Seit einem Jahr fungiert der ehemalige Top-Schiedsrichter Viktor Kassai als ÖFB-Schiedsrichter-Chef. Angetreten hatte er das Amt des "Technical Directors" mit dem Ziel, die heimischen Fußball-Referees besser zu machen.
Das erste Zwischenzeugnis nach der Saison 2023/24 fällt durchwegs positiv aus. "In Österreich bewegt sich etwas. Darauf müssen wir aufbauen, um in einigen Jahren eine Rolle im internationalen Schiedsrichterwesen zu spielen", sagte Kassai im ÖFB-Interview.
Um dieses Bestreben zu erreichen, legte der Ungar bei seinem Amtsantritt eine "ganz klare Linie" fest, die von Anfang an umgesetzt werden sollte. Dies passiere aber nicht von einem Tag auf den anderen, sondern sei ein Prozess.
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Dieser habe bereits erste Erfolge gebracht: Im Vergleich zur Herbstsaison seien im Frühjahr die Fehlentscheidungen reduziert worden. Kassai führte dies auf "intensive Schulungsmaßnahmen" zurück, die nach gründlicher Analyse fokussiert wurden.
Für Elite-Referees sei es demnach wichtig, das praktische Denken zu erlernen. "Der Fußball erwartet nicht, rein nach dem Regelwerk zu pfeifen, sondern Situationen in einer praktischen Art und Weise zu interpretieren", sagte der Ungar.
Ein weiteres Augenmerk wurde auf die Fitness gelegt. Elite-Referees aus Österreich müssen vier Mal pro Jahr das Fitnesslevel von europäischen Top-Schiedsrichtern erreichen, um in den beiden höchsten Spielklassen pfeifen zu dürfen.
Trio mit ersten Erfolgen
Auf internationaler Ebene gelangen Julian Weinberger und Christian-Petru Ciochirca erste Erfolge. Beide gaben ihr Debüt in der Europa League. Im Frauenbereich verbuchte Amina Gutschi gar einen Halbfinaleinsatz in der Women's Champions League.
Für Kassai ein guter Anfang, aber noch nicht zufriedenstellend: "Wir sind leider weit weg von jenem Punkt, an dem das österreichische Schiedsrichterwesen vor 20, 30, 40 Jahren war."
Wenn er sich aber die Leistungen der heimischen Referees ansehe, sei er zu 100 Prozent überzeugt, dass diese im europäischen Vergleich gut mithalten können.
Problem: Der große Konkurrenzkampf. "Alle wollen Schiedsrichter in der Champions League, bei der nächsten EURO und der nächsten WM haben. Der Wettkampf ist groß, dennoch müssen wir uns mit guten Leistungen ins Rampenlicht pfeifen, damit die UEFA realisiert, unsere Schiedsrichter sind sehr gut."
Bei der kürzlich zu Ende gegangenen Europameisterschaft mussten Österreichs Referees zuschauen.
Verbesserung bei VAR erhofft
Konfrontiert wurde Kassai in seinem ersten Jahr auch mit der Kritik am VAR. Diese betrifft sowohl die Zeit, die bis zu der endgültigen Entscheidung vergeht, als auch die Anzahl der Fehlentscheidungen, die trotz des technischen Assistenten getroffen werden.
Kassai versuchte zu beruhigen: "Die Akzeptanz von Fehlern eines VAR ist nicht vorhanden, was dich automatisch unter Druck setzt. Man darf jedoch nicht vergessen, dass ein VAR auch nur ein Mensch ist, der eine Situation anders verstehen oder interpretieren kann."
Dass es Veränderung sowie Verbesserung braucht, war dem ehemaligen Top-Schiedsrichter aber klar. VAR-Manager György Ring, ehemaliger Assistent von Kassai, wurde daher mit der Aufgabe betraut, die besten Akteure für das Videostudium zu finden.
Denn die Anforderungen und Eigenschaften eines Schiedsrichters und eines VARs decken sich kaum. "Ziel muss es sein, maximal zehn bis zwölf Personen einzusetzen, die einheitlich arbeiten. Denn das ist die Basis für den Erfolg", erklärte Kassai.