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Büskens im LAOLA1-Talk: "Wir waren nie Kumpel"

"Freunderlwirtschaft"? Im LAOLA1-Interview reagiert Mike Büskens allergisch und klärt auf.

Büskens im LAOLA1-Talk:

Mit Skepsis wurde der Trainerwechsel beim SK Rapid beäugt.

Für viele Experten war Mike Büskens nicht der geeignete Kandidat für den Rekordmeister. Die einen plädierten einmal mehr für eine österreichische Lösung, für die anderen hatte der 48-jährige Deutsche noch zu wenig vorzuweisen.

„Freunderlwirtschaft“ wurde aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit mit Sportdirektor Andreas Müller zum geflügelten Wort – ein Begriff, auf den der langjährige Schalker allergisch reagiert.

„Kumpel, Kumpel…ja, Andi und ich haben zusammen gespielt, wir hatten definitiv das gleiche Ziel, Spiele zu gewinnen. (…) Aber es ist nicht so, obwohl ich ihn seit 1992 kenne, dass wir einmal privat essen gewesen wären.“

Im Exklusiv-Interview mit LAOLA1 versucht Büskens mit diesem Klischee aufzuräumen, verrät was er als Fußballromantiker von Red Bull hält, welche Gier er von seinen Spielern verlangt und den schmalen Grat zwischen Kommunikation und Streitkultur.

LAOLA1: Wie kann Österreich bisher einen Düsseldorfer „Jung“ begeistern?

Mike Büskens: Ich habe ja die Hälfte meines Lebens im Ruhrpott, sprich Gelsenkirchen verbracht. Ich hatte schon immer sehr viele Sympathien für dieses Land, weil ich meine Urlaube hier oder in Südtirol verbracht habe. Aber deshalb bin ich nicht hier, sondern weil mich die Aufgabe gereizt hat. Bei einem Verein, der über eine große Tradition verfügt, der ein neues Stadion eröffnet, der immer oben mitspielt und auch die Chance hat, Europa League zu spielen. Das macht den großen Reiz aus, mit einer jungen, talentierten Mannschaft zu arbeiten, wo viele noch am Anfang ihrer Entwicklung stehen.


>>> Hier geht es zum zweiten Teil des Interviews <<<


LAOLA1: Sie haben das Allianz-Stadion angesprochen, sind aus Deutschland große, moderne Stadien gewöhnt. Inwieweit ist es trotzdem etwas Besonderes?

Büskens: Warum trotzdem? Ich war ja auch ein paar Jahre in Fürth, da war ein Stadion für 18.000. Klar, in der Regel verfügen wir in Deutschland über viele Stadien mit höherem Fassungsvermögen, aber wir werden hier eine hohe Auslastung und große Atmosphäre haben. Das macht den Reiz aus.

LAOLA1: Woran mussten Sie sich im neuen Arbeitsumfeld am meisten gewöhnen?

Büskens: Immer noch an einzelne Begriffe, die ich mir dann übersetzen lassen muss. Das wäre zum Beispiel der „Badewaschl“ – tagtäglich kommen Begriffe, wo ich a) nachdenken muss oder b) dann noch immer keine Lösung gefunden habe, die mir dann nahegelegt wird. Bei mir musste hingegen noch keiner nachfragen, was etwas bedeutet.

LAOLA1-Redakteur Karper mit Mike Büskens

LAOLA1: Ihr Vorgänger Zoran Barisic galt als Kumpel-Typ. Wie schnell konnten Sie das Vertrauen der Spieler gewinnen?

Büskens: Das müssten die Spieler beantworten. Aber ich versuche, offen und ehrlich mit ihnen umzugehen, sie auf ihrem Weg zu begleiten. Da bist du manchmal sehr nahe dran, manchmal musst du auch in deiner Art sehr konsequent sein. Grundsätzlich bin ich für das Miteinander.

LAOLA1: Wie tickt der Mensch Mike Büskens? Gibt es einen großen Unterschied auf und abseits des Platzes?

Büskens: Der Mensch Mike Büskens legt sehr viel Wert auf Werte. Die heißen Respekt, Anstand, Pünktlichkeit - um nur einige zu nennen. Ich bin auch sehr familienbezogen, das hat für mich die höchste Bedeutung. Der Trainer in mir ist einer, der das Spiel liebt und mit Haut und Haar lebt.

