"Wieder einmal", ist man verleitet zu sagen.
Nach dem 1:1 im 325. Wiener Derby stehen wieder einmal Fan-Ausschreitungen im Vordergrund. Die Austria, allen voran Wurf-Opfer Raphael Holzhauser und Thorsten Fink, fordert endlich Konsequenzen.
Zum wiederholten Male sorgten einige wenige Rapid-Fans für Negativ-Schlagzeilen. Doch weder Präsident Michael Krammer, noch Geschäftsführer Wirtschaft Christoph Peschek noch Klubservice-Leiter Andy Marek wollten sich nach dem Spiel zu den Vorfällen äußern.
Krammer, Peschek und Co. hüllen sich in Schweigen
Trotz Anfragen hüllten sich die Verantwortlichen in Schweigen und waren für keine Stellungnahme erreichbar - und das ausgerechnet in einer derartigen Situation - das zeugt nicht von großem Konfliktlösungs-Potenzial.
So war es Pressesprecher Peter Klinglmüller überlassen, die Vereinssicht der Öffentlichkeit zu schildern: "Bevor wir über den Sport reden, darf ich im Namen des SK Rapid betonen: Die Vorkomnisse, wie sie heute in der ersten Hälfte waren, mit Würfen von Bechern und anderen Gegenständen, verurteilen wir natürlich auf das Allerschärfste, das ist ein No-Go und bringt niemandem etwas. Im Gegenteil, es gefährdet die Gesundheit aller Akteure am Rasen und schadet schlussendlich am meisten unserem Verein und nach der Unterbrechung auch der Mannschaft aus sportlicher Sicht."
"Jeder Wurf, der da passiert ist, ist einer zu viel"
Becher, Feuerzeuge und auch nach Videobeweis und Aussagen einzelner Spieler wie Christoph Monschein Jägermeister-Fläschchen wurden als Wurfgeschosse missbraucht. Holzhauser trug eine Verletzung an der Schulter davon, spielte aber weiter und vermied so einen Abbruch.
Dass es so nicht weitergehen kann, schließlich gab es schon beim letzten Heimderby Rapids und in der Südstadt gegen die Admira Unterbrechungen, sind sich hoffentlich alle bewusst.
"Das sage ich wirklich im Namen des Vereins: Jeder Wurf, der da passiert ist, ist einer zu viel. Es schadet dem Verein, ist absolut zu verurteilen und wird auch, so man die einzelnen identifiziert hat, Konsequenzen geben."
Djuricin: "Ich verurteile das enorm, aber..."
Dass sich die Rapid-Verantwortlichen vorerst der Verantwortung entzogen, war ein heißdiskutiertes Thema. Prinzipiell tut sich der Verein schon seit Jahren schwer, öffentlich ein durch die eigenen Fans verursachtes Fehlverhalten zu verurteilen.
So musste sich in deren Abwesenheit auch Trainer Goran Djuricin rechtfertigen: "Ich verurteile das enorm, aber nicht die ganzen Fans. Es wäre ja unfair, wenn ich sage: Die Fans sind so und so. Es waren wahrscheinlich ein, zwei, drei Leute, das ist jedes Mal so."
Erklärungsbedarf nach "Fans dürfen sich nicht provozieren lassen"-Sager
Seine Aussage, "Fans dürfen sich nicht provozieren lassen", musste er ebenfalls klarstellen, da den Vorkommnissen diesmal keine Art von Provokation vorausgegangen ist. Das betonte auch Austria-Coach Thorsten Fink: "Von uns gab es keine Provokationen, so tritt Austria Wien auf. Das finde ich einen Unterschied zum anderen Verein."
Djuricin erklärte: "Das meine ich generell, das meiste kommt aus einer Provokation - ob es eine Gestik oder ein Lacher ist, ist ja egal. Als Fan sollte man sich von niemandem provozieren lassen, nicht von Spielern oder gegnerischen Fans. Unsere Fans sind toll, es gibt dann immer wieder einzelne Fans, die auszucken oder irgendeinen Schwachsinn so wie heute machen. Es ist sehr schade, ich hoffe, sie haben daraus jetzt endlich mal gelernt."
