Als Spieler der Saison in der ADMIRAL 2. Liga war Matthias Seidl eine begehrte Transferaktie.
Lange schien es so, als würde Sturm Graz das Rennen um den offensiven Mittelfeldspieler machen. Es kam anders - Markus Katzer und Rapid setzten sich durch.
Und beglückten ihre Fans dadurch mit einer Aufwertung der Offensive, denn der 22-Jährige fühlte sich sofort wohl und wurde volley zur Verstärkung. Anpassungsschwierigkeiten scheinen ein Fremdwort für Seidl zu sein.
Im LAOLA1-Interview spricht er über seine Ankunft bei Rapid, die Eindrücke der ADMIRAL Bundesliga, das bevorstehende Duell mit seinem Ex-Klub Blau-Weiß Linz - und auch über das ÖFB-Team:
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LAOLA1: Du bist vom Start weg zu einem Upgrade in der Rapid-Offensive geworden. Hat es dich selbst überrascht, dich so schnell einzufinden?
Matthias Seidl: Überrascht nicht. Ich habe gehofft, dass es so schnell funktioniert, aber erwarten kann man so etwas nicht. Ich bin super aufgenommen worden und dadurch konnte ich mich schnell einleben. Von Anfang an war die Unterstützung da, ob jetzt in der Mannschaft oder rundherum bei Betreuern, Trainern, Medienteam. Es ist alles gut strukturiert und das gefällt mir richtig gut!
LAOLA1: Auch in der 2. Liga hast du schnell funktioniert, bist im zweiten Jahr zum Spieler der Saison geworden. Warum fällt dir eine Anpassung an ein höheres Niveau scheinbar so leicht?
Seidl: Es schaut von außen vielleicht einfach aus, aber das ist es natürlich nicht. Wie gesagt, die Mannschaft hat mich super aufgenommen. Das ist für einen Spieler schonmal sehr wichtig, damit er Leistungen bringen kann. Und wir hatten bei Blau-Weiß Linz in der 2. Liga eine sehr gute Mannschaft, die Meister geworden ist, dann ist der Sprung in die Bundesliga nicht mehr so ein großer. Aber natürlich merkt man einen Qualitätsunterschied.
"Für mich war es schon ein Vorteil, weil ich am Ende bei Red Bull nicht mehr so viel gespielt habe. Und das ist im Fußball eben das Wichtigste, vor allem in der Jugend."
LAOLA1: Welche Bereiche haben dir binnen eines Monats die größte Umstellung abverlangt?
Seidl: Alle. Das Tempo ist ein bisschen höher, die Spieler sind besser im Abschluss, in der Technik, im Passspiel, körperlich und technisch auch um das Stück besser - da hat einfach jeder was drauf. Es ist das Gesamtpaket.
LAOLA1: Zurückblickend auf die Verhandlungen: Mit welchen Ansprüchen und Erwartungen hat dich Rapid geholt? Ein Vierjahresvertrag ist auch ein ordentliches gegenseitiges Commitment.
Seidl: Ich habe einfach das Gefühl bekommen, dass sie mich wollen und auf der offensiven Mittelfeldposition wirklich Bedarf hatten. Darum bin ich richtig glücklich, dass ich mich dafür entschieden habe. In den letzten Wochen hat sich schon gezeigt, dass es der richtige Wechsel war.
LAOLA1: Im Frühjahr wurde noch berichtet - auch von uns - dass der Sommerwechsel zu Sturm Graz in trockenen Tüchern ist. Warum ist dann doch alles anders gekommen?
Seidl: Fußball ist sehr schnelllebig. Wir waren in Gesprächen mit Sturm, das stimmt. Aber im Endeffekt habe ich bei Rapid das Gefühl gehabt, dass sie mich mehr wollen. Auch von der versprochenen Position her hat es jetzt super gepasst.
LAOLA1: Dabei ist Sturm sportlich wohl einen Schritt voraus. Also war es eine bewusste Entscheidung zu diesem Umfeld und gegen die Momentaufnahme?
