Nein, diesmal wollte niemand wissen, ob er den eh auch so wollte.
Es war eine der denkwürdigsten Szenen des schwarz-weißen Frühjahrs, als David Schnegg im ÖFB-Cup-Viertelfinale in Salzburg den Ball im Elfmeterschießen exakt ins Kreuzeck wuchtete.
Einige Tage danach "beschwerte" sich der Tiroler, dass er nach jedem seiner Tore gefragt werde, ob er den wirklich so wollte.
Nach seinem zweiten Liga-Treffer in dieser Saison beim 2:1-Sieg des SK Sturm Graz bei der Wiener Austria erübrigte sich diese Frage, denn sein unbedrängter Kopfball nach Freistoß-Flanke von Jusuf Gazibegovic war alternativlos.
"Mir ist ziemlich wurscht, wer die Tore schießt, denn zurzeit haben wir nur Finalspiele. Wenn ich der Mannschaft helfen kann, ist es sehr gut. Wenn es wer anderes macht, passt es auch", ist es im Zeiten des Titelkampfs noch gefragter als sonst, ein Teamplayer zu sein.
Qual der Wahl
Wobei es wohl kein Zufall war, dass Schnegg auch offensiv wieder einmal angeschrieben hat. Denn der 24-Jährige zählt fraglos zu den Gewinnern von Sturm in diesem Frühjahr.
"Der Trainer gibt mir das Vertrauen. Ich versuche, es ihm so gut wie möglich zurückzuzahlen. Ich denke, ihm ist es auch am liebsten, wenn ich es mit guten Leistungen zurückzahle", vermutet Schnegg.
Davon kann man ausgehen. Denn auf der linken Abwehrseite hat Christian Ilzer das, was man gemeinhin als Qual der Wahl bezeichnet.
Im Herbst war noch Amadou Dante der Stammspieler, dem Schnegg jedoch ob der damaligen Dreifachbelastung bereits einiges an Einsatzzeit abgenommen hat. Das Frühjahr steht bislang klar im Zeichen des Tirolers.
Darum schlägt das Pendel für Schnegg aus
"Diese Konstellationen gibt es im Fußball", sagt Ilzer, "beide waren in der Vorbereitung überragend und haben gezeigt, dass sie einen absoluten Anspruch auf diese Position haben."
In den ersten beiden Frühjahrs-Matches hatte noch Dante die Nase vorne, aber mit Schnegg habe man laut Coach zunehmend gemerkt, dass "wir in der Balance der Standardsituationen eine zusätzliche Waffe kriegen. Das hat man gegen die Austria wieder gesehen, da hat er offensiv getroffen. Aber er ist natürlich auch beim Verteidigen der Standards ein wichtiger Faktor. Deshalb hat das Pendel leicht zu Gunsten von David Schnegg ausgeschlagen."
"Ich versuche, den Spielern die Situation so ehrlich wie möglich darzustellen. Es sind alle Top-Top-Profis. Es gibt ja auch auf anderen Positionen sehr schwierige Entscheidungen, wer am Spieltag den Vorzug bekommt."
Wenn ein Spieler dann in den Rhythmus komme, werde es für den anderen schwer.
"Ich versuche, den Spielern die Situation so ehrlich wie möglich darzustellen. Es sind alle Top-Top-Profis. Es gibt ja auch auf anderen Positionen sehr schwierige Entscheidungen, wer am Spieltag den Vorzug bekommt. Am Ende ist es ein ganz wichtiger Faktor, um erfolgreich zu sein, dass es nicht nur von elf, sondern von vielen Spielern getragen wird, denen bewusst ist, dass wir super Starter und super Finisher brauchen", unterstreicht Ilzer.
