Schon jetzt kann mit gutem Recht behauptet werden, dass die Bundesliga mit Nestor El Maestro wohl nicht fad werden wird.
Der neue Trainer des SK Sturm Graz besticht durch seine eigenen Ansichten, neigt zum Philosophieren und ist in vielerlei Hinsicht anders als viele seiner Kollegen.
Auch wenn der 36-jährige, in England aufgewachsene Serbe noch die eine oder andere Kader-Veränderung begrüßen würde, will er die Worte "brauchen" und "wünschen" nicht überstrapazieren.
"'Brauchen' ist ein bisschen ein unfairer Ausdruck, 'wünschen' auch. Ich würde mir eine übermächtige Mannschaft wünschen, wo ich nicht so viel machen müsste und sie von alleine gewinnt, weil sie so überzeugend ist anderen Teams gegenüber. Alle Trainer wünschen sich super Spieler", antwortet El Maestro im Gespräch mit LAOLA1 wie gewohnt auf seine ganz eigene Art und Weise, ohne auf den genauen Handlungsbedarf einzugehen.
Dafür lobt er jene zwei Neuzugänge, die bereits zum SK Sturm gestoßen sind - nämlich Thorsten Röcher und Emanuel Sakic.
"Was ich sagen kann: Von den zwei, die dazugekommen sind, obwohl es keine galaktischen Neuverpflichtungen sind, bin ich überzeugt, dass sie uns richtig weiterbringen. Wir haben bisher auch deswegen nur zwei Spieler geholt, weil wir nur solche Spieler sofort holen, von denen alle überzeugt sind, dass sie uns weiterbringen. Wenn wir noch einen finden, sind wir auf einem sehr guten Weg", verspricht der Bruder seines Co-Trainers Nikon.
Transfers? "Es wird hoffentlich noch etwas passieren"
Die Hoffnung auf die eine oder andere Veränderung hat El Maestro aber noch nicht aufgegeben. "Der Kader hat sich nicht groß verändert. Aber es wird hoffentlich noch etwas passieren."
Sowohl ein Stürmer, ein zentraler Mittelfeldspieler als auch ein Linksverteidiger würde den Blackies noch gut zu Gesicht stehen, doch der neue Trainer ist realistisch genug, um zu wissen, dass es schwierig sein wird, noch auf allen drei Positionen aufzurüsten.
Aufgrund einiger Allrounder könne man dies jedoch kompensieren. Aktuell Hoffnungen machen darf sich El Maestro ausgerechnet auf einen Ex-Schützling von Spartak Trnava. Mit Anton Sloboda trainiert seit kurzem ein 32-jähriger Slowake auf Probe bei Sturm mit, um sich für das zentrale Mittelfeld in Stellung zu bringen.
Das "Go" für einen Transfer lässt noch auf sich warten. Auch weil Sturm nicht mit Geld um sich wirft und eher einen Sparkurs beschreiten möchte. Eine Tatsache, die El Maestro laut APA in diesem Ausmaß nicht bekannt war. "Das wusste ich jetzt nicht so. Ich meine das aber nicht negativ. Es ist ein Zeichen dafür, wie seriös ein Verein geführt wird."
Neue Chance für besten Vorbereitungs-Torschützen?
Auch in puncto geplanter Abgänge scheint es eine Wende zu geben. Für Philipp Hosiner und Emeka Eze wurden bekanntlich noch keine Abnehmer gefunden, die Spieler selbst besitzen jedoch hochdotierte Verträge bei den Steirern.
Zumindest bei Hosiner scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Mit fünf Treffern war er der beste Sturm-Torschütze in der Vorbereitung. Erhält der 30-jährige Stürmer nun doch eine zweite Chance?
"Ich kann jetzt schwer darüber reden, was letzte Saison war. Als ich als Trainer angetreten bin, wurde mir von keinen Verboten erzählt. Alle Spieler sind da und alle können trainieren. Ich trainiere und zähle auf alle Spieler, die unter Vertrag stehen. Ob es jetzt eine neue oder alte Chance ist, weiß ich jetzt nicht, aber das ist für mich kein Thema gewesen. Natürlich haben alle Spieler eine Chance," macht El Maestro Hosiner bei LAOLA1 Hoffnungen.
