Austria Lustenau blickt auf einen aufregenden Herbst zurück. Nach über 22 Jahren Bundesliga-Abstinenz war die erste Saisonhälfte in Österreichs höchter Spielklasse geprägt von Höhe-, aber auch Tiefpunkten. Schlussendlich verabschiedete man sich als Achter in die Winterpause.
Nach langer, intensiver Vorbereitung und zahlreichen Testspielen, in denen die Vorarlberger auch mit vermeintlich schwächeren Gegnern durchaus ihre Probleme hatten, startet die Mannschaft nun am Samstag gegen Red Bull Salzburg (17 Uhr im LIVE-Ticker >>>) mit einer echten Mammutaufgabe ins Frühjahr.
Die Geschicke an der Seitenlinie leiten soll dabei natürlich Cheftrainer Markus Mader. Der 54-Jährige, der bereits seit Sommer 2021 als Übungsleiter der Lustenauer fungiert, wird mit seiner Mannschaft auch im Frühling versuchen, die Großen in der Bundesliga zu ärgern.
Im Interview mit LAOLA1 spricht Markus Mader unter anderem über die "umgekehrte" Vorbereitung seines Teams, das heftige Programm zum Auftakt, den Abgang von Bryan Teixeira und seine persönliche Zukunft.
LAOLA1: Ihr habt eine lange, intensive Vorbereitung und jede Menge Testspiele hinter euch. Besonders gegen vermeintlich schwächere Mannschaften hat sich Ihre Mannschaft aber schwergetan. Wie beurteilen Sie die Vorbereitung?
Mader: Wir haben sehr gute Trainingsleistungen gezeigt, die Jungs waren motiviert und engagiert. Die Qualität vom Training haben wir aber gegen unterklassige Testspielgegner nicht auf den Platz gebracht. Das nehme ich aber auf meine Kappe, weil wir sowohl taktisch als auch personell sehr viel probiert haben. Es sind immer wieder Spieler auf ungewohnten Positionen eingesetzt worden. Das ist ja auch der Sinn einer Vorbereitung, Dinge auszuprobieren.
LAOLA1: Welche Erkenntnisse hat die Vorbereitung hervorgebracht?
Mader: Klingt vielleicht komisch, aber wir haben in den Vorbereitungsspielen gezeigt, was wir nicht machen möchten. Quasi wie ein Ausschlussverfahren – wir haben nicht immer dasselbe probiert und geschaut, dass ja die Automatismen laufen. Wir sind eher drauf gekommen, was nicht funktioniert. Vor allem im Trainingslager haben wir das Positive hergenommen und gesagt: so wie in den Testspielen wollen wir es nicht. Dann haben wir mit den Automatismen begonnen, das hat schon sehr gut funktioniert. Gerade gegen die besseren Testspielgegner waren die Ergebnisse und Leistungen schon besser. Wir hatten eigentlich eine umgekehrte Vorbereitung, haben festgestellt, was wir nicht wollen.
LAOLA1: Ihr habt einen sehr ereignisreichen Herbst hinter euch. Wie hat sich Ihre Mannschaft entwickelt und wie zufrieden sind Sie mit der Ausgangslage für das Frühjahr?
Mader: Grundsätzlich sind wir mit dem Herbst sehr zufrieden. Wir haben relativ rasch in die Liga gefunden und performt. Natürlich kommt dann irgendwann eine Stagnation, dass haben wir auch erlebt. Wo man das Gefühl hat, es geht gar nichts weiter. Gegen Ende der Herbstsaison haben wir uns aber wieder gefestigt, haben die letzten vier Spiele nicht verloren. Von dem her kann man sagen, es war ein Herbst mit stetiger Entwicklung, wenn auch mit Unterbrechung.
LAOLA1: Mit Salzburg, der Austria, dem LASK und Sturm warten zum Auftakt einige Mammutaufgaben. Wie geht es Ihnen, wenn Sie das Programm deiner Mannschaft für die nächsten Runden sehen?
Mader: Wir freuen uns alle nur darauf. Es ist völlig wurscht: es müssen alle gegen alle spielen, der Terminkalender sieht halt vor, dass die ganz großen Mannschaften hintereinander kommen. Aber wir dürfen nicht vergessen: wir haben noch auswärts den WAC und Klagenfurt zuhause, das sind starke Mannschaften. Die sechs Auftritte bis zur Punkteteilung werden sehr herausfordernd, aber wir freuen uns darauf und hoffen noch den einen oder anderen Punkt mitzunehmen.
LAOLA1: Was für ein Auftreten wünschen Sie sich von Ihrer Mannschaft in diesen kommenden Partien?
Mader: Salzburg hat jetzt sieben Millionen Euro für einen Spieler überwiesen. Das ist das Doppelte von unserem Budget. Wie sollen wir da drüber nachdenken, ob wir diesen Mannschaften das Wasser reichen können? Was ich mir von meiner Mannschaft aber wünsche und auch weiß, dass sie das umsetzen werden, ist, dass wir gleich wie im Herbst frech drauf los spielen und Fußball spielen. Da kann es passieren, dass wir mal wieder die eine oder andere Klatsche kriegen. Das gehört zur Entwicklung bei uns dazu, die Jungs sollen ihre Erfahrungen machen. Ich will nur nicht, dass wir mit zu viel Respekt oder verängstigt in die Partien gehen. Da erwarte ich mir ein mutiges Gesicht von unserer Mannschaft.
