Gerhard Strubers Matchkader für das Bundesliga-Heimspiel seines FC Red Bull Salzburg gegen die Wiener Austria hat sich quasi von alleine nominiert.
Nur 19 fitte Spieler standen dem Neo-"Bullen"-Trainer am vergangenen Sonntag zur Verfügung, wenn man die Kooperationsspieler des FC Liefering außen vor lässt. Bis auf den dritten Torwart Jonas Krumrey wurde der 18-Mann-Kader der Mozartstädter mit genau diesen Spielern gefüllt.
Nach heutigem Stand wird sich das kommende Woche nicht mehr ausgehen. Bei der Partie gegen die Austria kamen mit Oumar Solet und Leandro Morgalla nämlich zwei weitere Spieler hinzu, die verletzt ausgewechselt werden mussten.
"Wir wissen noch nicht genau, was tatsächlich los ist, es gibt noch keine Diagnosen. Aber beim Leo (Morgalla, Anm.) hat es nicht schön ausgeschaut", verzieht Struber auf der Pressekonferenz direkt nach dem Spiel das Gesicht.
Gewissheit: Solet und Morgalla fehlen Salzburg für längere Zeit >>>
Die Verletzungsmisere, die er von seinem Vorgänger Matthias Jaissle "geerbt" haben dürfte, ist für den 46-Jährigen "schwierig hinzunehmen, aber Tatsache".
Bereits in der Vorsaison hatten die Mozartstädter mit einem schier unglaublichen Verletzungspech zu kämpfen. 15 Ausfälle, wie sie aktuell zu beklagen sind, gab es damals aber nicht zu verzeichnen.
Alle 15 aktuellen Salzburger Ausfälle im Überblick:
Spieler | Grund |
---|---|
Fernando | Rekonvaleszent nach Oberschenkelverletzung |
Nicolas Capaldo | Knöchelverletzung |
Mamady Diambou | OP nach Armbruch |
Daouda Guindo | Rekonvaleszent nach Knie-OP |
Sekou Koita | Oberschenkelprobleme |
Justin Omoregie | Rückenprobleme |
Petar Ratkov | Oberschenkelprobleme |
Luka Sucic | Rekonvaleszent nach Knie-OP |
Andreas Ulmer | Knöchelverletzung |
Aleksa Terzic | Adduktorenprobleme |
Moussa Yeo | Rückenprobleme |
Lukas Wallner | Bänderriss im Sprunggelenk |
Bryan Okoh | Schwere Oberschenkelverletzung |
Leandro Morgalla | Unbekannte Fußverletzung |
Oumar Solet | Unbekannte Knieverletzung |
Ist nur Pech an der Verletzungsmisere schuld?
Wenn man sich die verschiedenen Verletzungen ansieht, merkt man schnell, wie unterschiedlich diese sind. Ein Muster - etwa eine Vielzahl an Muskelverletzung, die eventuell auf falsche Trainingssteuerung zurückzuführen sein könnten - lässt sich aktuell nicht herauslesen.
Auch die Dauer des Ausfalls variiert stark. Während Fernando unmittelbar vor seinem Comeback steht und auch die serbischen Neuzugänge Aleksa Terzic und Petar Ratkov genau so wie Sekou Koita bald wieder zur Mannschaft stoßen könnten, ist eine Rückkehr von Schlüsselspielern wie Nicolas Capaldo oder Andreas Ulmer momentan nicht abzusehen. Luka Sucic wird hingegen langsam ans Mannschaftraining herangeführt, bei ihm wird nichts riskiert.
Struber macht als die Ursache für die vielen Verletzungen deshalb vor allem eines aus: Pech.
"Wir werden professionell mit der Situation umgehen, sie evaluieren und genau hinschauen, wie es dazu kommt. Aber die Verletzungen sind tatsächlich zu unterschiedlich und auf keinste Weise auf einen Grund zurückzuführen. Es ist einfache eine unglückliche Situation, die sich über einen längeren Zeitraum schon abspielt", nimmt der Kuchler die Salzburger Physioabteilung aus der Schussbahn.
Kommt doch noch ein neuer Innenverteidiger?
