Bei Manprit Sarkaria dauert es manchmal eben ein klein wenig länger. Erst mit 17 Jahren ist der Sohn indischer Eltern vom SC Großfeld zur Wiener Austria gekommen. Inzwischen ist der Offensivspieler 23 Jahre alt und hat in der vergangenen Runde seinen zweiten Bundesliga-Einsatz von Beginn an hinter sich gebracht.
"Ich habe lange auf meine Chance gewartet", sagt der Wiener. Dass er es kann, hat er bei den Young Violets schon zur Genüge bewiesen - 16 Tore und neun Assists stehen nach 31 Zweitliga-Einsätzen zu Buche. Nun soll es auch endlich bei den Profis klappen.
Im großen LAOLA1-Interview spricht "Mani" über seine Trainings im Wohnzimmer, seine Beziehung zu Cricket, seine Lehre als Maurer und seinen auslaufenden Vertrag.
LAOLA1: Du hast gegen Mattersburg zum ersten Mal in dieser Saison von Beginn an gespielt. Wie beurteilst du deine Leistung?
Manprit Sarkaria: Am Anfang war es ein bisschen schwer, das Tempo in der Bundesliga ist doch viel höher als in der 2. Liga. Aber ich habe mich schnell zurechtgefunden. Ich war zufrieden mit meiner Leistung. Ich wusste schon einige Tage vorher, dass ich von Beginn an spielen werde und habe mich entsprechend darauf vorbereitet.
LAOLA1: Wie erlebst du die aktuelle Situation mit den Fans?
Sarkaria: Die Austria ist eine große Familie, die Fans sind sehr wichtig für uns. Ich finde, sie sollten uns immer unterstützen, auch wenn es mal schlecht läuft. Ich verstehe aber auch, dass sie enttäuscht sind, niemand sieht seine Mannschaft gerne verlieren. Aber wir brauchen sie jetzt umso mehr!
"Von den Spielern, die von der Kampfmannschaft runterkommen, erwartet man, dass sie liefern"
LAOLA1: Bist du ein geduldiger Mensch?
Sarkaria: Ja. Ich habe lange auf diese Chance gewartet.
LAOLA1: Du bist in den ersten beiden Runden als Joker zum Einsatz gekommen und hast dann drei Monate lang bei den Young Violets gespielt. Wie schwierig war diese Situation für dich?
Sarkaria: Ich versuche immer, mein Bestes zu geben – egal ob in der ersten oder der zweiten Mannschaft. Ich habe in der zweiten Mannschaft aufgezeigt und mich selbst dafür belohnt. Jetzt durfte ich oben ran.
LAOLA1: Wie hast du die Krise bei den Young Violets erlebt?
Sarkaria: Sechs Spiele ohne Punkte – das war eine schwierige Zeit. Aber in den letzten Wochen haben wir uns zurückgekämpft und man sieht, dass wir eine spielerisch starke Mannschaft sind. Als einer der älteren Spieler in der Mannschaft versuche ich, die jüngeren mitzuziehen, damit sie nicht nachlassen. Von den Spielern, die von der Kampfmannschaft runterkommen, erwartet man, dass sie liefern.
LAOLA1: Du trainierst ja immer bei den Profis. Wie schwierig ist es da, sich dann bei den Young Violets zurechtzufinden?
Sarkaria: Man kennt sich ja aus den gemeinsamen Zeiten in der Akademie. Außerdem wird das Training so gesteuert, dass das zusammenpasst. Es ist also nicht so schwer.
LAOLA1: Kannst du dir die Krise bei den Profis erklären?
Sarkaria: Es ist nicht so unerklärlich. Das hat sich noch von der Vorsaison mitgezogen. Das ist Kopfsache. Wir müssen das überwinden.
LAOLA1: Aber es ist doch im Sommer ein neuer Trainer gekommen, dann habt ihr im Cup 9:0 gegen Köttmannsdorf gewonnen. War es dann echt nur diese Niederlage gegen Wattens zum Start, die euch psychisch so aus der Bahn geworfen hat?
Sarkaria: Das kann man so nicht sagen. WSG Tirol war als Aufsteiger richtig motiviert. So ganz kann ich es mir selbst nicht erklären. Wir versuchen, jede Woche unser Bestes zu geben.
LAOLA1: Wie gehst du selbst mit dieser Situation um? Konsumierst du in dieser Phase Medien?
Sarkaria: Ich lese vor allem auf Facebook Dinge über die Austria.