"Er hat dazwischen sechs, sieben Spiele gehabt, da hat er komplett ausgelassen."
LAOLA1: Ihr habt eine ereignisreiche Transferperiode erlebt. Mit Bryan Teixeira ist der Topscorer ausgerechnet an Liga-Konkurrent Sturm Graz abhanden gekommen. Als wie schmerzhaft hat sich sein Abgang bereits herausgestellt und kann er überhaupt ersetzt werden?
Mader: Das werden wir in den ersten Meisterschaftsspielen sehen. Wir haben mit Nemanja Motika einen ähnlichen Spielertypen dazubekommen, ein schneller, quirliger Spieler. Es ist doch wieder eine gewisse Flexibilität dazugekommen. Natürlich hat Bryan, was Scorerpunkte anbelangt eine überragende Halbsaison gespielt. Er hat aber dazwischen sechs, sieben Spiele gehabt, da hat er komplett ausgelassen. Gegen Rapid haben wir ihn auch erst von der Bank gebracht, weil die Performance nicht mehr so gut war. Genau solche Erfahrungen muss ein junger Spieler aber machen. Er ist aus der Pause bei Rapid gestärkt zurückgekommen und hat dann richtig gut performt.
LAOLA1: Mit Emrehan Gedikli und Nemanja Motika habt ihr euch im Winter mit zwei Youngsters verstärkt. Was erwarten und erhoffen Sie sich von den beiden?
Mader: Die werden auch ihre Zeit brauchen, das sind blutjunge Typen, erst 19 Jahre alt. Die spielen das erste Mal Bundesliga, da darf man nicht von heute auf morgen Wunder erwarten. Die Jungs gehen durch einen Entwicklungsprozess, und wir hoffen nur, dass sie sich so schnell wie möglich entwickeln. Wenn du viel zu viel erwartest, dann brichst du die Kerle. Das möchten wir nicht. Die Zeit werden wir ihnen geben. Sie sind aber auch für ihre eigene Entwicklung verantwortlich. Je mehr sie arbeiten und je schneller sie performen, desto schneller sind sie im Team und wird auch ihre persönliche Entwicklung voranschreiten.
LAOLA1: Sie haben die beiden zumindest im Training schon beobachten können. Wie ist Ihr erster Eindruck?
Mader: Sie entsprechen genau dem, was uns Sportdirektor Alexander Schneider präsentiert hat. Emrehan ist ein typischer Box-Spieler, der nicht viele Chancen braucht, um Tore zu machen. Er hält sich am liebsten im gegnerischen Sechzehner auf. Da ist es nun unsere Aufgabe, die Bälle in den Sechzehner zu befördern. Nemanja ist ein ganz feiner Techniker. Er hat irrsinnig viel Speed, ist außerdem extrem motiviert. Da ist auf jeden Fall Qualität vorhanden, die müssen sie nun nur mehr auf den Platz bringen.
LAOLA1: Ihr ehemaliger Schützling Muhammed Cham hat sich in der Ligue 1 mittlerweile zum Leistungsträger und außerdem zum ÖFB-Teamspieler gemausert. Wie beobachten und beurteilen Sie seine Entwicklung?
Mader: Wir beobachten das natürlich, schauen uns die Spiele an. Wir bekommen auch die Infos von Alex Schneider, der auch öfters vor Ort ist. Er ist ein wahnsinnig junger Spieler, der über Lustenau den Karrieresprung geschafft hat. Ganz logisch bei so jungen Spielern, hat auch er Aufs und Abs. Im Herbst war er eine tragende Figur bei Clermont und hat sich so ins Nationalteam gespielt. Jetzt hat er wieder eine Phase, in der er viel lernen kann. Ich denke, dass er in Zukunft ein großer Name werden wird. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir solche Kreativkicker in Österreich überhaupt noch haben.
LAOLA1: Orten Sie in Ihrer Mannschaft aktuell Kandidaten, denen Sie schon bald einen ähnlichen Weg zutrauen?
Mader: Bei uns haben eigentlich alle jungen Spieler diese Möglichkeit, sie haben alle eine gute Ausbildung und kriegen bei uns die Spielzeit. Egal ob das ein Cem Türkmen oder ein Torben Rhein ist, da könnte ich viele Namen aufzählen. Anfragen für die Jungs sind aus aller Herren Länder da. Schlussendlich liegt es an jedem Einzelnen, was er aus seinem Talent macht.
LAOLA1: Ende Jänner wurde Ihr Vertrag bei Austria Lustenau bis 2024 verlängert. Wie weit planen Sie Ihre persönliche Zukunft voraus und welche Ziele verfolgen Sie aktuell auch auf persönlicher Ebene?
Mader: Das ist ganz gefährlich. Eine Vertragsverlängerung bedeutet ja nicht, dass du dann eineinhalb Jahre eine Ruhe hast und Trainer bist. Natürlich plane ich bis Sommer 2024, aber ich bin mir total bewusst, dass so eine Anstellung mitunter auch früher endet. Damit muss man rechnen, wenn man den Job als Fußballtrainer antritt. Bis Sommer 2024 mache ich mir Gedanken. Was wollen wir heuer noch erreichen? Was wollen wir nächstes Jahr in der Bundesliga erreichen? Wie schaut es im Falle eines Abstiegs aus? Das sind die Zukunftsaussichten, die ich aktuell habe. Ich freue mich aktuell einfach, dass das mit der Vertragsverlängerung geklappt hat und werde 100 Prozent für Austria Lustenau geben.