Ernst Dokupil ist mit schöner Regelmäßigkeit bei Heimspielen des SK Rapid im Allianz Stadion anzutreffen. Das Duell mit Sturm Graz am Sonntag lässt der Wiener aber aus - auf diesen Tag fällt sein 75. Geburtstag, und den verbringt der Jubilar lieber im Kreis seiner Familie.
"Sie besteht darauf, dass wir gemeinsam feiern, und ich habe ja keinen Vertrag mehr bei Rapid, also muss ich auch nicht hin", sagt Dokupil der APA.
Einen Vertrag bei Rapid hatte Dokupil von 1994 bis 2001. In dieser Zeit führte er die Hütteldorfer zu ihrem bisher letzten Cupsieg (1995), zum Meistertitel, ins Europacup-Finale des Cupsieger-Bewerbs und in die Champions League (jeweils 1996).
Von solchen Erfolgen ist Grün-Weiß derzeit meilenweit entfernt, und das ist laut Dokupil nicht nur auf die finanzielle Übermacht von Red Bull Salzburg zurückzuführen.
Rapids Philosophie stößt bei Dokupil auf Ablehnung
Die Rapid-Philosophie, wonach möglichst viele Eigenbauspieler zunächst bei den Profis Fuß fassen und dann hohe Ablösen bringen soll, stößt bei Dokupil auf Ablehnung. "Dieser Weg wird nicht zum Meistertitel führen, sondern nur dazu, dass man einige gute Junge rausbringt, die man dann sofort wieder verkauft."
Außerdem meint der Ex-Trainer: "Wenn man jedes Jahr versucht, die besten Spieler zu verkaufen, hat man nie eine Meistermannschaft."
Dass Rapids Vorgehensweise aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation alternativlos ist, lässt Dokupil nicht gelten. Seiner Meinung nach hätte ein stärkeres Engagement von finanzkräftigen Personen wie Roland Schmid oder Michael Tojner Abhilfe geschafft. Letzterer ist federführend in den Bau der Klub-Akademie involviert, Erstgenannter verlor im November 2019 die Rapid-Präsidentenwahl gegen Martin Bruckner und kehrte dem Verein wenige Monate später auch als Sponsor den Rücken.
Dokupil hatte sich vor der Wahl für Schmid ausgesprochen. "Dann haben sich die Mitglieder für den Weg mit den Jungen entschieden, die wollen gar nicht Meister werden. Ich glaube, mit Schmid wäre das Ziel ein anderes gewesen."
"Ultras sollten nicht bestimmen"
Zu Bruckners Wahl trug auch die organisierte Fanszene bei, zu der Dokupil schon gegen Ende seiner Amtszeit kein einfaches Verhältnis hatte. Seither sei der Einfluss der Ultras noch größer geworden, vermutete der bald 75-Jährige.
"Ultras können wertvoll im Verein mitarbeiten, aber sie sollten nicht bestimmen." Tun sie das? "Ich glaube schon", sagt Dokupil.
Durch die Entwicklungen der vergangenen Jahre ist es für den Ex-Coach nicht vorstellbar, dass Rapid an alte Erfolge anschließen kann. "So lange Red Bull bei Salzburg ist, wird Rapid keinen Titel gewinnen", prophezeit Dokupil.