Bei Sturm tut sich immer etwas.
Nicht nur in der abgelaufenen Wintertransferzeit, die die Abgänge von Kapitän Michael Madl und Anel Hadzic mit sich brachte. Irgendetwas gibt es immer zu diskutieren.
Das weiß auch Franco Foda. „Zu so einem Klub gehört auch immer etwas Unruhe“, sagt der 49-Jährige, der 2014 für seine zweite Amtszeit als Trainer nach Graz zurückkehrte.
Beim Interview-Termin mit LAOLA1 (vor dem Abschied von Michael Madl) sprach der Deutsche über das große Talent Sandi Lovric, Fan-Proteste im Herbst und seine Zukunft in der Murstadt.
LAOLA1: Wie haben Sie die Herbstsaison bilanziert? Was muss Sturm besser machen?
Franco Foda: Wir haben insgesamt zu wenige Punkte geholt, obwohl wir sehr großen Aufwand betrieben haben. In gewissen Partien haben wir sehr gut gespielt, konnten sie aber dann nicht gewinnen, wie etwa in Salzburg. Wir müssen einfach versuchen, mehr Konstanz in unsere Leistungen zu bringen und individuelle Fehler in der Defensive abstellen. Zudem haben wir die zweitmeisten Torschüsse abgegeben, auch im Abschluss müssen wir effizienter sein. Wir wollen im Spielaufbau variabler werden, im Spiel gegen den Ball effektiver nach vorne verteidigen und das Umschaltspiel verbessern. Wir hatten im Winter Abgänge zu verzeichnen und haben im Kader auch verletzte Spieler. Wir versuchen aber, das Optimum heraus zu holen und im Mai werden wir sehen, was rauskommt.
LAOLA1: Nach dem Frühjahrsstart in Altach treffen sie zu Hause im Cup auf Salzburg, das einen neuen Trainer hat. Ist der Meister zu diesem Zeitpunkt eher zu knacken?
Foda: Ich habe mir Salzburg auch in Belek angesehen, sie haben nach wie vor den besten Kader und die meiste individuelle Klasse, auch wenn sie Martin Hinteregger abgegeben haben. Sie haben aber ein großes Repertoire an Spielern, holen Talente nach Liefering, die sich entsprechend entwickeln. Für uns ist in erster Linie die Meisterschaft wichtig, wir wollen gut in diese starten und dann werden wir im Cup alles unternehmen, um eine Runde weiterzukommen.
LAOLA1: Wer wird Meister?
Foda: Jene Mannschaft, die konstant punktet, wird am Ende ganz vorne sein. Bis jetzt war es so, dass alle Mannschaften vorne ihre Schwächeperioden hatten und so konnte sich kein Team absetzen. Ich denke, es wird spannend bleiben. Salzburg, Austria und Rapid haben aktuell die besten Karten, aber man hat auch gesehen, dass jeder jeden in dieser Liga schlagen kann. Vor zehn Jahren war das vielleicht noch anders, aber alle Mannschaften sind mittlerweile sehr gut organisiert, taktisch gut geschult, bringen die Laufarbeit mit. Jedes Spiel ist in dieser Liga schwierig zu gewinnen.
Sandi ist ein guter Spieler, aber sehr jung: Er ist 17 Jahre alt und geht noch in die Schule. Klar plane ich mit so einem Spieler, aber ich weiß, dass er in diesem Alter immer Leistungsschwankungen unterlegen ist.
LAOLA1: Was hat sich zu ihrer ersten Ära in der Bundesliga speziell verändert?
Foda: Früher sind die ganz guten Spieler noch eher in Österreich geblieben, mittlerweile wechseln die sehr guten Spieler schnell ins Ausland. Man merkt auch: Österreichische Spieler sind gefragt. Das hat auch mit dem Nationalteam zu tun, es gibt zudem viele junge Talente, die nachkommen.
LAOLA1: Eines ist Sandi Lovric. Wird er im Frühjahr auf mehr Einsatzminuten kommen?
