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Novota: "Diese Typen bleiben, die Egoisten gehen"

Jan Novota wie Vorbild Buffon! Rapid war ihm wichtiger als er selbst. Abschieds-Interview:

Novota: Foto: © GEPA

Spieler kommen und gehen. Treue und Vereinsverbundenheit sind im modernen Fußball nur mehr selten anzutreffen.

Wenn Spieler jedoch Tränen in den Augen haben, dann muss es sich beim scheidenden Kollegen schon um eine besondere Persönlichkeit handeln.

Für Jan Novota ist nach 6 Jahren die Zeit des Abschieds vom SK Rapid gekommen. Der 33-jährige Slowake war aus eigener Sicht „nie ein Weltklasse-Torhüter“, für viele jedoch eine Vaterfigur. Mit seiner positiven Art wird er nur schwer zu ersetzen sein.

Im großen LAOLA1-Abschieds-Interview spricht der zu Debrecen wechselnde Novota nach 142 Pflichtspieleinsätzen für Rapid über sein „Mr.-Nice-Guy“-Image a la Gianluigi Buffon, seine Ausbootung, warum er im Interesse der Mannschaft selbst oft zurücksteckte und der Makel, keinen Titel geholt zu haben, schmerzt.

LAOLA1: Sind die Tränen des Abschieds mittlerweile schon getrocknet?

Jan Novota: Ja, meine Seele ist auch schon ein bisschen beruhigt. Aber die letzte Woche war sehr schwierig für mich und meine Familie. Auch für meine Frau war die Zeit in Wien besonders, für sie war es vielleicht noch schwerer, weil wir nur einen Sprung von daheim in der Slowakei entfernt waren und sie eine besondere Beziehung zu ihren Eltern hat. Für mich war es vor allem wegen der Mannschaft und den Mitarbeitern eine schwierige Verabschiedung, wegen dieser hervorragenden Truppe. Ich habe mich bei Rapid so gut gefühlt – das kann ich nicht mit Worten beschreiben.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Auch einige Mitspieler sollen bei deiner Verabschiedungs-Rede Tränen in den Augen gehabt haben. Was hast du genau gesagt?

Novota: Ehrlich gesagt, habe ich das nicht gemerkt. Ich konnte ihnen nicht in die Augen schauen, das waren riesige Emotionen. Es waren die schönsten sechs Jahre in meiner Karriere. Trotz Verletzungen oder wenn ich nicht gespielt habe – ich habe diesen Verein und die Leute geliebt. Das schmerzt natürlich, aber wir haben dort Freunde gefunden, die für immer bleiben.

LAOLA1: Ist es nicht schön, dass im schnelllebigen Fußball-Geschäft noch Gefühle dabei sind und Freundschaften aufgebaut werden, die über diese Zeit andauern?

Novota: Eine Mannschaft muss eine Seele haben – und Rapid hatte definitiv eine. Sie haben mich immer unterstützt – ob bei meiner Schulterverletzung oder beim Jochbeinbruch. Sie haben mir immer alles Gute gewünscht. Auch in den Spielen. Es ist nicht so aufgegangen, wie ich wollte. Fehler passieren im Fußball, aber sie haben mir auch in diesen Zeiten geholfen. Das werde ich nie vergessen. Ich hoffe, ich konnte der Mannschaft mit meinen Leistungen auch helfen. Ich halte mich nicht für einen Weltklasse-Torhüter, aber ich habe immer mit hundert Prozent gearbeitet und wollte immer mein Bestes geben.

LAOLA1: Sechs Jahre sind heutzutage eine lange Zeit. Auch wenn es wehtut – warum ist es jetzt trotzdem der richtige Zeitpunkt für dich weiterzuziehen?

