Marco Rose ist der elfte Trainer von Red Bull Salzburg, wenn Interimstrainer Thomas Letsch miteingerechnet wird.
Das Duell um die Nachfolge von Oscar hat der 40-Jährige gegen seinen Landsmann in diesem Sommer gewonnen, vor einem Jahr hatte er die sportliche Leitung der U19 von ihm übernommen und führte das Team zum sensationellen Triumph in der UEFA Youth League.
Nun versucht Rose als siebenter Trainer der Red-Bull-Ära, Salzburg via Qualifikation in die Gruppenphase der UEFA Champions League zu führen. Im Hinspiel der 3. Runde gastiert am Mittwoch (18:45 Uhr LIVE im LAOLA1-Ticker) der kroatische Double-Sieger HNK Rijeka.
Vorab hat sich LAOLA1 mit dem 65-fachen deutschen Bundesliga-Spieler, der 2013 von Lok Leipzig zur U16 von RB Salzburg kam und via U18 befördert wurde, unterhalten.
LAOLA1: Kurz nach dem Abpfiff des Endspiels in der UEFA Youth League, das Red Bull Salzburg gewann, hatten Sie plötzlich ein Handy in der Hand und telefonierten. Wer war dran?
Marco Rose: Da hatte Rene Maric (Co-Trainer, Anm.) eine gute Idee und rief Dominik Stumberger an, der sich kurz zuvor schwer verletzte und nicht dabei sein konnte. Aber ich verstand leider kein Wort. Es war wirklich eine gute Sache , aber es hat dann an der Umsetzbarkeit gehapert. (grinst)
LAOLA1: Hat Sie Dietrich Mateschitz angerufen und Ihnen zum Titel gratuliert?
Rose: Persönlich hatten wir keinen Kontakt, aber ich habe nur Positives gehört. Ich denke, er hat sich sehr gefreut, weil es ihm als Sponsor auch wichtig ist, dass im Nachwuchs etwas vorwärts geht.
LAOLA1: Mit einigen Monaten Abstand betrachtet: Was waren die Schlüssel zu diesem Triumph?
Rose: Wir hatten gute Typen in der Mannschaft, die auch die Qualität mitbrachten. Unsere Spielidee hat sicher geholfen. Auch, dass die Jungs Erfahrung im Profi-Bereich hatten. Obwohl das Thema teilweise auch sehr hoch aufgehängt wurde. Es war die Summe aus vielen Dingen und nach einigen Monaten Abstand hatte man einfach das Gefühl, dass es so sein sollte. Es gab viele kleine Gegebenheiten, die wir richtig gemacht haben und die einem im Nachhinein sagen, dass Red Bull Salzburg einfach mal dran war.
LAOLA1: Zum Beispiel?
Rose: Etwa die Kaderzusammenstellung für das Final Four. Alexander Schmidt und Patson Daka waren eigentlich nicht eingeplant, aber beide haben dort dann entscheidende Tore geschossen.
LAOLA1: Oliver Filip, der stets dabei war und PSG fast im Alleingang erledigt hatte, war wiederum nicht dabei. Offiziell wegen Matura-Vorbereitung. War das der wirkliche Grund?
Rose: Ja, weil Schule wichtig ist.
LAOLA1: Warum hat er den Sprung nicht geschafft und ist nun bei Sturm und nicht in Salzburg?
Rose: Die Luft nach oben ist bei Red Bull Salzburg besonders dünn. Oli hat es eben zu Sturm in den Profi-Kader geschafft, das ist ein guter Sprung. Und auch Sandro Ingolitsch hat gerade erst bei St. Pölten sein Liga-Debüt gegeben.
LAOLA1: Er war immerhin Kapitän bei den Endspielen in der Schweiz.
Rose: Weil er ein riesiger Typ ist. Aber für ihn hat es bei Red Bull Salzburg für ganz oben eben nicht gereicht. Dennoch genoss er eine tolle Ausbildung und hat auch viel geleistet. Wir freuen uns alle und er sich sicher auch, dass er nun in der Bundesliga spielen darf. Das habe ich den Jungs in der Akademie auch immer gesagt: Die wenigsten schaffen es überhaupt in den Profi-Bereich, aber die Salzburger Quote ist sehr hoch.
Ralf Rangnick hat mich damals aus Hannover wegkomplimentiert, aber auf eine ehrliche Art und Weise, die ich sehr geschätzt habe.
LAOLA1: Sie übernahmen vor einem Jahr die Leitung der Youth-League-Mannschaft von Thomas Letsch. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Rose: Ich denke, der Verein hatte erkannt, dass ich gute Arbeit mache und wollte mir zeigen , dass man meine Arbeit sieht und mir das zutraut. Das war der nächste Schritt für mich.