Foda: Sandi ist ein guter Spieler, aber sehr jung: Er ist 17 Jahre alt und geht noch in die Schule. Klar plane ich mit so einem Spieler, aber ich weiß, dass er in diesem Alter immer Leistungsschwankungen unterlegen ist. Das ist so im Fußball. Man kann nicht davon ausgehen, dass er im Frühjahr 16 Spiele auf Top-Niveau spielen kann. Er wird über kurz oder lang seinen Weg machen, wenn er bereit ist, sich weiter zu entwickeln und hart an sich zu arbeiten. Das gilt für jeden jungen Spieler, nicht nur auf, sondern auch abseits des Rasens.
LAOLA1: Bei der Generalversammlung wurde die 17+8-Formel proklamiert. Was soll diese bewirken?
Foda: Im Grunde wird sich nichts verändern, wir hatten immer sehr viele junge Spieler in unserem Kader, etwa waren es im Herbst in den letzten drei Partien sieben U23-Spieler. Sturm ist eine Karriereplattform, ein Stück Ausbildungsverein für – zum einen – externe Spieler wie Marco Djuricin, der damals in seiner Entwicklung etwas stehengeblieben ist, sich bei uns entwickelt hat und den wir für gutes Geld transferieren konnten. Zum anderen sind wir immer gewillt, junge Spieler einzubauen. Aber es reicht nicht nur, jung zu sein. Sie müssen ihr Potenzial auch ausschöpfen. Manchmal ist Mentalität wichtiger als Talent. Wir haben diese Formel eben nun so dokumentiert, wonach wir im 25-Mann-Kader acht jüngere Spieler haben. Aber das war auch schon früher so. Da waren Schützenauer, Gruber, Ehmann, Lovric, Rosenberger und Schnaderbeck dabei. Das ist auch der Weg von Sturm Graz, der außer Frage steht. Es liegt an jedem Spieler selbst, ob er spielt. Man muss nur zurückblicken: Bei mir bekommen junge Spieler immer die Möglichkeit zu spielen. Florian Kainz war noch keine 18 Jahre alt, da hat er schon gegen Juventus Turin gespielt. Bei Prödl, Salmutter, Säumel, Beichler oder Jantscher war es nicht anders. Wir haben aber da auch immer externe Spieler geholt, wie etwa Gordon Schildenfeld, und ihn später transferiert.
LAOLA1: Sie haben von Mentalität gesprochen. Wo liegen hier die Probleme bei jungen Spielern?
Foda: Ich sehe eigentlich keine Probleme, aber junge Spieler kommen nach oben und glauben, sie müssen gleich spielen. Sie benötigen jedoch einen Entwicklungsprozess. Das geht nicht von heute auf morgen. Stefan Stangl hat damals bei mir in Athen mit 19 Jahren Europa League gespielt. Ich habe danach den Verein verlassen und mein Nachfolger Peter Hyballa wollte diesen Spieler nicht. Stangl ist weggegangen, aber auch er hat noch einmal zwei, drei Jahre gebraucht, um den nächsten Schritt zu tun, mitunter in Wiener Neustadt. Spieler müssen auch ein, zwei Jahre Geduld haben, um sich weiterzuentwickeln und dann ganz oben zu spielen.
Wien hat mehr Unterstützung von Stadt und Land oder vielleicht auch der Politik. Das sind Gelder, die uns dann abgehen, um an diese Mannschaften heranzukommen. Salzburg hat einen großen Investor. Wir versuchen, mit unseren Mitteln das Optimum herauszuholen.
LAOLA1: Wie haben Sie die Fan-Proteste im Herbst wahrgenommen?
