzel: Ich muss sagen, dass ich selber sehr Eishockey-affin und passionierter Hobby-Eishockeyspieler bin. Oder besser gesagt: war. Ich habe mir voriges Jahr eine schwere Verletzung bei einem Bandencheck zugezogen. Eineinhalb Jahre später arbeite ich da immer noch an der Reha. Meine Generation ist in Kärnten mit Eishockey aufgewachsen. Diese Begeisterung war auch die letzten 20 oder 30 Jahre immer gegeben. Der Fußball ist da sicher immer etwas im Schatten gestanden. Es wird immer wieder die Konkurrenz zwischen dem WAC und Austria Klagenfurt angesprochen. Ich habe größten Respekt vor dem, was beim WAC von der Familie Riegler geleistet wird. Wenn du 10 oder 15 Jahre am Standort Klagenfurt keine Fußballbegeisterung auf höchstem Niveau bieten kannst, dann bin ich froh, dass es den WAC gegeben hat, sonst hätte es in Kärnten gar keinen Spitzenfußball mehr gegeben. Nun ist es natürlich das schönste, wenn du zwei Vereine in der Bundesliga hast. Das ist in der Steiermark, Wien, Oberösterreich und Vorarlberg so. Was gibt’s Schöneres? Eishockey hat hier eine große Tradition, aber wir reden hier von Sommer- und Wintersport, deswegen glaube ich, dass in Kärnten beide Sportarten sehr gut nebeneinander existieren können.

LAOLA1: Bei den Fans ist auch das Wörthersee-Stadion ein stetes Thema. Einerseits halten es viele für eines der schönsten Österreichs, andererseits ist es für das momentane Zuschauerinteresse überdimensioniert und es kommt nur schwer Stimmung auf. Sehen Sie das Wörthersee-Stadion eher als Fluch oder Segen?

Gorenzel: Grundsätzlich muss man die Dinge akzeptieren, die gegeben sind. Es war damals die Entscheidung, dass hier 2008 ein EM-Standort ist. Gleichzeitig müssen wir froh sein, dass wir hier diese tolle Infrastruktur haben. Wir haben hier den Sportpark inklusive einer Halle, die anlässlich der EM errichtet wurde. Von dem her muss die Sportstadt Klagenfurt stolz darauf sein, diese Infrastruktur zu haben. Wenn wir rein von der Zuschauerkapazität sprechen, ist es selbsterklärend, dass in einem Stadion für 30.000 Zuschauer sicherlich eher schwer Stimmung aufkommt. Aber man darf die tolle Infrastruktur rundherum dabei nicht außer Acht lassen.

"Wenn du eine Anfrage hast, die wirtschaftlich in einer gewissen Größenordnung ist, sind wir uns ehrlich, dann muss doch jeder Klub in Deutschland und Österreich verkaufen."

Gorenzel schließt weitere Abgänge nicht kategorisch aus.

LAOLA1: Der Kader ist im Vergleich zum Vorjahr schlanker geworden. Kürzlich haben Sie in einem Interview gesagt, dass das Transferbudget aufgebraucht ist. Gibt es einen Plan, wie man auf etwaige Verletzungssituationen reagieren will?

Gorenzel: Prinzipiell bin ich ein Mensch, der immer Chancen und Risiken sieht bei gewissen Faktenlagen. Ich habe eine fertige kaufmännische Planung übernommen, wo kein Spielraum mehr bestanden hat. Das Risiko ist Peter Pacult und mir zu 100 Prozent bewusst. Uns ist klar: Sollten noch weitere Verletzungen passieren, haben wir nicht mehr viele Möglichkeiten zu reagieren. Fakt ist aber auch, dass dies eine Chance für Spieler ist, die bisher im Schatten gestanden sind. Das habe ich schon sehr oft bei schmäleren Kadern erlebt. Nehmen wir beispielsweise Sinan Karweina, Jonas Arweiler oder Andy Irving, sie hat in Österreich vor zwei Jahren kein Mensch gekannt. Es war ganz einfach so, dass sie die Bühne bekommen haben und in die Bresche springen mussten. Sie haben sich hier hervorragend entwickelt. Wir haben noch viele Spieler, die den Zenit ihrer Leistung noch nicht erreicht haben. Wir müssen aus den Gegebenheiten das Beste machen und Peter Pacult findet hier immer eine gute Mischung.

LAOLA1: Mit Turgay Gemicibasi ist ein Spieler, der bei Klagenfurt schon einmal eine tragende Rolle gespielt hat, wieder aus der Türkei zurück. Seine Zeit bei Kasimpasa war schwierig, er wurde sogar aus dem Mannschaftstraining ausgeschlossen. Wie weit ist er schon und ab wann rechnen sie damit, dass er eine Hilfe sein kann?

Gorenzel: Turgay war vor seinem Türkei-Engagement eine absolute Stütze. Man hat natürlich schon gemerkt, dass diese Zeit nicht nur körperlich, sondern auch mental an ihm genagt hat. Das hat sich der Verein anders vorgestellt und sicherlich auch er. Aber man sieht jetzt Woche für Woche, dass er wieder langsam an sein altes Niveau herankommt. Man muss ihm noch zwei, drei Wochen Zeit geben. Dann wird er sich über Kurzeinsätze wieder Selbstvertrauen erarbeiten und ich bin überzeugt, dass er noch eine wichtige Rolle im Saisonverlauf spielen wird.

LAOLA1: Nach der erneut guten Saison im Vorjahr sind natürlich einige Akteure der Austria für andere Klubs sehr interessant geworden. Inwiefern befürchten Sie noch Abgänge?

Gorenzel: Das sehe ich auch wieder positiv. Es ist so, dass wir eine gute Mannschaft haben. Da gibt es sicherlich Interesse an dem einen oder anderen Spieler. Konkret liegt aber noch nichts auf dem Tisch. Ein Angebot müsste wirtschaftlich natürlich sehr attraktiv sein, damit wir darüber nachdenken, weil wir von der Kaderbreite derzeit dünn aufgestellt sind. Fakt ist aber auch: Wenn du eine Anfrage hast, die wirtschaftlich in einer gewissen Größenordnung ist, sind wir uns ehrlich, dann muss doch jeder Klub in Deutschland und Österreich verkaufen. Der einzige Klub, der nicht verkaufen muss, ist Bayern München. Sogar bei Salzburg ist das so, da werden regelmäßig Spieler an Leipzig weiterverkauft.

LAOLA1: Würden wir in einem Jahr wieder miteinander sprechen, was würden Sie mir dann gerne über die Austria erzählen?

Gorenzel: Dass wir sorgenfrei durch die Saison gekommen sind.

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