Der Kampf bis zur letzten Minute war beim FC Red Bull Salzburg wieder einmal keine Floskel.
Als der Sieg der überlegenen Qualität diesmal nicht gelingen wollte, wurde beim SV Mattersburg eben ein Sieg der Mentalität eingefahren - 2:0 dank zweier Tore von Andre Ramalho und Munas Dabbur in den Minuten 93 und 95.
"Jeder große Verein gerät immer wieder in solche Situationen und hat Spiele, die erst am Ende entschieden werden. Die glauben immer daran und geben nie auf - und so sind auch wir", jubelt Ramalho, "wir haben schon in der letzten Saison öfters am Ende ein Tor geschossen und das Spiel für uns entschieden. Klar müssen wir versuchen, ein Spiel so früh wie möglich zu entscheiden, aber wenn das nicht klappt, warum dann nicht am Ende des Spiels?"
Eine berechtigte Frage des Brasilianers, dessen Hinweis mit den großen Mannschaften vom Gegner aufgenommen wurde, denn an selbige fühlten sich die Burgenländer erinnert.
Mattersburg fühlt sich an Bayern erinnert
"Es ist ihre Mentalität, dass sie nie aufgeben. Man kennt dieses Bayern-Dusel, das kommt ja nicht von irgendwoher, auch Bayern München gibt nie auf - genauso ist es bei Salzburg. Das haben sie einfach drinnen, sie sind einfach die beste Mannschaft in Österreich. Da muss man Respekt zollen, auch wenn es aus unserer Sicht bitter ist. Wenn du ein paar Minuten über die 90 Minuten drüber bist und es steht 0:0, willst du das auch drüberbringen", meint Torhüter Markus Kuster.
Auch Patrick Salomon fühlt sich an das Bayern-Gen erinnert: "Salzburg ist da wie alle anderen großen Mannschaften in den großen Ligen, wie die Bayern oder wie Real Madrid. Die wollen das Spiel unbedingt gewinnen. Das ist natürlich Mentalität, sie waren nicht umsonst im Europa-League-Halbfinale."
Und auch Trainer Gerald Baumgartner lässt den Hinweis auf die Bayern heruntergebrochen auf die österreichische Liga stehen: "Dieser Vergleich ist sicher zulässig - erstens vom Budget, zweitens von der individuellen Qualität dieser Spieler. Sie machen kaum Ballfehler, sie versuchen den Gegner zu bespielen, bleiben geduldig, haben Riesen-Selbstvertrauen, sind im Zweikampf extrem stark. Da merkt man, dass sie in den internationalen Spielen anders gefordert werden wie in Österreich."
Junuzovic: "Hier wird nicht aufgesteckt"
Gerade wegen dieser Zweikampfstärke hätten sich seine Schützlinge in der Offensive nicht so in Szene setzen können wie erhofft. Was jedoch den Kampf in der Defensive betrifft, kann man auch dem SVM wenig vorwerfen. An der notwendigen Mentalität mangelte es auch dem Underdog nicht.
Umso erleichterter zeigten sich die "Bullen", dass sie die drei Punkte doch noch erzwingen konnten. "Ein unglaublich anstrengendes Spiel bei unglaublicher Hitze. Wir haben alles probiert: Über die Seite, durch die Mitte, diagonale Bälle, Doppelpässe, Schüsse aus der Distanz - schlussendlich haben wir uns belohnt. Auch wenn die Mattersburger uns das Leben exrem schwer gemacht haben, war es ein verdienter Sieg. Das sind dann die schönsten Siege", schildert Zlatko Junuzovic.
Auch der Neuzugang hat die Attitüde der heimischen Nummer eins, sich auch in einer solchen Hitzeschlacht nicht mit einem Remis zufrieden zu geben, längst aufgesaugt:
"Hier wird nicht aufgesteckt. Hier wird bis zum Schluss daran geglaubt - und wir haben auch immer Druck gemacht. Am Ende war es ja ein Powerplay, wie ein Handball-Spiel. Du machst einfach bis zum Schluss weiter. Wenn der Ball nicht reingeht, hast du es wenigstens probiert und alles Menschenmögliche unternommen. Natürlich ist es auch sehr viel Glück, das wissen wir auch, aber wir haben genau wie der Gegner alles gegeben."
Wieder kommt der SVM zum Last-Minute-Handkuss
Den Faktor Glück will auch Alois Höller nicht unterschätzt wissen, der zwar die Salzburger Qualität hervorstreicht, gleichzeitig aber klarstellt: "Zum Schluss kann man es mit Glück beschreiben, denn so ein Schuss aus 30 Metern, der von einer Stange zur anderen und ins Tor geht - das hat wenig mit Können zu tun. Schade um den Punkt!"
Auch Salomon meint: "Sie haben sehr oft versucht, aus der zweiten Reihe zu schießen. Nachdem fünf Versuche über die Wolken geflogen sind, geht der sechste Stange-Stange-rein. Sehr bitter!"
Besonders bitter für die Burgenländer ist, dass sie in der jüngeren Vergangenheit schon öfter zum Salzburger Last-Minute-Handkuss gekommen sind. Im Mai verloren sie das Liga-Duell in Salzburg durch einen Treffer von Gulbrandsen in der 95. Minute 0:1, vergangenen November ebenfalls in Salzburg durch späte Tore von Dabbur (87.) und Minamino (92.) mit 0:2, das Heimspiel im vergangenen September ging durch ein Haidara-Tor in Minute 92 1:2 verloren.
Dazu kommt die unglückliche Heimniederlage im Cup-Halbfinale nach Elfmeterschießen. Als Trost bleibt da nur, dass man im letzten Heimspiel im März einen 0:2-Rückstand noch in ein 2:2 verwandeln konnte.
"Salzburg ist eine Mannschaft, die immer wieder beweist, dass sie bis zur letzten Minute kämpft und Tore machen will. Das hat sie schon in den letzten Spielen gegen uns bewiesen", erinnert Kuster.
Die Erlebnisse der letzten Saison helfen
Und wie sieht es der Trainer? Marco Rose freut sich natürlich, dass sich seine Mannschaft mit einem Sieg belohnt hat, würde aber wohl speziell gegen Mattersburg auch mal einen früher fixierten Sieg nehmen:
"Es bisschen Zufall ist es schon, denn wir planen nicht, so spät zu treffen. Aber es spricht einfach auch für die Mentalität meiner Mannschaft, die Qualität hat, aber eben auch diese Mentalität. Und natürlich helfen ihr solche Erlebnisse, wie wir sie letzte Saison hatten. Möglicherweise hat man im Hinterkopf und glaubt tatsächlich in jedem Spiel wirklich bis zur letzten Minute oder letzten Sekunde daran, dass man noch treffen kann."