Jan Aage Fjörtoft ist dieser Tage viel unterwegs.
Am vergangenen Wochenende war der Norweger für den nordischen Streamingdienst "Viaplay" in der Premier League im Einsatz. Am Samstag schaute er Landsmann Erling Haaland beim Heimspiel von Manchester City gegen Fulham auf die Beine, am Sonntag war er beim Londoner Derby Chelsea gegen Arsenal und bei Tottenham gegen Liverpool im Einsatz.
Davor bejubelte er den Achtelfinal-Einzug "seiner" Eintracht aus Frankfurt in der UEFA Champions League im "Sky"-Studio frenetisch. Am Donnerstag legte er einen Zwischenstopp in Wien ein. Der Grund: Ein ServusTV-Event vor der Weltmeisterschaft 2022 in Katar.
Für den Salzburger TV-Sender ist der frühere Stürmer nicht nur in der "Königsklasse" als Experte im Einsatz, sondern auch für die kommende Endrunde im Wüstenstaat - wenngleich er seine Expertisen nicht vor Ort, sondern aus dem Studio in Salzburg abgeben wird.
Fjörtoft immer noch tief mit Rapid verbunden
Doch in Österreichs Bundeshauptstadt angekommen, fühlte sich der 55-Jährige sofort pudelwohl. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Fjörtoft Wien vier Jahre lang seine Heimat nennen durfte. Von 1989 bis 1993 schnürte er für den SK Rapid die Fußballschuhe, machte sich mit 92 Toren aus 162 Spielen zur Grün-Weißen Legende.
Auf dem Weg zum Hotel Grand Ferdinand am Schubertring in der Wiener Innenstadt kommen beim Fußball-Nerd, wie er sich selbst bezeichnet, alte Erinnerungen hoch.
"Ich habe mich auf dem Weg hierher gefreut. Vor 33 Jahren bin ich mit meinem Vermittler, Norbert Kraft aus Linz, diese Straße auf dem Weg zum Hanappi-Stadion gefahren, ein fantastisch schöner Tag", blickt er im Interview auf seine Ankunft bei seiner "Jugendliebe" zurück.
"Salzburg ist so weit weg von Rapid"
"Es ist schwierig, ständig mit Salzburg verglichen zu werden."
Neben seinen Experten-Tätigkeiten bei den diversesten TV-Stationen hat Fjörtoft die Geschehnisse in Wien-Hütteldorf nach wie vor genau im Blick. "Ich verfolge die Situation bei Rapid", sagt der Norweger. "Ich habe Freunde, die mich über verschiedene Sachen informieren, was bei Rapid los ist."
Er habe beim SCR eine fantastische Zeit gehabt, verfolge immer die Ergebnisse und Ereignisse rund um den Klub. Daher hat er natürlich mitbekommen, dass beim Rekordmeister ein neues Präsidium vor der Tür steht.
Die Liste rund um Präsidentschaftskandidat Alexander Wrabetz tritt bei der ordentlichen Hauptversammlung am 26. November zur Wahl an. Sollte nichts schief gehen, will der ehemalige ORF-Generaldirektor u.a. gemeinsam mit den Rapid-Legenden Michael Hatz und Steffen Hofmann "rasch auf die sportliche Erfolgskurve kommen."
Dass man es zukünftig wieder mit dem Bundesliga-Krösus Red Bull Salzburg aufnehmen will, sieht Fjörtoft an und für sich als wichtig an. Aber: "Es ist schwierig, ständig mit Salzburg verglichen zu werden. Salzburg ist so weit weg von Rapid", stellt der Experte klar.
Das kann Rapid von Salzburg lernen
Was man von den "Bullen" lernen könne, "ist wie man gut arbeitet. Gut arbeiten kostet nichts", betont Fjörtoft, der in der Vergangenheit die Arbeit der Verantwortlichen in der Mozartstadt hoch lobte (HIER nachlesen >>>).
"Es ist wichtig für Rapid, eine Identität zu haben. Wer ist Rapid? Rapid kann keine Kopie von Red Bull Salzburg sein. Es muss Rapid sein."
Aufgrund der budgetären Mittel, die dem mittlerweile mehrfachen Champions-League-Starter zur Verfügung stehen, hinkt für viele der Vergleich zwischen Salzburg und Rapid aber.
Für Fjörtoft nur eine Ausrede: "Es ist immer einfach zu sagen, man kann sich nicht mit Red Bull vergleichen. Man könne sich nicht mit ihnen wegen der Ablösesummen, die sie generieren, vergleichen. Ja, das verstehe ich. Aber zu lernen, wie man gut arbeitet, das kostet nichts. Das heißt, die Kleinigkeiten gut zu machen."
Die Identifikationswerte fehlen: "Wer ist Rapid?"
Der Rapid-Legende fehlen aktuell zudem die Identifikationswerte.
"Bei jedem Verein, wo ich war, aber vor allem bei Rapid, habe ich viel gelernt. Ich habe die Geschichte vom Verein so stark gelernt, die Identifikation vom Verein - ein Arbeiterverein, der größte Verein damals in Österreich. Jeder, außer die Fans von Austria Wien, hatte ein Verhältnis zu Rapid Wien."
"Es ist wichtig für Rapid, eine Identität zu haben. Wer ist Rapid? Rapid kann keine Kopie von Red Bull Salzburg sein. Es muss Rapid sein. Man hat seine Geschichte, auf die man sehr stolz sein kann", betont Fjörtoft, der eine Anekdote von seiner Ankunft bei Rapid erzählt.
"Kurz bevor ich hierher kam, ist Franz "Bimbo" Binder verstorben. Eine absolute Rapid-Legende. Dann bin ich gekommen und sein Sohn (Franz Binder jr., Anm.) war der Sekretär von Rapid. Ich habe eine Wohnung in Mauerbach bekommen, aber hatte keine Sachen dabei. Ich habe gerade einmal ein paar Unterhosen dabei gehabt", lacht Fjörtoft.
Daraufhin schlug Franz Binder jr. vor, gemeinsam mit dem Neuzugang zu seiner Mutter ins Elternhaus zu fahren. "Wir sind zum Haus gegangen und ich habe eine Rapid-Bettwäsche bekommen", erinnert er sich. "Mein erstes Training war dann mit Hans Krankl als Trainer. Ich habe die Rapid-Geschichte in der ersten Nacht verstanden."