Die Ära Wolfgang Katzian ist zu Ende, die Ära Frank Hensel hat begonnen.
Seit 2007 ist Katzian der Wiener Austria vorgestanden, weil seine neue berufliche Aufgabe als Gewerkschaftsboss seiner vollen Aufmerksamkeit bedarf, musste ein neuer Mann gefunden werden. Über 94 Prozent der rund 140 anwesenden Mitglieder (von insgesamt rund 250) haben Hensel wie erwartet zum neuen Klub-Boss gemacht.
„Das ist eine gemäht Wiese, die mir übergeben wurde“, sagt der Mann, der jahrelang Vorstandvorsitzender der REWE International war. Katzian freut dieses Kompliment. „Und das von einem Wirtschafts-Kapitän“, grinst er.
Tatsächlich hat Hensel das Schicksal der Violetten in den letzten Jahren schon aktiv mitbestimmt, saß er doch im Aufsichtsrat des Vereins. Davon, dass er jetzt an vorderster Front steht, ist er „beeindruckt“. „Ich werde mein Bestes geben, alles, was in meiner Kraft steht“, verspricht der Deutsche.
Tipico Sportwetten – Jetzt 100 € Neukundenbonus sichern!
Dass er kein Österreicher ist, darin sieht Hensel kein Problem: „Das ich Deutscher bin, ist so, daran kann ich nichts ändern. Aber ich lebe schon 15 Jahre hier in Österreich, habe die Menschen, das Land und die Austria schätzen gelernt. Wien ist nicht meine Wahlheimat oder meine zweite Heimat, es ist meine Heimat. Das gilt für mich und meine Familie.“
„Viele, die mich kennen, schätzen mich so ein, dass ich mittlerweile mehr Österreicher bin als so mancher Österreicher. Ich bringe mich als Person ein, da spielt die Geburtsurkunde weniger eine Rolle. Ich habe auch schon als Scherz gesagt: Wenn wir das nächste Mal die Champions League erreichen, können wir über einen Wechsel der Staatsbürgerschaft diskutieren“, lächelt er.
"Alleine mit wirtschaftlichem Verständnis wird es nicht gehen"
Vorstand Markus Kraetschmer beschreibt Hensel als „sehr ehrgeizig“, aber auch als „Teamplayer“. Der neue FAK-Boss selbst will sich mit seiner „Kompetenz aus der Wirtschaft einzubringen – da sehe ich noch viel Entwicklungspotenzial“.
Er erklärt: „Vieles hängt am Geld. Wir werden aber auch immer wieder überrascht, dass nicht alles am Geld hängt – das haben wir in die eine und die andere Richtung am eigenen Leib erfahren. Aber natürlich ist Geld schon wichtig. Wenn man vorangehen will, muss man investieren. Das haben wir in den letzten Jahren konsequent und intensiv getan und werden das auch in Zukunft tun.“
So sieht es auch Kraetschmer: „Wir wollen weiter wachsen, dazu brauchen wir Sponsoren, und die werden wir sicher auch im Ausland suchen und finden.“
Doch Hensel ist auch bewusst, dass ein Fußball-Klub eben nicht nur ein Unternehmen ist: „Alleine mit wirtschaftlichem Verständnis wird es nicht gehen. Fußball ist mehr – Emotion, Leidenschaft und, Gott sei Dank, und berechenbar.“
„Deshalb war es auch keine einfache Entscheidung. Die Familie hat auch gesagt: ‚Warum jetzt das? Jetzt hast du ein bisschen mehr Zeit, musst du das jetzt unbedingt machen?‘ Aber wenn man mit dem Herz dabei ist, wenn man mitleidet. Fußball ist so emotional, hat mich schon immer begeistert. Das hat am Ende überwogen. Und die vielen Fürsprachen haben ihr Übriges getan.“
Geht es nach dem gebürtigen Ostdeutschen, sollen auch die Zuschauerzahlen bei den Veilchen weiter nach oben gehen. „Mein Ziel ist, dass wir offener und attraktiver für Familien und Frauen werden. Frauen werden ein wichtiges Thema sein – die Austria unterscheidet sich da doch deutlich von anderen Vereinen, setzt auf das Thema Frauenfußball. Wir wollen diese Zielgruppe auch ins Stadion bekommen.“
"Ich bin nicht angetreten, um der Präsident in der Außenwirkung zu sein"
Nachsatz: „Bei den Zuschauereinnahmen gibt es noch viel Luft nach oben. Wir haben ein tolles Stadion, das wollen wir irgendwann mal füllen. Es ist eine Vision, dass jemand ansteht, um hier eine Karte zu kriegen.“
Während so mancher Präsident der Bundesliga-Klubs gerne Woche für Woche vor die Mikrofone tritt, um seine Befindlichkeiten kundzutun, hat sich Katzian diesbezüglich sehr zurückgehalten. Wir wird es Hensel anlegen?
„Ich bin nicht angetreten, um der Präsident in der Außenwirkung zu sein. Ich will im Verein mitarbeiten, mich einbringen. Aber sicher gehört auch der eine oder andere Auftritt dazu. Das ist aber nicht mehr vorrangiges Ziel – ich bin kein Veranstaltungs-Präsident“, sagt er.
Bleibt noch die Frage nach der Liebe. „Die erste Fußballliebe war Lok Leipzig. Dort bin ich als Kind hingegangen. Dann bin ich zwölf Mal umgezogen, da ist es schwierig, eine Liebe zu einem Verein aufzubauen. Die erste richtige Liebe ist die Austria“, hält der Mann, der ab sofort das violette Ruder in den Händen hält, fest.