Novota: Ich habe einfach gesehen, dass der Verein und die Trainer auf die Jungen setzen. Das ist absolut in Ordnung, ich akzeptiere das, sie haben alle meinen größten Respekt. Deswegen habe ich auch gesehen, dass ich diesen Schritt machen muss – auch wenn er schmerzhaft ist. Aber ich möchte noch Freude am Fußball haben und weiter bei der Nationalmannschaft bleiben. Dafür brauche ich Spiele, deshalb habe ich mich für Debrecen entschieden. Weil ich das Gefühl habe, dass ich hier meine Karriere noch einmal aufs Neue starten kann und noch gute Momente auf dem Platz erleben darf.

LAOLA1: Debrecen ist für dich in mehrfacher Hinsicht eine gute Wahl: Du sollst die Nummer 1 werden, Ungarn ist nicht weit weg und du kannst aufgrund deiner Wurzeln ungarisch.

Novota: Das ist natürlich sehr positiv. Ich habe gleich mit allen ungarisch geredet. Alle haben sich gewundert, dass das so schnell geht. Sie wussten nicht, dass wir eigentlich eine ungarische Familie in der Slowakei sind. Die Integration ist dadurch viel einfacher, auch für die Kinder in der Schule und im Kindergarten. Das ist sicher ein großes Plus. Ich muss sehr hart arbeiten für das Einser-Leiberl, aber ich werde alles dafür geben.

LAOLA1: Im letzten Jahr hast du bei Rapid kaum noch gespielt. Wie sauer warst du, als du aufgrund des Österreicher-Topfs plötzlich nicht einmal mehr im Kader warst?

Novota: Das war natürlich schwer, wenn du auf einmal außerhalb der Mannschaft bist. Du kannst eigentlich alles machen, aber es ist trotzdem so. Aber ich habe nie etwas Negatives getan, die Mannschaft stand für mich immer an erster Stelle. Ich habe dann eigentlich gezeigt, dass ich diesen Verein mehr liebe als meine Position. Ich war auch nicht sauer auf Mike Büskens, im Gegenteil. Ich habe auch jetzt noch mit ihm geredet als ich zu Debrecen gekommen bin. Genauso wie mit meinen anderen früheren Trainern, wie Raimund Hedl oder Zoran Barisic. Das löst bei mir sicher kein schlechtes Gefühl aus.

LAOLA1: Davor ist es viele Jahre gut gelaufen, dann kam deine schwere Schulterverletzung, zuletzt hast du nicht mehr gespielt. Wie fällt insgesamt deine Bilanz der Rapid-Zeit aus?

Novota: Ich habe bei Rapid wirklich viel erlebt – schöne Zeiten, dann auch weniger schöne. Aber insgesamt sehe ich es sehr positiv. Es war eine wirklich schöne Zeit, die ich nie vergessen werde. Ich hoffe, dass ich das auch später noch spüren kann, wenn ich wieder mal zu einem Rapid-Spiel komme. Ich werde nie etwas Schlechtes über Rapid sagen, weil das einfach ein Traum-Verein für mich ist. Und das bleibt auch immer so.

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LAOLA1: Du warst nicht nur sportlich, sondern auch aufgrund deines Wesens unglaublich wichtig für das Team – das bestätigen alle, die man fragt. Du warst für viele eine Art Vaterfigur. Warum war dir das so wichtig, für andere da zu sein und dafür auch teilweise selber zurückzustecken?

Novota: Es ist immer wichtig, dass man die anderen unterstützt – vor allem die Jungen. Es gibt immer Phasen, wo man Ruhe von den anderen braucht, damit sie nicht auf dich draufhauen. Der Druck bei Rapid ist immer groß. Wenn es dann auch noch in der Kabine so ist, bringt das überhaupt nichts. Für mich war immer das große Ganze wichtig, nicht ich. Aber ich konnte auch davon profitieren. Ich wurde erst mit 30 Jahren Nationalspieler, auch dafür muss ich mich bei Rapid bedanken. Da werde ich auch noch einberufen, obwohl ich nicht gespielt habe. Das ist schön für mich, weil ich sehe, dass sie mich brauchen, ich sie auch dort unterstützen und zu meinen Spielen kommen kann – auch wenn es nicht viele sind. So habe ich es auch bei Rapid immer gemacht – ich glaube, das war eine gute Entscheidung.