Durch die vergangene Woche dazugekommenen Ausfälle von Lukas Wallner, Bryan Okoh, Oumar Solet und Leandro Morgalla, allesamt gelernte Innenverteidiger, ist die Personaldecke in der Abwehrzentrale momentan äußerst dünn geworden - speziell, wenn man bedenkt, dass Wallner und Okoh mit Sicherheit länger ausfallen werden und Morgalla angesichts der schrecklichen Bilder seines übel umgeknickten Köchels wohl ebenso.
Somit stehen nach aktuellem Stand nur drei fitte Innenverteidiger zur Verfügung, wobei einer von ihnen, Kamil Piatkowski, den Verein gerne verlassen würde. Gibt es nun Überlegungen, transfertechnisch in der Innenverteidigung nachzubessern?
"Wir wollen nicht irgendwelche potenziellen Fenster für unsere Jungs in der Pipeline schließen."
"Jetzt ist tatsächlich eine Situation eingetroffen, wo wie die Köpfe zusammenstecken und schauen, was in der Kürze möglich wäre. Gleichzeitig wissen wir auch, dass, wenn alle fit sind, wir genug gute Jungs haben, um auch auf höchstem Level zu performen", verrät Struber.
In den nächsten Tagen will er sich mit dem Salzburger Management zusammensetzen und durchbesprechen, "wie die nächsten Schritte ausschauen könnten".
Struber will keinem Lieferinger den Weg verbauen
Allerdings warnt er davor, in Aktionismus zu verfallen. Innenverteidiger, auf die man im Notfall zurückgreifen könnte, gäbe es in Form von Lieferinger Kooperationsspielern nämlich genug, so der Kuchler:
"Wie sind in einer sehr speziellen Situation, weil wir haben auch in Liefering den einen oder anderen Innenverteidiger, der den nächsten Schritt machen soll. Also wir wollen nicht irgendwelche potenziellen Fenster für unsere Jungs in der Pipeline schließen."
Speziell Douglas Mendes, immerhin U20-Nationalspieler Brasiliens, dürfte wohl früher als gedacht den Sprung in die Kampfmannschaft tätigen, nachdem er bereits in Teilen der Vorbereitung mit dabei war.
Den Sprung schon geschafft hat Samson Baidoo. Der 19-jährige Steirer feierte bereits in der Vorsaison sein Profi-Debüt und hat eine aufregende Woche hinter sich: Am Mittwoch wurde er zur Pause des Testspiel-Highlights gegen Inter Mailand als Kapitän eingewechselt und köpfte seine "Bullen" zum zwischenzeitlichen 3:3, am Sonntag kam er gegen die Austria früh anstelle des verletzten Solet in die Partie und überzeugte erneut auf allen Ebenen.
Sonderlob für Baidoo
Die starke Defensivleistung des ÖFB-U21-Teamspielers zieht freilich Sonderlob von Struber nach sich: "Was ich sehr an ihm schätze, ist, dass er sehr verlässlich ist, dass er inhaltlich so aufgetreten ist, wie wir uns das vorstellen: Wie er durchsichert, wie er durchdeckt, wie er vordeckt, wie er seine Kopfballduelle bestreitet. Das sind alles Dinge, bei denen man das Gefühl hat, dass er mehr als reif ist, ein Starterspieler zu sein."
Der "Bullen"-Coach ist sich sicher: "Ich habe keine Zweifel, dass er in den nächsten Spielen, sollte Oumar ausfallen, eine gewichtige Rolle übernimmt. Dafür haben wir ihn."
Mit einer solchen Rolle kann sich Baidoo wenig überraschend auch selbst anfreunden: "Ich habe lange gewartet, habe an mir gearbeitet und ich glaube, das ist jetzt meine Chance zu zeigen, was ich kann. Darüber bin ich wirklich froh", so der 19-Jährige bei "Sky".
Denn eines ist auch klar: Eine Verletzungsmisere ist in Salzburg immer gleichbedeutend mit einer Chance für die jungen Nachrücker. Und diese haben in der jüngeren Vergangenheit nur selten eine solche Chance liegen gelassen.