Logisch, dass Dante nicht gleich rausgeschmissen wird
Schnegg übersiedelte im Sommer 2022 nach einem Jahr in Italien im Bewusstsein nach Graz, dass es mit Dante einen Platzhirschen gibt:
"Dante war schon zwei Jahre länger da, hat jedes Spiel gespielt und ist halt auch ein richtig guter Linksverteidiger. Trotzdem meint jeder, du kommst und es ist ganz einfach jemanden rauszuspielen. Logisch ist, dass der Trainer auf der Seite dessen ist, mit dem er zwei Jahre lang zusammengearbeitet hat und ihn nicht von heute auf morgen rausschmeißt. Vor allem wenn es ein Linksverteidiger mit richtig viel Qualität ist."
Bevor er seinen Stammplatz verlor, regte Dante auch durchaus internationales Interesse. Schnegg meint: "Ich versuche einfach mein Bestes zu geben. Zur Zeit bin ich ein bisschen vorne, aber es kann sich schnell ändern und er ist wieder vorne."
Auch Schnegg sieht die aktuelle Eingespieltheit als großes Argument für ihn: "Man sieht, die Viererkette verteidigt richtig gut." Grinsender Nachsatz: "Wenn ich jetzt auch noch Tore und Scorer-Punkte mache, mache ich dem Trainer die Entscheidung vielleicht ein bisschen leichter."
Rückkehr als "komplett anderer Spieler"
Im Sommer 2021 übersiedelte Schnegg zu Serie-A-Verein Venezia, für den er vier Liga-Spiele bestritten hat. Im Frühjahr 2022 folgte die Leihe in die Serie B zum FC Crotone.
Die Feststellung, dass es sich ausgezahlt habe, das Auslands-Abenteuer zu Gunsten von Sturm abzubrechen, unterschreibt Schnegg auch Wording-bedingt nicht ganz.
"Ich konnte in Italien richtig viel Erfahrung sammeln, habe enorm viel gelernt - gerade im defensiven Stellungsspiel und bei taktischen Sachen. Das hilft mir jetzt. Ich bin als komplett anderer Spieler zurückgekommen."
"Ich würde es nicht 'abbrechen' nennen. Ich konnte in Italien richtig viel Erfahrung sammeln, habe enorm viel gelernt - gerade im defensiven Stellungsspiel und bei taktischen Sachen. Das hilft mir jetzt. Ich bin als komplett anderer Spieler zurückgekommen."
Bei Sturm erfolgten die nächsten Entwicklungsschritte. "In meinen Augen passiert immer alles aus einem Grund. Jetzt bin ich bei Sturm, Titel hätte ich in Italien wahrscheinlich nicht gewonnen."
Weit weg von "irgendwelchen Transfers"
Der Vertrag bei den "Schwoazen" läuft bis Sommer 2026, also fällt es Schnegg relativ einfach, die Frage, ob er noch einen Anlauf in einer Top-Liga wagen möchte, abzuwehren:
"Ich weiß, das sagt jeder Spieler, aber ich bin gerade so weit weg von irgendwelchen Transfers."
Die Begründung ist sehr einfach: "Ich fühle mich das erste Mal seit langem wieder richtig wohl bei einem Verein und komme auch regelmäßig zu meinen Einsatzzeiten. Jeder, der sich im Fußball auskennt, weiß das sehr zu schätzen. Deswegen bin ich wirklich sehr weit davon entfernt, über einen Wechsel nachzudenken."
Wobei dies auch kein Bekenntnis für alle Zeiten ist: "Ich werde nicht sagen, ich bin mein Leben lang hier. Das kann man im Fußball nie sagen. Aber ich bin sehr glücklich und weiß es bei Sturm sehr zu schätzen."
Salzburg weiter "richtig gut"
Nach dem fixierten Cupsieg hofft Sturm aktuell, den FC Red Bull Salzburg im Titelkampf noch herausfordern zu können.
Auch Schnegg setzt darauf, sich auf die eigene Leistung in den vier verbleibenden "Finalspielen" zu konzentrieren. Dann werde man sehen, was unterm Strich herauskommt.
Lediglich wie kritisch der große Kontrahent derzeit mitunter beäugt wird, will nicht ganz in seinen Kopf: "Das verstehe ich nicht. Man weiß, wie gut Salzburg ist. Sie sind auch heuer wieder richtig gut."