LAOLA1: Du hast einmal Gianluigi Buffon als dein Vorbild genannt – vor allem, weil er auch so eine Vaterfigur darstellt und auch immer so respektvoll mit seinen Kollegen umgeht.

Novota: Ja, das ist richtig. Wenn man seine Spiele sieht, merkt man, wie er das genießt. Seine Mitspieler lieben ihn. Es ist nicht immer das Wichtigste, dass der Tormann böse ist, sondern dass die Mannschaft zusammenhält. Natürlich muss man manchmal scharfe Worte finden, das braucht man auch. Aber man muss ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt haben.

LAOLA1: Gibt es nicht viel zu wenige solcher Typen? Im heutigen Business schauen ja doch viele nur auf sich selbst und das Vorantreiben ihrer Karriere.

Novota: Im Endeffekt steht immer die Mannschaft an erster Stelle, das sehen auch die Trainer und alle anderen so. Früher oder später ist es immer so, dass diese Typen bleiben und die Egoisten gehen.

"Im Endeffekt steht immer die Mannschaft an erster Stelle, das sehen auch die Trainer und alle anderen so. Früher oder später ist es immer so, dass diese Typen bleiben und die Egoisten gehen."

LAOLA1: Du warst auch immer der „Mr. Nice Guy“ bei Rapid. Du hattest immer ein Lächeln auf den Lippen. Ich habe dich oft interviewt, du warst fast nie schlecht drauf, hast nie kritisiert. Wie machst du das? Muss das Negative dann nicht irgendwann einmal raus?

Novota: Keine Ahnung, ich habe auch manchmal schlechtere Tage. Aber es ist schon auch wichtig, wie man mit den Medien umgeht. Man muss sehen, dass sie nur ihre Arbeit machen und auch kritisieren müssen. Wenn man ein nicht so gelungenes Spiel hatte, sollte man nicht immer sagen: So ein Scheißspiel von mir! Da muss man schon ein bisschen anders reden, das gehört nicht in die Medien. Da muss man andere Worte finden, gescheit reden und seine Gefühle kontrollieren. Denn dabei wird ein Bild von dir gezeichnet. Die Leute mögen keine arroganten Typen, die nur auf sich schauen.

LAOLA1: Bist du bei Rapid trotzdem auch einmal laut geworden?

Novota: Da muss schon etwas richtig Schlechtes passieren. Ich habe immer versucht, diesen anderen Weg zu gehen. Im Endeffekt denke ich, ich habe das gut gemacht. Sonst wäre ich nach ein oder zwei Jahren weg gewesen, so waren es doch sechs Jahre. Das ist zwar gar nichts, bei Steffen Hofmann sind es 16 - aber Steff ist für mich eine lebende Legende. Für einen ausländischen Tormann ist es aber eine ganz schöne Zeit. Damit bin ich zufrieden.

LAOLA1: Du hast Steff schon erwähnt. Welche anderen Teamkollegen sind dir in dieser Zeit besonders ans Herz gewachsen?

Novota: Ich liebe sie alle, aber vor allem jene, die mit mir von Anfang an dabei waren. Thomas Schrammel, Mario Sonnleitner, Christopher Dibon, Stefan Schwab – da möchte ich auch keinen vergessen. Das sind alles gute Jungs und Fußballspieler. Ich bin wirklich ganz sicher, dass sie das nächste Saison zeigen werden und wieder ganz oben mitspielen.

LAOLA1: Von welchem Trainer hast du am meisten mitnehmen können?

Novota: Ich habe von allen etwas mitnehmen können. Peter Schöttel hat mich zu Rapid geholt, ich habe ihn einfach geliebt. Er war zu mir immer gut, nett und hat mich immer mit Respekt behandelt. Ich war sehr traurig, als er weggegangen ist. Dann ist aber Zoki gekommen, er war für mich diese Vaterfigur. Er hat mir viel geholfen, viel mit mir geredet und ich habe dieses Vertrauen von ihm gespürt. Ich könnte immer mit ihm und Schöttel reden, wenn ich sie treffe. Ich wünsche ihnen nur das Beste fürs Leben.

