Die Stimmung beim SK Rapid scheint zu kippen. Nach einem ungeschlagenen Oktober, der mit vier Siegen und zwei bitteren Unentschieden ordentlich über die Bühne gebracht wurde, setzte es im noch recht kurzen November schon zwei Niederlagen, was für viel dicke Luft im Lager der Grün-Weißen sorgt.
Nach der deutlichen 1:4-Schlappe gegen den Wolfsberger AC (Spielbericht >>) war bei Rapid richtig Feuer am Dach. Trainer Dietmar Kühbauer legte schon im "Sky"-Interview nach Spielende los und konnte sich mit dem Gezeigten überhaupt nicht anfreunden:
"Das war heute von der 1. bis zur 90. Minute eine Qual. Es war enttäuschend und beschämend. Das vertrete ich definitiv nicht, dass man glaubt, man kann hierher fahren und mit Hacke, Spitze, 1-2-3 bestehen. Wir haben einen komplett anderen Plan gehabt. Der eine oder andere Spieler sollte sich schon einmal die Frage stellen, was es bedeutet für Rapid zu spielen. Das war heute nicht erkennbar."
"Das ist irgendeine Mannschaft"
Aber nicht nur Kühbauer war ordentlich bedient. Thorsten Schick haderte einmal mehr mit dem schwachen Defensiv-Verhalten: "Wir haben einfach viel zu billige Tore bekommen. Wir analysieren den WAC, machen Videostudium, wissen eigentlich was sie bei Standards machen und dann bekommen wir genauso ein Tor, wie wir uns es heute Nachmittag noch angeschaut haben. Wenn du so naiv manchmal verteidigst und so billige Gegentore bekommst, dann darfst du dich heute nicht wundern warum du hier 4:1 verlierst."
Auf die Selbstkritik seines Spielers angesprochen, wurde Kühbauer erst richtig wütend und fällte ein vernichtendes Urteil:
"Vielleicht sollte man das abdrehen, weil das ist zwar lieb, aber nicht mehr. Für mich ist es so: Man hat die Möglichkeit am Platz das zu tun und nicht immer im Nachhinein zu sagen das waren 'schülerhafte Fehler'. Das ist nicht Rapid, das ist irgendeine Mannschaft und mit dem kann ich null anfangen."
"Kann mich nicht selber hineinstellen"
Einmal in Rage war Kühbauer von "Sky"-Reporter Marko Stankovic kaum zu bremsen. Vor allem die routinierten Kaderspieler bekamen eine Breitseite mit:
(Text wird unter VIDEO fortgesetzt)
Highlights des WAC-Schützenfestes gegen Rapid:
"Es ist schon die Aufgabe der alten Spieler, die jungen Spieler zu führen. Das muss man auch einmal sagen, wir haben im Moment sehr viele junge Spieler im Kader. Diese erfahrenen Spieler müssen diese jungen Spieler einfach führen, weil ich kann mich nicht selbst hineinstellen. Und das geht nur mit reden. Wenn ich aber die ganze Zeit nur meine eigene Suppe koche, wie es heute der Fall war, und nicht im Team spiele, dann ist es ein Problem."
In vielen Phasen des Spiels machte es tatsächlich den Eindruck, als wäre die Mannschaft keineswegs die Gemeinschaft, der es zuzutrauen gewesen wäre, das Spiel noch zu drehen. Der WAC konnte schalten und walten, führte den SCR teilweise vor.
Da passte es ins Bild, dass mit Sommer-Neuzugang Emanuel Aiwu ein junger Spieler die meiste Gegenwehr zeigte. Der U21-Teamspieler schimpfte wie ein Rohrspatz, gestikulierte wild und war auch nach Abpfiff im Gespräch mit Kapitän Maximilian Hofmann kaum zu beruhigen.
Probleme innerhalb der Mannschaft?
Im Interview nach Spielende hatte sich Aiwu zwar wieder einigermaßen beruhigt, liest man bei seinen Aussagen zwischen den Zeilen, dürfte aber innerhalb des Kaders aktuell einiges im Argen liegen:
"So wie wir als Mannschaft auftreten, das darf wirklich nicht passieren. Wir waren nicht wirklich als geschlossene Mannschaft auf dem Platz, jeder hat irgendwie sein eigenes Ding gemacht und so darf man gegen den WAC einfach nicht auftreten."
Wie Kühbauer kritisierte er - mit etwas anderen Worten -, dass die Mannschaft die gewünschte Homogenität vermissen ließ. Vom oft zitierten Rapid-Geist, einer leidenschaftlich kämpfenden Mannschaft, die sich gegen die drohende Niederlage stemmt, war im Lavanttal überhaupt nichts zu sehen.
Da spricht auch die Kartenstatistik Bände - nur Hofmann und Aiwu sahen in Durchgang zwei eine Verwarnung. Der restliche Kader ließ sich vom WAC über den Platz jagen und gab sich augenscheinlich dem vorgezeichneten Schicksal hin.
Veränderung muss her
Die Rufe nach Veränderungen werden in und um Wien-Hütteldorf damit unbestritten lauter. Dessen ist sich auch der in der Kritik stehende Trainer bewusst, der von seiner Mannschaft tief enttäuscht wurde.
"Ich kann mich nicht aus der Schuld nehmen. Ich stelle Spieler auf, von denen ich überzeugt bin, dass sie es gut machen. Ich glaube grundsätzlich an meine Mannschaft, nur das hat mit meiner Mannschaft heute nichts am Hut gehabt. Natürlich ist dann ein Trainer immer schuldig, aber das ist nicht das Rapid, das ich vertrete. Das sage ich auch ganz ehrlich."
Wie in der Länderspielpause die schnelle Trendumkehr gelingen sollte, erscheint aktuell mehr als fraglich. Viele Spieler müssen zu den jeweiligen Nationalmannschaften, außerdem fallen wichtige Akteure weiterhin verletzt aus.
Bevor die spielerischen Defizite ausgemerzt werden können, sollten aber ohnehin die persönlichen Probleme gekittet werden. Denn wie Emanuel Aiwu richtig anmerkte, muss sich schnellstmöglich etwas ändern. Sein Vorschlag: "Vielleicht setzen wir uns alle einmal zusammen und müssen uns ehrlich ins Gesicht sagen, was nicht passt. Man muss die Dinge ansprechen, weil so kann es auf jeden Fall nicht weitergehen."