So kann Salzburg nicht Meister werden.
Nicht in dieser Form, nicht mit solch kläglicher Entscheidungsfindung im Offensivdrittel, nicht mit solchen Defensivfehlern.
Und noch viel wichtiger: So darf Salzburg nicht Meister werden. Sollten die "Bullen" weiter so schwächeln wie in den letzten drei Spielen und sich trotzdem zum elften Meistertitel in Folge "wursteln", wäre das ein fatales sportliches Zeichen für die ADMIRAL Bundesliga.
Kurzum: Der Liga-Krösus muss wieder besser werden. Viel besser und das sehr schnell.
Was beim deutlichen 1:3 gegen den LASK am Freitag so offensichtlich wie noch nie zuvor wurde, sich in Wirklichkeit aber schon länger andeutet, ist der Fakt, dass wir momentan das womöglich angreifbarste Red Bull Salzburg des letzten Jahrzehnts erleben.
Den "Bullen" mangelt es momentan schlicht an all den Stärken, die sie normalerweise auszeichnen. Im Herbst wurde die unzureichende Power im Pressing sowie die fehlende Offensiv-Spektakularität - zumindest auf nationaler Ebene - noch von einer glänzenden Defensive kaschiert. Doch auch die beginnt plötzlich zu bröckeln.
Vier Gegentore gegen Sturm im Cup zuhause, Auflösungserscheinungen im Defensivverbund nach eigener Führung gegen Rapid in der Vorwoche und nun die deutliche Pleite beim LASK - Salzburg hat, zusätzlich zu den bereits erwähnten Problemzonen, plötzlich auch eine Baustelle in der Abwehr. Und das, nachdem man vor wenigen Wochen noch einen Minus-Rekord an Gegentoren im Grunddurchgang (12 an der Zahl) aufstellte.
Wie konnte das alles passieren?
Struber das schwächste Glied in der Kette
Fangen wir mit der momentan meist anvisierten Zielscheibe der Kritik an: Der Trainerposition.
Gerhard Struber gilt mittlerweile zumindest als angezählt. Der Kuchler versprach bei seiner Rückkehr zu seinem Herzensverein Spektakel, konnte dieses Verspechen aber nicht einhalten. Dies sah er ein, verwies im Herbst aber immer wieder darauf, dass ihm noch keine Vorbereitung mit seiner Mannschaft vergönnt war.
Die Erwartungen nach der Wintervorbereitung waren also groß - und Salzburg startete tatsächlich verbessert ins neue Jahr. Zunächst in einem neuen System, in einem 3-4-3, welches trotz vielversprechender Auftritte allerdings schnell wieder verworfen wurde, dann wie gewohnt in der Raute. Endlich gab es mit einem 7:0 über Lustenau und einem 5:1 gegen Hartberg auch wieder Kantersiege zu bestaunen.
Der Knackpunkt folgte ausgerechnet nach jenem 1:0-Sieg über Sturm vor zwei Wochen, welcher damals als vermeintlich meisterschaftsentscheidend angesehen wurde.
Dafür, wie seine Mannschaft in den drei Spielen seit diesem Sieg in Graz auftrat, fand Struber zuletzt nicht wirklich eine Erklärung. Es fehlen die Basics, betont er immer wieder. Das bedeutet, dass seine Mannschaft Grundtugenden, die sie eigentlich beherrschen sollte, wie kompaktes Auftreten, defensive Abstimmung oder auch Kreativität im finalen Drittel, zuletzt vermissen ließ.
"Die Trainingswoche war eigentlich sehr vielversprechend", zuckt Stuber nach der Pleite in Linz mit den Schultern. Seine Mannschaft habe einen Top-Start in die Partie auf der Gugl hingelegt und sei auch fast in Führung gegangen. Ein Elfmeter für den LASK aus dem Nichts führte dazu, dass sie schließlich einmal mehr "nach Rückschlägen den roten Faden verliert".
Schlussendlich ist Struber als Trainer das schwächste Glied in der Kette, jenes, welches am einfachsten auszutauschen ist, wenn es hart auf hart kommt.
Ein unausgewogener Kader
Darüber, dass der Kuchler mit einem unausgewogenen, extrem verletzungsanfälligen Kader zu arbeiten hat, wird dabei viel zu wenig gesprochen. Ein paar Beispiele:
Um es vorsichtig auszudrücken: Was ein Luka Sucic oder ein Sekou Koita am Freitag in Linz auf dem Feld umsetzten, ist angesichts der fußballerischen Fähigkeiten dieser zwei Ausnahmekicker erschreckend. Beide eint, dass sie mittlerweile schon viele Jahre in der ersten Salzburger Mannschaft kicken, aufgrund von Verletzungen bisher aber stets den "Absprung" aus Österreich verpassten. Womöglich ist die Bühne österreichische Bundesliga für die beiden mittlerweile zu klein.
Ähnliches gilt für Oumar Solet, der aufgrund seiner übertriebenen Lässigkeit immer wieder für gefährliche Situationen für die eigene Mannschaft sorgt. Überraschend ist hingegen, dass plötzlich auch der stets verlässliche Strahinja Pavlovic zu schwächeln beginnt.
Anderen Spielern wie Karim Konate, Mads Bidstrup, Roko Simic oder Petar Ratkov kann man das Bemühen nicht absprechen, ihnen fehlt es wiederum an anderen Faktoren wie Erfahrenheit, oder, auch wenn es hart klingt, fußballerischer Klasse.
Dazu kommt, dass ständig Salzburger Schlüsselspieler verletzt ausfielen und -fallen. Alleine die dauernden Verletzungen von Fernando sind wohl mit ein Grund dafür, warum das Titelrennen sich aktuell so spannend darstellt. Die Fähigkeiten des Brasilianers kann momentan keiner der "Bullen"-Stürmer auch nur annähernd adäquat ersetzen.
Um nun nicht den ganzen Kader durchzugehen, eine kurze Zusammenfassung: Der Mozartstädter Kader war schon einmal besser zusammengestellt. Momentan setzt er sich zu jeweils großen Teilen aus Spielern zusammen, die entweder noch zu unerfahren sind oder die sich in ihrer eigenen Karriereplanung womöglich schon einen Schritt weiter sehen.
Was steckt wirklich in der Mannschaft?
Richtige Routiniers finden sich mit Alexander Schlager, Timo Horn und Andreas Ulmer nur drei Spieler im Kader wieder, wovon momentan nur einer, nämlich Schlager, auch regelmäßig spielt.
Genau dieser Schlager ist es auch, der zuletzt nur selten davor zurückschreckte, klare Worte nach Niederlagen seiner Mannschaft zu finden.
"Wenn wir so auftreten wie heute ist der Titel auf jeden Fall gefährdet", macht der ÖFB-Goalie bei "Sky" deutlich. Gleichzeitig mache er sich "aber keine Sorgen, weil ich weiß, was in der Mannschaft steckt".
Es steckt tatsächlich sehr viel Können in der aktuellen Salzburger Mannschaft. Wenn dieses Können aber zum wiederholten Male nicht auf den Platz gebracht wird, sei es aufgrund von mangelnder Form, sei es aufgrund von Motivationsproblemen, haben die "Bullen" die Meisterschaft heuer schlicht nicht verdient.
Und sie werden auch nicht in der Lage sein, sie zu gewinnen. Dafür ist die nationale Konkurrenz mittlerweile zu stark geworden.