LAOLA1: Es hat sich auch für Sie ausgezahlt. Kann es für die jungen Spieler und ihre Karrieren mental ein entscheidender Vorteil sein, bereits einen europäischen Bewerb gewonnen zu haben?
Rose: Es war außergewöhnlich und wir haben auch für den österreichischen Fußball etwas erreicht. Aber wenn es um Profi-Fußball geht, sind das zwei verschiedene Paar Schuhe. Sie haben eine Duftmarke abgegeben, sie haben als Mannschaft extrem gut funktioniert. Aber oben ist es eine andere Nummer. Da geht es darum, sich international gegen viele andere durchzusetzen. Ich habe da eine Pyramide im Kopf, da wird es Richtung oben hin einfach enger. Aber sicherlich können die Jungs etwas mitnehmen, es prägt. So etwas sollte stolz machen, aber auch Ansporn zugleich sein.
LAOLA1: Wie wichtig ist Sieger-Mentalität? Ich habe gelesen, Sie haben ihren Spielern ein Video gezeigt, in dem der frühere Head Coach der New York Jets sehr prägnant verdeutlicht: "You play to win the game".
Rose: Die Idee stammte nicht von mir, aber ich fand es einfach witzig, wie lässig er das auf den Punkt bringt. Mentalität ist im Profi-Bereich ganz ein wichtiger Punkt und die Mannschaft hatte eine außergewöhnliche Mentalität, die ihr auch half, Spiele zu drehen und letztlich das Turnier zu gewinnen. Bei meiner aktuellen Mannschaft gibt es die auch, aber das entwickelt sich auch über die Saison hinweg, über Ergebnisse, über erlebte Dinge.
LAOLA1: Wann war Ihnen klar, dass Sie Trainer werden möchten?
Rose: Als Spieler. Da dachte man sich: Trainer zu sein, ist ja geil. Da musst du dich nicht mehr viel bewegen, kannst andere herumkommandieren, ein lässiger Job. Dass sich das in der Realität dann anders gestaltet, hatte man nicht auf dem Schirm (grinst). Aber ich war schon immer einer, der über den Tellerrand zu blicken versucht hat. Weniger in taktischen Dingen, mehr punkto Teamgefüge.
LAOLA1: Hat Ihnen jemand gesagt, dass Sie ein guter Trainer wären? Vielleicht Jürgen Klopp?
Rose: Ja, das war tatsächlich so, das hat er mir gesagt. Aber da lagen dann schon noch ein paar Jahre dazwischen und vor allem auch einiges an Arbeit. Ich bin froh, so wie es gekommen ist.
LAOLA1: Sie sagen selbst, Sie und Klopp seien öfters einmal zusammengekracht.
Rose: Vielleicht weil wir ähnlich strukturiert sind und ab und an etwas Jähzorn entwickelt haben. Oder bei dem einen oder anderen etwas Cholerisches mitspielte (grinst).
LAOLA1: Sie waren auch Spieler unter Ralf Rangnick. Wie haben Sie ihn erlebt?
Rose: Er hat mich damals aus Hannover wegkomplimentiert, aber auf eine ehrliche Art und Weise, die ich sehr geschätzt habe. Ich bin dann nach Mainz gegangen und hatte dort zwölf wunderbare Jahre. Es war alles gut und richtig. Er hat mich auch ab und an angerufen, wenn er nach einem Spieler gefragt hat. Der Kontakt war nie ganz weg, aber wir haben auch Jahre nichts voneinander gehört. Wenn man jemanden einmal schätzt, funktioniert das auch später immer wieder gut.
LAOLA1: Hat er Sie nach Salzburg gebracht? Schließlich spielten Sie als damaliger Trainer von Lok Leipzig auch gegen RB Leipzig?
Rose: Die Verbindung ist damals über ihn zustande gekommen, es war seine Idee.
LAOLA1: Was war der Reiz am Posten eines U16-Trainers?
Rose: Ich bin zuvor aus Mainz weg, weil es für mich nicht die Möglichkeit gab, Cheftrainer zu werden, ich aber die Pro-Lizenz machen wollte. Ich habe etwas riskiert und Lok Leipzig in der vierten Liga übernommen. Ich hatte ein tolles Jahr, habe aber auch sehr viel autodidaktisch gemacht. Ich habe viel aus dem Gefühl heraus entschieden, hatte keinen an meiner Seite, mit dem ich darüber sprechen konnte. Ich sah nur, ob die Dinge funktionieren oder nicht. Es hat ganz gut funktioniert, aber ich wollte mich weiterentwickeln, Diskussionen führen, andere Meinungen hören, in einem Team und professionell arbeiten. Das wurde mir in Salzburg geboten, auch wenn es im Nachwuchs war.