Djuricin verblüfft: "Fans sollen das Ganze untereinander bereinigen"
Ein Lernprozess wäre die einfachste Variante, erscheint aufgrund der mehrfachen Wiederholungen in der jüngeren Vergangenheit aber unwahrscheinlich. Auch sonst gingen verhängte Strafen und Konsequenzen ohne Läuterung an allen Beteiligten vorbei.
In dieser Hinsicht verblüfft der Chefbetreuer mit einer ganz besonderen Sichtweise und hinterlässt fragende Gesichter. Seine Aufforderung an die Fans sorgt für heftige Diskussionen, schließlich fordert er einen "Selbstreinigungsprozess" in der Fanszene.
"Vielleicht können sich die Fans das untereinander ausmachen, das Ganze untereinander bereinigen und denjenigen zur Verantwortung ziehen, dass nicht immer der Verein schuld ist. Denn der Verein kann dafür nicht sehr viel, wenn ein oder zwei schwachsinnig sind. Sie haben damit der eigenen Mannschaft geschadet. Schade", so Djuricins Wunsch.
"Deshalb appelliere ich an die Fans, regelt's das selber einmal, weil anders verstehen es die, die es waren, scheinbar nicht. Es sind 25.000 Fans da, es sind einzelne, die gehören weg, die gehören raus da. Wenn sie nicht auf den Verein oder die Funktionäre hören, müssen sie es anscheinend untereinander regeln."
Das könnte problematisch und falsch verstanden werden, eine ruhige Aussprache im aufgeheizten Fan-Lager könnte zu Unruhen in den Fan-Kreisen führen.
Welche Schritt setzt Rapid?
Wohlwissend, dass Djuricin damit eine Diskussion losgetreten haben könnte, verweist er auf die - nicht greifbaren - Verantwortlichen, die sich in weiterer Folge darum kümmern und die richtigen Schritte setzen müssen.
"Ich habe jetzt eigentlich keinen Kopf für diese Sache, es gibt Leute, die verantwortlich dafür sind. Ich muss jetzt einmal runterkommen von dem Spiel. Ich habe selber viel zu tun, Schwab hat sich verletzt, ich muss mit der Mannschaft, einzelnen Spielern noch einiges klären. Man muss mal drüber schlafen und auf jeden Fall überlegen, was man morgen tut."
Spätestens dann wird sich die Führungs-Riege nicht vor einem Statement drücken können. Konsequenzen seitens der Bundesliga sind nicht vor der übernächsten Woche zu erwarten.
Platzsturm: "Das ist leider nie ganz zu unterbinden"
Auch für den Platzsturm in der Schlussphase, der noch als krönender Abschluss einen verhängnisvollen Abend aus Rapid-Sicht abrundete.
"Bei den beiden sogenannten Flitzern ist es relativ leicht, sie zu identifizieren. Die müssen mit allen Konsequenzen rechnen, die wir aussprechen können. Das geht auch soweit, dass es natürlich auch Regressforderungen sein können. Aber, das haben wir leider immer wieder bei sehr großen Fußballspielen erlebt, ich erinnere an manche Champions-League-, WM- oder EM-Finali: Das ist leider nie ganz zu unterbinden. Es war zum Glück kein aggressives Verhalten, gehört sich aber in keinster Art und Weise", schilderte Pressechef Klinglmüller.
Gäste-Trainer Fink will das nächste Mal vorbereitet sein - auf Unterbrechungen oder ähnliche Vorkomnisse - und konnte sich mehrere Seitenhiebe auf den "Wahnsinn" in Hütteldorf nicht verkneifen.
"Das wird dann hoffentlich nicht notwendig sein", heißt es von Rapid-Seite. Dies wird aber nur möglich sein, wenn Konsequenzen ergriffen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.