Seidl: Ja. Sturm macht in den letzten Jahren super Arbeit. Sportlich waren sie nah dran und der erste Verfolger von Salzburg. Aber das heißt ja nicht, dass es zukünftig weiter so sein muss. Ich glaube, dass wir bei Rapid auch eine super Mannschaft haben, die richtig Gas geben, etwas erreichen will. Und ja, wieso sollten wir in dieser Saison nicht vor Sturm sein. Oder ganz vorn…
LAOLA1: Freistöße schießt du mit dem linken und rechten Fuß gleichermaßen. Aber welcher ist denn nun der stärkere?
Seidl: Grundsätzlich bin ich Rechtsfuß, aber schon als kleines Kind hat mein Papa zu mir gesagt, dass ich auch mit links viel machen muss. Darum habe ich beide Füße sehr gut trainiert. Aber ich glaube schon, dass mein rechter Fuß noch um das Stück besser ist.
LAOLA1: Deine Entwicklung ist schon oft thematisiert worden. Nach fünf Jahren in der Akademie von Red Bull Salzburg wurdest du aussortiert, bist zurück nach Kuchl gegangen, wo du bis vor zwei Jahren Regionalliga gespielt hast. War der Weg ohne Akademie im Nachhinein sogar ein Vorteil für dich, weil über diese Schiene weniger Druck und auch ein familiäres Umfeld herrschte?
Seidl: Wie man sieht, gibt es nicht nur einen Weg, um in den Profifußball zu kommen. Für mich war es schon ein Vorteil, weil ich am Ende bei Red Bull nicht mehr so viel gespielt habe. Und das ist im Fußball eben das Wichtigste, vor allem in der Jugend. In Kuchl hatte ich mein Umfeld, in dem ich mich super wohl gefühlt habe, mit meinen Freunden Gas geben konnte und so war ich auch topmotiviert, dass es eben nur nach oben geht. In den letzten Jahren kommen immer mehr Spieler über die Regionalliga bis in die Bundesliga. Und man merkt auch, wie wichtig es ist, dass man schon früh im Erwachsenenfußball spielt.
LAOLA1: Nach den ersten Bundesliga-Eindrücken: Gibt es Bereiche, in denen du dich verbessern musst, in denen du in einer Akademie vielleicht mehr mitbekommen hättest?
Seidl: Ganz schwer zu sagen. Als Fußballer kann man in vielen Bereichen immer besser werden. Schnelligkeit, Ausdauer, Kraft, also das Körperliche, auch im Rumpfbereich, um in den Zweikämpfen zu bestehen. Der technische und taktische Bereich ebenso. Auch mit 22 Jahren kann die Technik und Taktik noch um einiges verbessert werden.
LAOLA1: Du hattest vor deiner Zeit bei Blau-Weiß Linz schon ein Probetraining bei Rapid. Was sind deine Erinnerungen daran?
Seidl: Für die zweite Mannschaft, das ist jetzt glaube ich zweieinhalb Jahre her. Da war ich vielleicht noch nicht so weit. Aber so führte es eben über Umwege gleich zur ersten Mannschaft, da sage ich auch nicht nein.
LAOLA1: Mit Fally Mayulu ist ein Mitspieler zeitgleich zu Rapid übersiedelt. Wie sehr hat auch das beim Einleben geholfen?
Seidl: Es ist immer wichtig, wenn man eine Person hat, mit der man sich gut versteht, die man ein bisschen besser kennt. Wenn du was brauchst, ist der andere immer da. Das ist schon wichtig, wenn du in ein anderes Umfeld kommst, in eine andere Stadt zu anderen Leuten. Aber wie gesagt, die Mannschaft ist super drauf und hat uns beide gut aufgenommen.
LAOLA1: Sein Stand ist etwas schwieriger als deiner, da Guido Burgstaller an vorderster Front ja gesetzt ist. Wann kann Fally "explodieren" und sich voll einbringen?
Seidl: Er hat richtig gutes Potenzial, aber hinter "Burgi" hat er es natürlich schwer. Der war letztes Jahr Torschützenkönig und ist extrem wichtig. Aber vielleicht wird er auch mal nicht spielen, vor allem jetzt haben wir doch auch englische Runden. Wie man in Linz schon länger sehen konnte, spielen Fally und ich richtig gut zusammen. Er weiß, wie er mich einsetzen kann und umgekehrt. Aber ich verstehe mich auch mit Guido sehr gut am Platz.