LAOLA1: Malocher, Fußballromantiker,… - was trifft am ehesten auf Sie zu?

Büskens: Natürlich denke ich sehr traditionell. Wichtig ist, dass man alles reinschmeißt. Damit man sich, egal wie das Spiel ausgeht, nicht den Vorwurf gefallen lassen muss, nicht alles investiert zu haben. Ich lebe seit 24 Jahren in einem Gebiet, das für Maloche steht, wo man sich noch die Hände schmutzig machen darf, aber wo man auch sehr offen und ehrlich mit seinen Mitmenschen umgeht, auch wenn es für den Außenstehenden oftmals sehr direkt sein kann.

LAOLA1: Sehen Sie sich als Trainer alter Schule oder als innovativ mit dem Hang zur Veränderung?

Büskens: Ich bin ein Trainer, der nach vorne spielen und agieren möchte – gerade mit so einem jungen Team, das in der Lage ist, spielerisch Lösungen zu finden und ein gewisses Laufvermögen in sich trägt. Ich möchte schon auch bestimmend auftreten, gerade in den letzten beiden Dritteln des Spielfelds. Ich verlange diese Gier nach Treffern vor dem gegnerischen Tor.


ER ist ein Ziel auf Rapids Suche nach einem Sechser:


LAOLA1: Bei der EURO haben sich viele Teams hinten verschanzt und dem Gegner das Spiel überlassen. Ist das dann gegen Ihre Prinzipien?

Büskens: Es wird immer wieder Tage geben, an denen du dich vielleicht dem Druck des Gegners beugen musst. Es gibt halt diesen unbestimmten Faktor im Fußball, dass du nicht zu hundert Prozent voraussagen kannst, was in der nächsten Aktion passiert. Außerdem will auch das gegnerische Team gewinnen. Von daher kann es passieren, dass man zu einer defensiveren Haltung gezwungen wird, das ist aber nicht meine Grundabsicht. Gerade in der Bundesliga werden uns viele Teams den Ball überlassen, um selbst ihr Heil im schnellen Umschalten zu suchen.

LAOLA1: Sie haben die Mannschaft jetzt schon besser kennengelernt. Wieviel Qualität orten Sie beim vorhandenen Spielermaterial?

Büskens: Ich habe mich schon vor meiner Installierung mit dem Verein und den Spielern an sich auseinandergesetzt. Da ist mir schon aufgefallen, über wieviel fußballerische Qualität Rapid verfügt, das hat sich eigentlich bestätigt. Was wir hinkriegen müssen, ist, dass wir uns gegen die Widerstände, auf die wir immer wieder treffen werden, noch konsequenter durchsetzen. Wir wollen uns denen mit einer gewissen Robustheit stellen. Es darf nicht so sein, dass man uns den Schneid abkauft, nur weil jemand aggressiver in ein Spiel geht.

LAOLA1: Sie haben bei Ihrem Antritt betont, dass es nicht unbedingt vom System abhängt, ob 4-4-2, 4-2-3-1 oder Sonstiges.

Büskens: Es geht darum, dass man Positionen, Räume besetzt, bei Ballverlust Spieler hinter dem Ball hat, die aber auch aus dieser Position agieren, um in Ballbesitz zu kommen. Bei eigenem Angriff muss man rund um den gegnerischen Sechzehner so viele Leute postiert haben, dass man auf den ersten Ball vorbereitet ist, aber auch auf den zweiten so viel Druck geben kann, dass man jederzeit Möglichkeiten hat, um zum Abschluss zu kommen. Daher will ich das nicht alleine an einem System festmachen. Wenn wir nur mit einer tiefen Spitze spielen, brauchen wir trotzdem eine Mehrfachbesetzung. Das müssen halt dann die Mittelfeldspieler übernehmen. Wenn wir selbst nicht in Ballbesitz sind, muss unser Stürmer zum ersten Verteidiger werden. Bei zwei muss der dahinter auch die Räume verdichten und Überzahl schaffen.

LAOLA1: Das ändert aber nichts daran, dass Sie am Papier ein System vorgeben werden.

