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Schweitzer: Die "graue Eminenz" der SV Ried

Co-Trainer, dann Interimstrainer, ein Kreislauf für das Rieder Urgestein.

Schweitzer: Die Foto: © GEPA

Nach elf Bundesliga-Spielen ist die Amtszeit von Gerald Baumgartner als Trainer der SV Ried Geschichte (Alle Infos >>>). Der Salzburger, der gleichzeitig die Rolle als sportlicher Leiter inne hatte, betreute die Mannschaft seit Jänner 2019 in insgesamt 61 Pflichtspielen.

Der 56-Jährige, der mit den Innviertlern nach drei Jahren Zweitklassigkeit den ersehnten Aufstieg ins Oberhaus des österreichischen Fußballs geschafft hat, wird durch Co-Trainer Gerhard Schweitzer ersetzt.

Die 57-jährige "graue Eminenz" des Vereins, wie Sky-Experte Alfred Tatar seinen ehemaligen Co-Trainer erst kürzlich nannte, sitzt wiedermal als Interimstrainer im Chefsessel der Oberösterreicher.

Der Kurzzeit-Cheftrainer

Schweitzer ist ein Rieder Urgestein. 1999 übernahm der ehemalige Mittelfeldspieler die Amateur-Mannschaft der SV Ried, ehe er 2001 Co-Trainer von Tatar wurde.

Nach der Entlassung des Kult-Trainers im März 2002 übernahm Schweitzer zuerst interimistisch, dann dauerhaft das Zepter, ehe er im Mai 2003 selbst gehen musste. Ried, zum Zeitpunkt der Entlassung in der Zehner-Liga auf Rang acht, musste danach den Abstieg hinnehmen.

2006 wurde Schweitzer Co-Trainer eines anderen Mannes, den man im Vereinsfußball automatisch mit der SV Ried assoziiert, Paul Gludovatz. Gemeinsam erreichte das Duo 2007 bei der U20-Weltmeisterschaft in Kanada Rang vier mit der ÖFB-Auswahl.

Der Weg führte Schweitzer 2008 wieder zur SV Ried zurück, wo er unter Georg Zellhofer wieder als Co-Trainer installiert wurde. Der heutige Sportdirektor beim SKN St. Pölten warf aber noch vor dem Beginn der Saison 2008/09 das Handtuch, weswegen wieder Schweitzer in die Bresche springen musste und das Team beim 3:0-Auftaktsieg gegen Altach interimistisch betreute.

Nachfolger von Zellhofer wurde just Paul Gludovatz, für den Schweitzer wieder ins zweite Glied rückte.

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Mit Gludovatz ging auch Schweitzer

Nach vier erfolgreichen Jahren, in denen die Innviertler unter anderem Herbstmeister und Cup-Sieger wurden, beging Gludovatz den Fehler Sturm Graz. 2012 wurde der heute 74-Jährige bei den Steirern als Geschäftsführer Sport installiert.

Während Schweitzer nach kurzer Tätigkeit als Interimstrainer dem neuen Chefcoach Heinz Fuchsbichler assistierte, hielt sich Gludovatz nur zweieinhalb Monate in der Murstadt. Dort schmiss der Burgenländer Vereins-Legende Franco Foda, der sich zu diesem Zeitpunkt in seiner zweiten Amtszeit als Sturm-Trainer befunden hatte, raus. Stattdessen installierte der Verein Peter Hyballa, der in der Steiermark nicht besonders alt wurde.

Doch auch in Ried war nicht alles eitel Wonne, denn Fuchsbichler musste nach nur 21 Pflichtspielen wieder gehen, Schweitzer übernahm zum zweiten Mal im Kalenderjahr 2012 das Traineramt interimistisch.

Der heutige Wolfsburg-Co-Trainer Michael Angerschmidt bekleidete dann Ende 2012 das Traineramt, Gerhard Schweitzer wurde wieder Assistent. Nach der Saison 2013/14 trennten sich die Wege von Angerschmidt und den Riedern, auch Schweitzer war danach nicht mehr Co-Trainer der Innviertler.

Positionswechsel bis zum Comeback

Stattdessen übernahm er zwei Jahre lang eine Position als Scout im Verein. 2015 füllte Schweitzer zwischen August und Dezember eine Doppelrolle im Verein aus, da er wiedereinmal Co-Trainer wurde. Diesmal erneut unter dem zurückgekehrten Paul Gludovatz.

Mit dem Abgang des Burgenländers zum Saisonende 2015/16 war auch Schweitzers Zeit im Verein vorerst wieder vorbei.

Als Trainer und danach als sportlicher Leiter der Union Vöcklamarkt, ging es zurück zu den Wurzeln. Für den Verein war Schweitzer als Spieler aktiv, vor seinem ersten Engagement in Ried war er zwischen 1994 und 1998 Trainer des Vereins.