Der Top-Torschütze der Vorbereitung gewesen zu sein, sei nicht so schlecht, "das ist aber bei unserer Vorbereitung nicht so schwer gewesen", schmunzelt der Chefbetreuer über Hosiners wiedergefundenen Torriecher.
El Maestros Trainer-Ziel: "Dann ist das schon geil"
Nicht nur Hosiner sondern die gesamte Mannschaft will er zu besseren Leistungen als im Vorjahr pushen. Dabei überrascht er damit, dass er seine Philosophie schon fast zu hundert Prozent vermittelt haben will.
"Das ist immer mein Anspruch, fast alles in einer Vorbereitung zu vermitteln. Man redet gerne darüber, dass man Zeit braucht – und das ist auch wahr. Aber in der Realität in diesem Geschäft muss man als neuer Trainer am besten sofort gewinnen und es sollte alles sofort perfekt funktionieren. Unter diesen Umständen muss man schon schauen, dann man sehr schnell sehr viel rüberbringt. Ich habe das so wie immer gemacht, so wie es am besten geht und ich bin zufrieden. Aber das heißt nicht viel, das werden wir erst in den ersten Spielen sehen", brachte El Maestro seinen neuen Schützlingen seine Ideen im Schnellverfahren nahe.
Wie er spielen lassen will und wann für ihn etwas perfekt sei, lässt er wieder in eine philosophische Abschweifung ausarten. Dies sei ein Thema, das man in einer Kneippe diskutieren könnte und "ja fast in Richtung Politik geht, wo man nur über Visionen, ideen und Zukunftspläne redet und nicht über die Tatsache, dass es immer einen Gewinner und einen Verlierer gibt."
Konkret beschreibt der Mählich-Nachfolger dann aber doch, was er so richtig geil findet bei einer funktionierenden Mannschaft: "Wenn eine Mannschaft richtig gut läuft, sich versteht, sehr gut eingespielt ist und alle Automatismen funktionieren, hat man als Trainer irgendwann das Gefühl, es läuft fast von alleine und dann ist es auch eine große Gelassenheit auf der Bank während der Spiele. Das ist mir einmal ganz gut gelungen, einmal würde ich sagen ordentlich. Aber wenn das so ist, dann ist das schon geil. Das ist so ein bisschen mein Trainer-Ziel."
Hierländer: "Werden noch viel Spaß mit dem neuen Trainer haben"
Die Spieler sind vorerst einmal begeistert. Kapitän Stefan Hierländer, der nach einer Meniskus-Operation noch ein paar Wochen für sein Comeback benötigt, lobt den neuen Übungsleister und freut sich auf alles, was kommt.
"Er ist ein sehr guter Typ! Er hat im Training viele interessante Inhalte, eine gute Ansprache. Ich bin gespannt, wie wir das umsetzen können. Wir werden sicher viel Spaß mit dem neuen Trainer haben."
Um seine Visionen umzusetzen steht diesem nach eigenem Ermessen ein Kader voller gestandener Bundesliga-Spieler zur Verfügung, die auch die nötige Erfahrung mitbringen. Die Qualitätsfrage stellt sich für ihn nicht, diese sei definitiv vorhanden, um in der Liga zu bestehen.
Obwohl der Kader jenem der Vorsaison sehr ähnlich ist, ist er überzeugt, dass viel bessere Ergebnisse möglich sind, als im vergangenen Jahr unter Mählich bzw. Heiko Vogel. Dass eine Weiterentwicklung und Verbesserung die Vorgabe ist, ist El Maestro bewusst.
Eine genaue Zielvorgabe will er sich aber nicht setzen, da Platzierungen in Graz immer unterschiedlich bewertet werden. "Aber richtig, richtig gut wäre, wenn wir uns direkt für den Europacup qualifzieren, Platz 3 würde dafür reichen. Und damit würde sich mein Vertrag verlängern."