Foda: Ich habe hier schon alle Höhen und Tiefen durchgemacht. Sturm Graz ist eben ein Traditionsverein mit sehr vielen Emotionen. Es wird immer viel diskutiert und man ist eigentlich nie zufrieden. Wahrscheinlich waren auch einige unzufrieden, als wir Meister geworden sind. Das ist eben so. Wichtig ist, dass wir intern klare Richtlinien haben und wissen, was wir tun. Wir wollen im Jugendbereich eine klare Spielphilosophie entwickeln, das wurde in jüngerer Vergangenheit auch sehr gut umgesetzt. Aber es gibt immer Dinge zu verbessern. Ich denke, dass der Verein gut aufgestellt ist. Wir haben keine Schulden, aber ein straffes Budget, an das wir uns halten müssen. In Wien hat man mehr Unterstützung von Stadt und Land oder vielleicht auch der Politik. Das sind Gelder, die uns dann abgehen, um an diese Mannschaften heranzukommen. Salzburg hat einen großen Investor. Wir versuchen, mit unseren Mitteln das Optimum herauszuholen. Wir wollen einen internationalen Startplatz erreichen und haben auch gezeigt, dass wir Cupsieger und Meister werden können. Das kann immer passieren, wenn alles perfekt läuft. Aber man muss auch Realist sein, denn es kann auch mal passieren, dass man ebenso Fünfter wird. Da darf man dann nicht enttäuscht sein.
LAOLA1: Was braucht es, damit Sturm wieder realistisch um den Meistertitel mitspielt?
Foda: In erster Linie Kontinuität im Spieler-Kader. Wir haben seit meiner Rückkehr vor eineinhalb Jahren immer wieder wichtige Spieler abgegeben. Wenn man solche Spieler zwei, drei Jahre halten könnte, wäre es schön. Aber das wird schwierig, weil wir eben auch eine Karriereplattform sind. Da werden die besten Spieler verkauft. So ist es nicht immer einfach, eine Mannschaft zu formieren. Es braucht auch Kontinuität im Trainer-Sektor, denn jeder hat da seine Vorstellungen und Philosophien. Vor unserem Meistertitel 2011 konnten wir das Team über zwei, drei Jahre halbwegs beisammen halten, uns punktuell verstärken und so die Meisterschaft erringen. Das wird auch nun die Aufgabe sein, dass wir mit jüngeren Spielern, die einige Zeit zusammenbleiben, sowie mit erfahreneren eine Mannschaft formt, die dazu in der Lage ist. Aber das dauert.
Wenn man so wie ich jahrelang bei diesem Verein war, dann bleibt man ein Schwarz-Weißer – für immer und ewig. Ich habe meine Rückkehr keine Sekunde bereut, auch wenn es im Herbst kritische Stimmen gab. Aber zu so einem Klub gehört auch immer etwas Unruhe.
LAOLA1: Apropos Kontinuität am Trainer-Sektor: Streben Sie eine Langzeit-Anstellung bei Sturm an?
Foda: Wie als Spieler muss man auch als Trainer Ziele haben. Man will immer dorthin, wo das Beste auf einen wartet. Ich würde lügen, wenn das bei mir anders wäre. Aber ich bin auch nicht umsonst nach Graz zurückgekommen. In Österreich kam für mich auch nur Sturm in Frage, weil ich den Verein kannte und wir ein, vielleicht kritisches, aber tolles Publikum haben. Wenn die Mannschaft gut funktioniert und sie gut spielt, sind sie alle da, das habe ich eben beim Titel miterlebt, was da in der Stadt los war. Wenn man so wie ich jahrelang bei diesem Verein war, dann bleibt man ein Schwarz-Weißer – für immer und ewig. Ich habe meine Rückkehr keine Sekunde bereut, auch wenn es im Herbst kritische Stimmen gab. Aber zu so einem Klub gehört auch immer etwas Unruhe.
LAOLA1: Ihr Vertrag läuft zwar erst 2017 aus, aber gab es schon Gespräche über eine vorzeitige Vertrags-Verlängerung?
Foda: Nein, da gibt es noch keinen Grund dazu. Das kann man am Ende des Jahres besprechen und dann hat man auch ein Gefühl, wie man miteinander zufrieden ist. Wenn dem so ist, wird man verlängern und wenn nicht, geht man auseinander.
Das Interview führte Bernhard Kastler