"Ich kann eine Kassette einlegen, es ist eh immer das Gleiche", stöhnt Fredy Bickel.
Die 1:2-Niederlage bei Sturm Graz hat den Rapid-Sportdirektor spürbar mitgenommen. Sein bester Rat an sich selbst? "Dass ich versuche, weiterhin die Ruhe zu bewahren und lieber zu Hause ausflippe, aber ja nicht vor der Mannschaft und den Medien."
Die Einrichtung in den eigenen vier Wänden sei jedoch durchaus gefährdet: "Klar, denn das kannst du ja nicht schlucken. Wenn das so weitergeht, lasse ich mir irgendwann einen Boxsack sponsern, sonst leiden meine Möbel darunter."
Das angegriffene Nervenkostüm
Nun kann man wirklich nicht behaupten, dass Bickel die Aura eines Schlägertypen versprüht, dann schon eher jene eines Pazifisten, der in sich ruht.
Die historische Talfahrt in der aktuellen Saison nagt jedoch spürbar am Nervenkostüm aller Beteiligten.
"Wir haben wieder einmal alle Statistiken gewonnen und gehen als Verlierer vom Platz. Wir müssen schnellstmöglich irgendwie ein Spiel gewinnen! Aber im Moment ist es ganz schwierig zu sagen, wie wir das machen sollen", zeigte sich Stefan Schwab nach dem Schlusspfiff in Graz verzweifelt.
Auch für Bickel hat "einmal mehr nicht die schlechtere Mannschaft verloren, sondern die unglücklichere". Das mag stimmen, ein Patentrezept, wie man sich aus dieser Dauerkrise befreien kann, hat bei den Hütteldorfern dennoch niemand auf Lager.
Warum die Rapid-Spieler Vorbilder sind
Am ehesten noch kann man sich an den zuletzt gezeigten Leistungen gegen Red Bull Salzburg und Sturm aufbauen - so macht es zumindest der Schweizer, der behauptet: "Ich habe in 25 Jahren oftmals Krisen erlebt, aber dass eine Mannschaft so zusammensteht und sich so wenig unterkriegen lässt, habe ich noch nie gesehen. Das ist das, was uns jetzt Kraft gibt."
Die Mentalität des Teams sei "wirklich das Einzige, das mich irgendwo beruhigt, auch wenn es schlimm ist, wenn man es so sagen muss. Aber du kannst dir die Spieler fast als Vorbild nehmen, denn wie die vorausgehen, ist für mich unglaublich. Daraus ziehst du auch immer wieder die Kraft: Wenn die das können, musst du es erst recht können, denn du bist dafür verantwortlich, dass du als Erster geradeaus läufst und den Kopf oben behältst."
Bezüglich "Leistungsbereitschaft, Leidenschaft, Willen und Kampf" könne der 51-Jährige seinen Spielern keine Vorwürfe machen: "Ich bin mir sicher, und das ist keine Überlebens-Parole: Wenn sie weiter solche Schläge einstecken und trotzdem immer aufstehen, dann wird sich das irgendwann wenden. Das hat die Geschichte 100 Mal gezeigt."
"Dann versuchst du es mit den verrücktesten Dingen"
Nachdem sich Rapid zuletzt für ansprechende Leistungen nicht belohnt hat, setzen die sportlichen Verantwortlichen derzeit also mehr auf Zuckerbrot als auf Peitsche. Auch Trainer Damir Canadi hatte nach der Pleite in Graz (fast) nichts zu kritisieren.
Dass die Öffentlichkeit - gerade die Offensive betreffend - die Qualitätsfrage stellt, versteht Bickel, kontert jedoch: "Wenn es nicht geht, versuchst du es mit Gewalt. Dann versuchst du es mit den verrücktesten Dingen und machst Sachen, die du sonst nicht machst. Das hat natürlich auch mit der Qualität zu tun, aber ich denke, die Qualität kommt derzeit gar nicht zum Vorschein. In solch einer Phase ziehst du meistens die schlechtere Variante vor."
Sich bereits vollends auf die letzte verbliebene Europacup-Chance via ÖFB-Cup zu konzentrieren, lehnt Bickel ab:
"Ich möchte den Cup noch nicht hervorstreichen. Wir haben auch in der Meisterschaft genügend mit uns selber zu tun. Wir sind es gegenüber dem Verein, den Fans und den Gönnern schuldig, dass wir trotzdem noch versuchen, diese Saison einigermaßen anständig abzuschließen. Wir haben jetzt ein Heimspiel, es gilt, den Fans etwas zurückzugeben. Jetzt nur noch auf den Cup zu schauen und die Saison irgendwie hinunterzuspielen und auf die neue Saison zu warten, werde ich, genau wie der Staff und der Trainer, so nicht akzeptieren."