Büskens: Klar, aber das ist dann auch vielleicht abhängig von der Form des Einzelnen oder es stellt sich die Frage, wie können wir es dem Gegner am schwersten machen? Oder welche Lösungen brauchen wir, um einen Gegner zu schlagen? Ob wir ein 4-2-3-1, 4-4-2 oder 4-3-3 spielen – es geht darum, in der Offensive ein gewisses Risiko einzugehen, ein Eins-gegen-Eins aufzulösen, weil wir diese Spieler auch in unseren Reihen haben. Ich erwarte aber auch von diesen, dass sie ihre Hintermänner unterstützen.


Rapid hat große Hoffnungen in Neo-Trainer Mike Büskens:


LAOLA1: Gibt es wen, der Sie in den ersten Wochen besonders überrascht hat, der sein Potenzial besonders aufblitzen ließ?

Büskens: Da gibt es mit Sicherheit einige, aber dann hätte ich die Sorge, dass ich einen anderen vergesse. Deshalb bin ich alles in allem zufrieden, wie die Jungs auftreten, wie sie sich präsentieren. Woran wir noch ein bisschen arbeiten müssen, ist die Konsequenz, das Bewusstsein, dass jeder Zweikampf und einzelne Situationen entscheidend sein können. Wir haben in vielen Testspielen große Möglichkeiten liegengelassen, mit denen wir das Ergebnis früher in eine gute Richtung bringen und uns das Spiel leichter machen hätten können.

LAOLA1: Blieb in den letzten Wochen schon ein bisschen Zeit, mit Sportdirektor Andreas Müller in alten Zeiten zu schwelgen oder ging es nur ums Geschäft?

Büskens: Nein, gar nicht. Ich sehe einige Leute wesentlich öfter als ihn. Wenn ich ihn zwei Mal die Woche sehe, ist das schon viel. Auch im Trainingslager gab es nicht so viele Gespräche, weil er halt auch noch einige Dinge finalisieren muss und sehr viel Arbeit hat.

LAOLA1: Wie sieht trotzdem die Zusammenarbeit zweier Kumpel aus, die auf Schalke gemeinsam durch dick und dünn gegangen sind?

Büskens: Kumpel, Kumpel…ja, Andi und ich haben zusammen gespielt, wir hatten definitiv das gleiche Ziel, Spiele zu gewinnen. Andi war dann mein Chef, als er auf Schalke Assistent von Rudi Assauer wurde und ich noch Spieler war. Auch als er mich vom Amateur- zum Interimstrainer beförderte. Das sind unsere beruflichen Gemeinsamkeiten. Aber es ist nicht so, obwohl ich ihn seit 1992 kenne, dass wir einmal privat essen gewesen wären. Wir haben uns immer respektiert, wir wussten immer, dass der andere bereit ist, hundert Prozent für den Erfolg zu investieren. Aber wir hatten jetzt keine freundschaftlichen Verbindungen, dass unsere Familien gemeinsam in Urlaub gefahren sind. Ich weiß, dass man das hier immer versucht, unterzubringen, als wäre es „Kumpanei“ oder „Freunderlwirtschaft“. Aber jeder, der uns über die 24 Jahre verfolgt hat, weiß, dass wir sportlich zusammen viel erreicht haben, aber dass wir privat vollkommen unterschiedliche Interessen und wenig gemeinsam erlebt haben - wenn wir die Feiern auslassen, die es zu diversen Anlässen gab.

LAOLA1: Gut zu wissen, schließlich war das Stichwort „Freunderlwirtschaft“ für viele Kritiker des Trainerwechsels ein gefundenes Fressen.

Büskens: Nein, das passt einfach nicht. Ich weiß schon, dass man gewisse Klischees bedienen muss. Wer der Meinung ist, soll denken, was er will, da werde ich nicht dagegenreden. Aber ich weiß, wie es ist – und darum geht es am Ende des Tages.

Hier geht es weiter:

>>> Im zweiten Teil des LAOLA1-Exklusiv-Interviews lehnt Mike Büskens Red Bull ab, gelebte Streitkultur, befruchtende Denkprozesse und sein Vorhaben ohne vertragliche Sicherheit. <<<


Das Gespräch führte Alexander Karper

 

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