Es gibt nur allzu oft Fußballspiele, an die kann man sich schon nach wenigen Tagen nicht mehr erinnern. Aber hin und wieder gibt es welche, die kann man Jahre später noch im Detail nacherzählen.
Das Duell zwischen dem SK Rapid und dem TSV Hartberg in der 28. Bundesliga war eines der zweitgenannten Kategorie. Es war das verrückteste Spiel der bisherigen Saison. Ein 4:3 aus Sicht der Gäste mit so unglaublich vielen Aufregern innerhalb von 90 Minuten ist nur sehr, sehr selten zu erleben. Alle Highlights im VIDEO >>>
„So ein Match habe ich noch nie erlebt. Es gibt kein Superlativ für so ein Spiel“, sagt Hartberg-Keeper Rene Swete. Für seinen Coach Markus Schopp war es „eine sehr skurrile Partie“. Rapid-Goalie Richard Strebinger findet: „So ein Spiel gibt es alle vier, fünf Jahre, wo alles gegen dich rennt.“
Die Aufreger:
Vier Eigentore in einem Spiel
Christoph Knasmüllner, Max Hofmann, Thomas Rotter und Michael Huber haben sich auf der verkehrten Seite in die Torschützenliste eingetragen. Vier Eigentore in einem einzigen Spiel gab es in der Geschichte der Bundesliga bisher noch nie.
In der gesamten Saison sind insgesamt 13 Eigentore passiert, also 30 Prozent in diesem einen Spiel. Weitere kuriose Zahlen dazu: Hartberg hat in dieser Saison bereits fünf Mal von Eigentoren profitiert - also haben sich die Gegner fast zwölf Prozent der TSV-Tore selbst geschossen. Rapid ist mit vier Treffern ins eigene Tor in der laufenden Spielzeit auf Platz eins der wenig schmeichelhaften Tabelle der Eigentor-Verursacher.
Jene, die sich wundern, seien aufgeklärt: Das ursprünglich Zakaria Sanogo zugesprochene vierte Hartberg-Tor wird von der Bundesliga nun als Eigentor von Hofmann, der den Schuss entscheidend abgelenkt hat, geführt. Der Rapid-Verteidiger ist somit der einzige Spieler in dieser Saison, der schon zwei Mal den Gegner jubeln ließ.
Hartberg hatte bis vergangenen Dienstag noch kein Eigentor am Konto und nun in zwei Duellen mit dem SCR drei Mal ins eigene Tor getroffen. Im "Hinspiel" leistete sich Goalie Rene Swete bekanntlich ein schlimmes Blackout (Video).
Die unglaubliche Effizienz
Sechs Schüsse hat Rapid abgegeben, acht Hartberg. Nachdem fünf daneben gingen, haben die Hütteldorfer de facto mit nur einem einzigen Schuss aufs Tor des Gegners drei Treffer erzielt. Hartberg hat drei Mal aufs SCR-Tor geschossen und vier Tore bejubeln dürfen.
„Wir hatten nicht nur das Glück in der Defensive, sondern auch das Glück in der Offensive“, grinst TSV-Coach Schopp. Rapid-Trainer Didi Kühbauer will sich die Kritik an den wenigen Torschüssen seines Teams nicht gefallen lassen: „Mir kommt es vor, als müssten wir in jedem Spiel 35 Torschüsse haben. Es darf nicht so sein, dass wir nach jedem Spiel darüber reden müssen, dass wir jede Halbzeit 25 Torschüsse haben müssen.“
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Schiedsrichter Christopher Jäger
Der Salzburger gewinnt in den kommenden Wochen tendenziell keine Beliebtheitspreise in Hütteldorf. Kühbauer gab sich nach dem Spiel sehr diplomatisch, als er seine Schiedsrichter-Kritik verbalisierte: „Da waren schon viele Dinge dabei, die ein bisschen eigenartig waren.“
SCR-Goalie Strebinger versteht den ersten Elfmeter nicht ganz: „Wenn ich da den Kopf hinhalte, fällt nicht nur Bolingoli aus. Ich dachte, wenn ich mit der Brust hingehe, kann Rep nur den Fuß hochreißen und es gibt gefährliches Spiel. Aber der Schiedsrichter hat es anders gesehen, das muss man akzeptieren.“ Während man über den ersten Hartberg-Elfer noch streiten kann, war der zweite eine Fehlentscheidung, als David Cancola eigentlich Marvin Potzmann an der Wade trifft und dann trotzdem einen Strafstoß zugesprochen bekommt.