LAOLA1: Also war die Ausbootung vor dem Saisonstart schon ein ziemlicher Einschnitt, denn Zoran Barisic war sehr angesehen in der Mannschaft?

Novota: Ja, also ich habe ihn sehr geliebt. Er war ein super Mensch und ein sehr guter Trainer.

LAOLA1: Mit Helge Payer hast du dich damals noch duelliert, da war er noch aktiv, dann war er dein Torwart-Trainer. Wie hat das funktioniert?

Novota: Beim ersten Training war das schon komisch für mich (lacht). Aber ich glaube, wir haben am Fußballplatz als Kollegen und Konkurrenten gut funktioniert und auch danach mit ihm als Trainer. Ich habe nie ein Problem mit ihm gehabt und immer gemacht, was er gesagt hat. Er ist ein super positiver Typ und ich hoffe, er kann das auch von mir sagen.

LAOLA1: Kannst du das Highlight und das negativste Erlebnis der 6 Jahre herausstreichen?

Novota: Am besten waren die Derby-Siege, die waren überragend. Ich bin sehr froh, dass ich das erleben durfte. Auch die Europacup-Spiele, wie etwa gegen Ajax auswärts, wo die Leute dann am Flughafen auf uns gewartet haben. Am schlimmsten war vielleicht wirklich das letzte halbe Jahr. Aber ich habe das immer als Realität angesehen, mich mehr auf meine Familie konzentriert, mehr Freizeit gehabt – das habe ich auch genossen. Ich habe immer das Positive gesucht.

"Ich wünsche dem ganzen Verein, dass er etwas gewinnt. Ich konnte dieses Gefühl leider in den sechs Jahren nicht erleben. Das ist schon schade. Aber ich würde mich genauso freuen, wie wenn ich noch dabei wäre. Obwohl ich ein Ausländer bin, werde ich mich immer als Wiener, als Hütteldorfer fühlen."

LAOLA1: Ist Goran Djuricin deiner Meinung nach derzeit der richtige Trainer für Rapid?

Novota: Ich glaube schon. Auch mit ihm hatte ich immer eine super Zusammenarbeit, er hat mich immer unterstützt. Er war sehr korrekt zu mir. Ich habe mich auch von ihm verabschiedet und ihm alles Gute gewünscht. Denn ich bin mir sicher, dass er der richtige Mann ist und er mit Rapid erfolgreich sein wird.

LAOLA1: Du bist also auch davon überzeugt, dass die Mannschaft qualitativ gut genug ist und das letzte Jahr nur ein Ausrutscher war?

Novota: Natürlich. Wir brauchen jetzt nicht über den Meistertitel reden, das wäre Blödsinn. Nicht, weil ich es ihnen nicht zutraue, sondern weil es wichtig ist, dass sie keinen Druck haben. Sie können sich derzeit in Ruhe vorbereiten. Es gibt keinen Europacup, aber dafür sind es nicht so viele Spiele, sie können sich voll auf die Meisterschaft konzentrieren.

LAOLA1: Wirst du Rapid auch aus der Ferne weiterhin verfolgen?

Novota: Auf jeden Fall. Ich schaue sowieso jeden Tag im Internet, ob es etwas über Rapid gibt. Ich würde mich wirklich freuen, wenn sie gute Spiele haben und diese Saison wieder vorne dabei sind. Ich wünsche dem ganzen Verein, dass er etwas gewinnt. Ich konnte dieses Gefühl leider in den sechs Jahren nicht erleben. Das ist schon schade. Aber ich würde mich genauso freuen, wie wenn ich noch dabei wäre. Obwohl ich ein Ausländer bin, werde ich mich immer als Wiener, als Hütteldorfer fühlen.

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