Doch nicht alles beim Alten in der Bundesliga, wie man nach der 1. Runde mutmaßen konnte?
Ungewohnt ist jedenfalls, dass der FC Red Bull Salzburg schon früh in der Saison Ursachenforschung nach einer Niederlage betreiben muss.
Denn in den vergangenen Jahren war der Serienmeister in der Frühphase der Saison auch stets Seriensieger.
2018/19 und 2021/22 startete man mit zehn Siegen in Folge, 2019/20 mit deren sieben, 2020/21 immerhin auch noch mit sechs.
Das 1:2 beim SK Sturm Graz verhindert nicht nur einen Start-Ziel-Sieg der Mozartstädter in dieser Saison, sondern war auch die zweite Liga-Niederlage in diesem Kalenderjahr - beide Male zog man in Graz-Liebenau den Kürzeren.
Die letzte Juli-Pleite passierte den "Bullen" übrigens 2016, und das ebenfalls bei Sturm, als die Elf des damaligen Trainers Oscar Garcia beim Saison-Auftakt gegen von Franco Foda betreute Steirer 1:3 verlor.
Meisterschaft kein Selbstläufer
Ob die aktuelle Niederlage der berühmte Schuss vor den Bug war? Dies werde sich laut Trainer Matthias Jaissle in den kommenden Wochen zeigen.
"Ich habe ja schon öfter betont, dass die Meisterschaft in dieser Saison durch den erneuten Umbruch kein Selbstläufer wird", betont der Coach.
"Auch die Vorbereitung war so, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt einfach noch nicht bei 100 Prozent sind. Dessen waren wir uns bewusst", so Jaissle weiter.
Die fehlenden Grundtugenden
Dennoch ist der 34-Jährige überzeugt, dass man bereit gewesen wäre, Sturm zu schlagen oder wenigstens mehr Paroli zu bieten. Zumindest in der Theorie.
In der Praxis ließ Salzburg die "Grundtugenden" vermissen. Zumindest landete Jaissle in der Nachbetrachtung immer wieder bei diesem Begriff.
"Da müssen wir uns an die eigene Nase packen, Sturm Graz hat das besser auf den Rasen gebracht. Das ist unnötig und ärgert mich auch. Das war kein gutes Spiel unserer Mannschaft", verdeutlicht der Coach.
Wöber: "Sturm hat uns die Schneid abgekauft"
"Was Sturm Graz über 90 Minuten gezeigt hat, sind normal unsere Stärken - die Grundtugenden kämpfen, beißen und laufen. Der schöne Fußball kommt dann automatisch. Diese Grundtugenden haben wir nicht auf den Platz gebracht und deshalb verdient verloren", vermisst auch Maximilian Wöber in dieser Partie das Grundsätzliche.
Das selbstkritische Urteil des Verteidigers: "Dass wir uns das erste Tor selber schießen, wissen wir. Dass auch sonst einige Situationen dabei waren, in denen wir nicht konsequent verteidigen, wissen wir auch. Dass von vorne bis hinten nicht viel zusammengepasst hat, hat jeder gesehen."
Solch ein kollektives Blackout leisten sich die "Bullen" selten. Warum diesmal nur wenig klappte?
Wöber: "Es schreibt sich dann immer so einfach nach der Art, die Spieler wollten nicht oder die Mentalität hat gefehlt. Ich denke, dass das bei uns grundsätzlich nicht der Fall ist. Wir sind normalerweise eine Mannschaft, die immer hungrig ist, immer will. Ich denke, dass das auch gegen Sturm nicht unbedingt das Problem war. Jeder wollte diese Partie gewinnen. Aber Sturm hat uns dann einfach die Schneid abgekauft. Mit jedem Zweikampf, den wir verloren haben, sind wir noch weiter zurückgewichen."
Jaissle vertraut Köhn weiter
Sinnbildlich ist das unglückliche Zusammenwirken von Innenverteidiger Bernardo und Goalie Philipp Köhn beim 0:1.
"Man braucht nicht drum herumreden, ich sehe dabei schlecht aus. Ich nehme den Fehler auf meine Kappe", sagt der Schlussmann und will Bernardo für den Rückpass nicht die Schuld in die Schuhe schieben.
Zur Erinnerung: Nach einer eher unsicheren Leistung beim Saison-Auftakt der Vorsaison in Graz verlor Nico Mantl trotz 3:1-Erfolgs seinen Platz im Tor an Köhn.
Der aktuellen Nummer eins droht dieses Schicksal laut Jaissle nicht: "Wir schenken Philipp das Vertrauen, er hat über lange Zeit gute Leistungen gebracht. Deswegen gibt es nichts in Frage zu stellen."
Jaissle: "Da mache ich nicht mit!"
Auch Wöber betont, dass Fehler "absolut menschlich" seien. Gerade wenn einer Mannschaft sonst eher wenige Fehler passieren, muss man selbige wohl auch einmal verzeihen können.
"Wir brauchen nicht mit den Finger auf jemanden zu zeigen oder irgendjemandem vorwerfen, er sei nicht konzentriert genug. Das kommt vor, das passiert den besten Spielern der Welt", stellt der ÖFB-Teamspieler klar.
Wie man in Salzburg tendenziell generell nur die Ruhe bewahren muss. Ein Umfaller ist unterm Strich zu wenig, um Grundsätzliches in Frage zu stellen.
Das tut Jaissle auch nicht: "Letzte Woche wurden wir in den Himmel gelobt, unter der Woche nach dem Sieg gegen Liverpool auch. Und jetzt ist alles schlecht? Da mache ich nicht mit! Aber natürlich haben wir noch das eine oder andere Thema, das wir ganz bewusst angehen müssen, damit wir in den nächsten Wochen besser auftreten."
Wie bringt man sich in den Zustand, um zu performen?
Das wenig clevere Verhalten gegen das Pressing Sturms wird ebenso ein Thema sein wie - richtig - die Grundtugenden. Denn den Verdacht, dass ein Highlight-Test gegen Liverpool seine Schützlinge mehr reizen würde als die Hausmannskost in der Bundesliga, will der Deutsche erst gar nicht aufkommen lassen.
"Es ist ganz individuell, wie sich jeder Spieler in den Zustand bringt, um an so einem Abend vor so einer geilen Kulisse zu performen. Da muss man jeden einzelnen Spieler fragen, warum er es nicht geschafft hat. Ich glaube, dass viele Faktoren eine Rolle spielen", so Jaissle.
Mangels Europacup-Quali-Spielen kann der Salzburg-Coach derzeit unter der Woche in Ruhe an der einen oder anderen Problematik arbeiten.
Wobei: "Ich bin ein großer Freund von vielen Spielen, weil es für mich eine Belohnung ist, wenn man unter der Woche spielen darf. Mit dem Wort Doppelbelastung tue ich mir immer schwer. Warum spielen die Jungs Fußball? Um Spiele auszutragen. Aber wir werden mit Sicherheit im Training in den nächsten Wochen das eine oder andere nachjustieren."