LAOLA1: Zu welchem Trainer haben Sie sich seither entwickelt?
Rose: Ich gehe meinen Weg und ich bin, wer ich bin. Das ist meine absolute und wichtigste Überzeugung, nicht irgendeine Rolle zu spielen. Nur weil ich jetzt von der U18 zu den Profis gewechselt bin, stelle ich mich nicht anders hin oder kommuniziere anders. Aber es ist schon immer wieder wichtig, sich selbst zu hinterfragen. Dafür habe ich auch ein tolles Team um mich herum. Wenn jemand anderer eine gute Idee hat, dann nehme ich die gerne auf.
LAOLA1: Sie sind der zweite Trainer nach Peter Zeidler, der in Salzburg als Trainer zu den Profis befördert wurde. Das erste Mal ging gehörig schief. Haben Sie sich darüber Gedanken gemacht, etwas anders zu machen oder sagen Sie: Das ist vergangen und ich bin ein anderer Typ?
Rose: Sie haben die Antwort schon gegeben. Aber es gibt ja auch viele Gegenbeispiele und es geht schon der Trend dahin: Mainz ist das beste Beispiel mit Jürgen Klopp, Thomas Tuchel, Martin Schmidt oder jetzt Sandro Schwarz. Es gibt für jede Konstellation positive und negative Beispiele.
Das nächste Ziel heißt nächste Runde in der Champions-League-Quali. Unabhängig davon, wie die Nummer ausgeht: Es geht weiter und wir haben weitere Ziele. Aber wir wollen in diese nächste Runde und gehen das mit allem, was wir haben, an. Wir müssen hier auch nichts in irgendeiner Form zurückhalten oder klein denken oder klein reden. Fakt ist nur: Es geht weiter.
LAOLA1: Welche Wesenszüge sind für einen Trainer wichtig?
Rose: Du hast Verantwortung und musst Entscheidungen treffen. Das können manche besser, manche schlechter. Du solltest Entscheidungen jeglicher Art kommunizieren können. Und du solltest versuchen, alle, mit denen zu zusammenarbeitest, unter einen Hut zu kriegen. Damit es in beide Richtungen funktioniert. Dass du als Trainer versuchst, die Gruppe zum Funktionieren zu bringen und auf sie eingehst, ist ein Aspekt. Der andere ist, dass du etwas zurückerwartest.
LAOLA1: Was erwarten Sie von Ihren Spielern?
Rose: Es gibt drei wichtige Grundpfeiler: Wer Profi-Sportler sein will, sollte Leistungsbereitschaft an den Tag legen. Ehrlichkeit bzw. Offenheit sind mir wichtig, sowie Disziplin. Und im Mannschaftssport kommt noch ein vierter Aspekt dazu, nämlich Teamfähigkeit.
LAOLA1: Salzburg hat eine klare Spielidee. Werden Sie sie aber HNK Rijeka anpassen?
Rose: Wir haben unsere Idee und die werden wir auf den Platz bringen. Aber wir adaptieren auch. Wir wussten, dass gegen den WAC viele lange Bälle kommen, auf das haben wir uns eingestellt. Das ist bei Rijeka genauso. Aber wir wollen aktiv sein und agieren. Zu Beginn der Saison wurde die Frage gestellt, ob wir wieder mehr Gegentore bekommen werden, weil die Verteidiger höher stehen? Das konnten wir bislang ganz gut widerlegen (15:0 nach vier Spielen, Anm.). Wir haben eine gute Grundordnung gefunden, in der sich alle wohl fühlen.
LAOLA1: Folgt aber jetzt nicht erst der erste richtige Prüfstein?
Rose: Das ist mir ehrlich gesagt zu einfach. Jedes Spiel bislang war enorm wichtig, wir haben uns ein gutes Gefühl erarbeitet. Wir wissen aber auch, Fußball ist vor allem dieser Tage extrem schnelllebig. Das nächste Ziel heißt nächste Runde in der Champions-League-Quali. Unabhängig davon, wie die Nummer ausgeht: Es geht weiter und wir haben weitere Ziele. Aber wir wollen in diese nächste Runde und gehen das mit allem, was wir haben, an. Wir müssen hier auch nichts in irgendeiner Form zurückhalten oder klein denken oder klein reden. Fakt ist nur: Es geht weiter.