LAOLA1: Am Wochenende kommt es zum emotionalen ersten Aufeinandertreffen mit Blau-Weiß Linz - und auch mit Trainer Gerald Scheiblehner, dem du viel zu verdanken hast. Wie blickst du dem entgegen?
Seidl: Ich freue mich extrem, es war ja doch meine erste Profi-Station. Nicht nur des Trainers wegen, sondern auch wegen der ehemaligen Mitspieler, mit denen ich doch zwei Jahre zusammengespielt habe. Und Gerald Scheiblehner habe ich zu verdanken, dass er von Anfang an auf mich vertraut hat, die ganzen zwei Jahre lang. Sonst wäre ich sicher nicht da, wo ich jetzt bin. Es wird ein besonderes Spiel, aber ich freue mich voll auf die Partie. Da schenke ich natürlich nichts her.
LAOLA1: Du warst noch nicht oft in der Situation, gegen einen Gegner zu spielen, der dich so gut kennt. Könnte es deswegen für dich eine schwierigere Partie werden?
Seidl: Nach zwei Jahren weiß man natürlich, wie die Mitspieler auftreten. Das ist aber nicht nur ein Nachteil für mich, weil auch ich sie sehr gut kenne. Zudem spielen wir bei Rapid ja ein ganz anderes System als bei Blau-Weiß.
LAOLA1: Du warst bei Blau-Weiß Linz gegen Hartberg als Zuschauer im neuen Stadion zugegen. Wie empfindest du es?
Seidl: Man merkt schon, dass die Stimmung richtig gut ist. Die Blau-Weiß-Fans sind wie letzte Saison schon richtig laut. Ich freu mich schon richtig drauf, wenn die Fans nebeneinander beide Mannschaften anfeuern.
LAOLA1: Wie werden die Fans auf dich im neuen Trikot reagieren - vor allem, wenn du vielleicht sogar ein Tor schießen solltest? Und wirst du in diesem Fall jubeln?
Seidl: Schwer einzuschätzen, aber ich glaube nicht, dass ich mit Blau-Weiß im Schlechten auseinandergegangen bin. Im Gegenteil, wir hatten zwei super Jahre miteinander. Darum glaube ich auch, dass die Fans respektvoll mit mir umgehen werden. Ob ich jubeln würde, habe ich mir noch nicht überlegt. Aber da ich mit dem Verein und auch der Mannschaft in den zwei Jahren eine gute Verbindung aufgebaut habe, wird es wahrscheinlich kein Jubel sein.
LAOLA1: Mit wem wirst du das Trikot tauschen?
Seidl: Dadurch, dass mein Bruder (Simon Seidl, Anm.) bei Blau-Weiß spielt, bietet sich das super an. Ich hoffe, dass er Einsatzminuten bekommt. Rapid-Leiberl von mir hat er noch gar nicht. Das haben wir von Anfang an so ausgemacht, weil es das erste Duell in der Bundesliga gegeneinander wird. Das wird eine coole Erinnerung.
LAOLA1: Du warst in der ungewöhnlichen Situation, als Zweitliga-Spieler beim ÖFB-Team auf Abruf gestanden zu sein. Was hat dir das damals bedeutet?
Seidl: Richtig viel. Ich fand es auch richtig cool von Ralf Rangnick, dass er sich in der 2. Liga umschaut, Spiele anschaut und Spielern die Chance gibt, dabei zu sein. Das ist nicht gewöhnlich. Aber das soll auch noch nicht das Ende sein. Auf das arbeite ich hin, will bei Rapid meine Leistungen bringen und dann wird das mit dem Nationalteam hoffentlich bald was.
LAOLA1: Auf jeden Fall eine selbstbewusste Ansage, nachdem du dich ja gerade erst in der Bundesliga etablierst.
Seidl: Ziele kann man sich nie zu hoch stecken. Wenn man hohe Ziele hat, macht man alles, damit man sie auch erreicht, selbst wenn es vielleicht länger dauert. Im Vordergrund steht, dass ich meine Leistungen beim Verein abrufe, mich bestmöglich weiterentwickle - sportlich, taktisch und technisch. Dann kommt das Nationalteam von allein, wenn die Leistungen bei Rapid passen.