LAOLA1: Viel Positives wirst du dort in den letzten Monaten nicht gelesen haben. Nervt das?
Sarkaria: Nein, als Profi musst du damit umgehen können.
LAOLA1: Du bist 23 Jahre alt, hast bisher 21 Profi-Spiele absolviert. Warum geht es ab jetzt bergauf?
Sarkaria: Wenn ich im Training meine Leistung bringe, werde ich hoffentlich öfter spielen.
"Am Sonntag gehe ich – wenn es der Spielplan zulässt – in den Tempel"
LAOLA1: Du sagst von dir selbst, dass du „im Käfig aufgewachsen“ bist.
Sarkaria: Ich habe mit meinem Bruder immer gegen ältere Kinder gespielt, wir waren nach der Schule praktisch immer dort. Im Käfig lernst du die Technik. Das hilft mir heute noch.
LAOLA1: Deine Eltern kommen aus Indien, sind nach Österreich ausgewandert. Wie erlebst du diesen kulturellen Unterschied?
Sarkaria: Der Unterschied ist groß. Indien ist ein sehr religiöses Land, ich bin mit der Religion aufgewachsen, das ist wichtig für mich. Am Sonntag gehe ich – wenn es der Spielplan zulässt – in den Tempel. Wenn nicht, bete ich zu Hause.
LAOLA1: Fußball spielt in Indien eigentlich keine große Rolle. Was haben deine Eltern gesagt, als dein Bruder und du jeden Tag im Käfig gekickt habt?
Sarkaria: Das war kein Problem für sie. Es war ihnen lieber, dass wir draußen spielen, als dass wir daheim vor der Playstation sitzen.
LAOLA1: Ist Cricket ein Thema gewesen bei euch?
Sarkaria: Früher nicht, mittlerweile schaue ich mir aber immer wieder Matches an. Ich spiele auch manchmal mit Freunden im Käfig Cricket. Einige meiner Freunde spielen in einem Verein.
LAOLA1: Wie wichtig war deinen Eltern, dass du neben dem Fußball eine Ausbildung machst?
Sarkaria: Sehr wichtig, man braucht ein zweites Standbein. Ich bin gelernter Maurer. Ich bin zwischen dem Training in der Austria-Akademie und der Bau-Akademie in Guntramsdorf hin und her gependelt. Das war ein weiter Weg mit der Badner-Bahn, aber ich habe es durchgezogen.
LAOLA1: Du bist erst mit 17 Jahren zur Austria gekommen, hast davor bei Großfeld gespielt. Hast du damals geglaubt, dass das noch etwas mit der Profi-Karriere wird?
Sarkaria: Ich habe immer davon geträumt. Dann hatte ich ein Probetraining und ich habe es gut gemeistert. Der Kontakt ist damals über den Trainer eines Freundes entstanden, der Ralf Muhr gekannt hat – er hat das Probetraining organisiert. Ich war richtig nervös vor dem Training damals.
LAOLA1: Du warst früher meistens Stürmer, kommst jetzt eher am Flügel zum Einsatz. Was taugt dir am meisten?
Sarkaria: Das Flügelspiel – da gibt es viele 1-gegen-1- oder 2-gegen-1-Situationen, die es zu lösen gilt. Ich liebe es, zu dribbeln.
"Ronaldinho war früher meine größte Inspiration"
LAOLA1: Wie kommst du zu den Tricks, die du bei den Dribblings verwendest?
Sarkaria: Ich habe früher viele Youtube-Videos geschaut, mache das heute noch. Ronaldinho war früher meine größte Inspiration. Ich probiere die Tricks dann daheim im Wohnzimmer aus, wenn das funktioniert, übertrage ich den Trick ins Training und dann ins Match.
LAOLA1: Gibt es Dinge, an denen du gescheitert bist?
Sarkaria: Ja, ein paar Freestyle-Sachen.
LAOLA1: Im Sommer läuft dein Vertrag aus, die Austria hat eine Option. Was ist dein Plan?
Sarkaria: Darum kümmert sich mein Manager Reza Mostafaie. Er steht mit der Austria in Kontakt. Mein Wunsch ist es, mich bei der Austria durchzusetzen.
LAOLA1: Altach und Hartberg haben im Sommer angeklopft, aktuell interessiert sich ein deutscher Zweitligist für dich.
Sarkaria: Dazu kann ich nicht viel sagen. Ich konzentriere mich auf den Fußball, mein Manager kümmert sich um alles andere.