Kurz vor Ende der Partie hätte Rapid dann wegen eines vermeintlichen Handspiels gerne einen Elfmeter gehabt. Kühbauer nicht mehr ganz so diplomatisch: „Wenn wir einmal einen Pfiff gekriegt hätten, wäre durchaus ein Elfer für uns drinnen gewesen. Aber es war nicht so, Elfer gab es heute nur für Hartberg.“ Rapid-Verteidiger Max Hofmann fasst sich vielmehr an die eigene Nase: „Wir dürfen das Spiel nie und nimmer verlieren, egal, welche Schiedsrichterentscheidungen da waren.“
Murgs Ausschluss
Gerade einmal neun Minuten stand Thomas Murg am Feld. Der Offensivspieler sah nach einem rüden Foul Gelb, streckte dem Schiedsrichter dann mehrmals demonstrativ den gehobenen Daumen entgegen und musste deshalb mit Gelb-Rot vom Feld.
„Das darf nicht passieren“, findet Kapitän Stefan Schwab. Kühbauer sieht es ähnlich, hat aber auch eine Erklärung parat: „Murg hat uns heute nicht geholfen. Er hat 70 Minuten zugesehen, ich glaube, da hat sich schon einiges aufgeschaut. Aber trotzdem darf ihm das nicht passieren.“ Weil der Steirer im Trikot der Wiener Gelb-Rot und nicht glatt Rot gesehen hat, ist er in der Bundesliga, nicht aber im Cup-Finale gegen Salzburg gesperrt.
Bolingolis Verletzung
Unmittelbar vor Beginn der Rapid-Viertelstunde musste Boli Bolingoli-Mbombo nach einem Foul von Zakaria Sanogo vorzeitig und unfreiwillig vom Rasen. Der Belgier wurde anschließend ins Krankenhaus gebracht, eine schlimmere Verletzung wird befürchtet.
„Die Fußwurzel ist beleidigt, ob es ein Bruch ist, kann ich nicht sagen. Es wäre ein herber Verlust für uns. Irgendwie hat das zum Spiel dazu gepasst“, berichtet Kühbauer. Schwer vorstellbar, dass der Linksverteidiger im Cup-Finale auflaufen kann.
Hartbergs Serienende
167 Tage, also fünfeinhalb Monate, hat Hartberg auf einen Sieg in der Bundesliga warten müssen. Nach dem 2:1 in Mattersburg am 11. November 2018 hat es für die Steirer 13 Mal in Folge nicht mit einem Sieg geklappt.
Die Serie ist beendet. Und wenn man so will, genau im rechten Moment. Hätten die Steirer nämlich in Hütteldorf verloren, wären sie auf den letzten Platz abgerutscht. „Im Kampf um den Klassenerhalt waren diese drei Punkte extrem wichtig“, weiß Michael Blauensteiner.
Grundsätzlich liegt Rapid dem Aufsteiger in dieser Saison. In den vier Meisterschaftsduellen konnte die Schopp-Elf sieben Punkte einfahren und damit mehr als gegen jeden anderen Bundesliga-Gegner bisher.
Kapitäne auf der Bank
Kurios: Mit Stefan Schwab und Siegfried Rasswalder mussten beiden Kapitäne zu Beginn auf der Bank Platz nehmen, beide Trainer entschieden sich zur Pause aber, ihre Spielführer einzuwechseln.
Schwab stand – sofern er nicht gesperrt oder verletzt war – in dieser Saison sonst immer in der Bundesliga-Startelf. Zum letzten Mal den Anpfiff eines Meisterschaftsspiels auf der Bank erlebte der Salzburger Mitte März 2018.
Der Stromausfall
Als ob all das noch nicht genug wäre, gab es in der Schlussphase während des Spiels im Stadion auch noch einen Stromausfall. Der Tageszeit sei Dank, war das aber kein Problem. „Ich habe es mitbekommen, aber es war hell genug, dass jeder genug gesehen hat“, sagt Hartberg-Keeper Swete.