In Folge zog des den heute 57-Jährigen zur ASKÖ Oedt, wo er 2018 kurz unter dem langjährigen Ried-Manager Stefan Reiter tätig war.

Im Jänner 2019 war es dann wieder soweit, Schweitzer wagte sein zweites Comeback bei der SV Ried, wieder als Scout. Nebenbei füllte er diese Rolle auch für den israelischen Fußballverband aus, wo damals mit Trainer Andreas Herzog und Sportdirektor Willi Ruttensteiner ein rot-weiß-rotes Regime am Werk war.

Die Tätigkeiten als Scout legte Schweitzer im Sommer zurück, um wieder Co-Trainer zu werden. Diesmal nach dem erfolgreichen Aufstieg unter Gerald Baumgartner.

Machtkampf vorprogrammiert

Schnell wurde ein interner Machtkampf um den Trainerposten von außen hochstilisiert. Die beste Bewerbung gab Schweitzer, dem schon in der Vergangenheit Überlegungen in diese Richtung unterstellt wurden, in der achten Runde gegen Rapid ab. Trainer Gerald Baumgartner fehlte krankheitsbedingt, der gewohnte Ersatz übernahm.

Die Hütteldorfer reisten Ende November als Tabellenzweiter ins Innviertel, in der Hoffnung, nach einem Sieg die Tabellenführung zu übernehmen. Doch stattdessen wurde der Rekordmeister mit 4:3 Richtung Bundeshauptstadt zurückgeschickt. Der Jubel der Rieder war ausgelassen, auch im Hinblick auf die angespannte Situation im Tabellenkeller.

Alle Beteiligten wirkten merklich gelöst, mit Schweitzer einen solchen Sieg eingefahren zu haben. Doch zu diesem Zeitpunkt stellte sich niemand öffentlich gegen Baumgartner, auch Schweitzer reagierte ob des Sieges besonnen.

Einen "Schweitzer-Effekt" habe es nicht gegeben, wie das Ried-Urgestein gegenüber Sky nach dem Spiel verriet: "Das ist, glaube ich, auch respektlos gegenüber dem Trainer, der zuhause liegt und dem wir alles Gute wünschen."

Baumgartner selbst war danach in einer schwierigen Situation. Dass das Verhältnis zum Präsidium nicht immer das beste war, gilt als offenes Geheimnis. Baumgartner, der sich als sportlicher Leiter in der Saison-Vorbereitung unzufrieden über den klammen finanziellen Rahmen geäußert hatte, gab dies Anfang November, Wochen vor dem Sieg gegen Rapid, sogar selbst zu.

Baumgartner eckte an

"Ich habe eigentlich einen sehr guten Kontakt zu unserem Vorstand. Vielleicht ist der eine oder andere dabei, der nicht so der Baumgartner-Fan ist, das kann auch sein. Was so hinter meinem Rücken passiert, das weiß ich nicht. Im Endeffekt gehe ich sehr positiv an die Aufgaben heran", so Baumgartner damals gegenüber Sky.

Der Achtungserfolg der Rieder gegen Rapid war also womöglich der Anfang vom Ende für Baumgartner, vor allem mit Blick auf die Ergebnisse, die folgten. Während die "Wikinger" gegen den in der Liga schwächelnden WAC ein 1:1 holten, waren die Rieder im Oberöstereich-Derby gegen den LASK chancenlos.

Während diese Ergebnisse gegen Europacup-Teilnehmer nachvollziehbar waren, schien die 1:4-Niederlage am Samstag gegen Altach das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben. Die Vorarlberger drohten komplett auseinanderzufallen, Trainer Pastoor kritisierte seine Mannschaft vor dem Sieg heftig und schien selbst nicht mehr ganz sattelfest in seinem Stuhl zu sitzen.

So ist es nun Baumgartner, der gehen muss - im Guten, wie von allen Beteiligten betont wird. Ob Schweitzer nach mehreren "Amtszeiten" als Interimstrainer nun selbst dauerhaft das Zepter schwingen möchte, wird nur er wissen.

Fakt ist, dass der 57-Jährige nebenbei beruflich bei Lenzing tätig ist. "Die Sache ist ganz einfach. Gerhard Schweitzer kann kein Cheftrainer sein", sagte Alfred Tatar mit Verweis auf den Brotberuf Schweitzers Ende November auf Sky.

"Ein Cheftrainer ist mit seiner ganzen Person dem Fußball verpflichtet. Er kann ein super Trainer sein, was auch der Fall ist und er kann einen Cheftrainer toll unterstützen, was er gemacht hat, als der Cheftrainer nicht da war", so die Worte des Trainers, unter dem Schweitzer in der Saison 2001/02 werkte.

Bleibt abzuwarten, wie lange die "graue Eminenz" der Rieder den Chefposten übernimmt, ehe sie wieder in den Hintergrund rückt. Im letzten Spiel des Jahres gegen die WSG Tirol steht Schweitzer jedenfalls wieder im Rampenlicht.

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