Die Gefühlswelten hätten nach einem Unentschieden nicht weiter auseinanderliegen können.
Auf der einen Seite die Akteure von Blau-Weiß Linz, die das 0:0 im Linzer Derby (Spielbericht>>>) wie einen Sieg bejubelten, auf der anderen Seite geknickte Köpfe bei den Spielern des LASK, von denen sich der ein oder andere in seinem Frust gar in Wortgefechte mit den eigenen Fans nach Spielende verwickeln ließ.
"Die feiern den Punkt, als wären sie Champions-League-Sieger", ist auch LASK-Kapitän Philipp Ziereis frustriert.
Ziereis: "Keiner wollte was riskieren"
Dieser Jubel sei freilich verständlich, gibt der Deutsche im Nachsatz zu.
Die blau-weißen Stahlstädter behalten fünf Spieltage vor der Punkteteilung nämlich weiterhin drei Punkte Vorsprung auf den LASK und damit auch auf den ominösen Strich. Zudem haben sie den Vorteil des im vergangenen September gewonnen direkten Duells mit dem Stadtrivalen in der Hinterhand.
Der LASK hätte mit einem Sieg am Sonntag zwar an Blau-Weiß vorbeiziehen können, wäre bei einer Niederlage gleichzeitig aber beinahe schon ohne Chance gewesen, noch an der Meistergruppe teilzunehmen.
Der ob dieser Ausgangslage fast logische Spielverlauf trat dann tatsächlich auch ein. "Keiner wollte was riskieren, Blau-Weiß noch weniger als wir", analysiert Ziereis.
LASK mit mehr Spielanteilen, aber kaum Torgefahr
Das Resultat war ein bis kurz vor Schluss eher unspektakuläres Derby.
Der LASK war zwar spielbestimmend und kam der Führung bei einer Großchance vom gleich in der Startelf debütierenden Neuzugang Christoph Lang am nächsten, blieb über weite Strecken aber zu wenig zwingend. Blau-Weiß lauerte wie gewohnt aus einer tiefstehenden Grundordnung auf Konter.
"Wir wussten, dass wir extrem achtsam sein müssen, weil der Gegner eine unglaubliche Qualität im Umschalten hat", begründet Markus Schopp diese risikoarme Herangehensweise seiner Mannschaft.
Bei den wenigen Chancen, die sich dennoch für die "Athletiker" auftaten, "waren wir zu zögerlich, der letzte Pass oder der Assist zum Abschluss waren zu ungenau", bemängelt der LASK-Coach.
"Zu viel Brechstange" in Überzahl
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Nicht gefallen hat Schopp außerdem das Auftreten seines Teams nach dem Ausschluss von Simon Pirkl rund 15 Minuten vor Schluss und der daraus resultierenden Überzahl.
Man habe es "zu viel mit der Brechstange versucht. Da waren wir zu ungeduldig und haben unvorbereitet lange Bälle gespielt. Trotzdem haben wir die ein oder andere Möglichkeit gehabt", spielt Schopp unter anderem auf eine große Kopfball-Chance von Ziereis nach einer Ecke kurz vor Spielende an.
Einzig Blau-Weiß-Keeper Radek Vitek, der den Ball auf der Linie rausfischte, hatte etwas dagegen. "Der Ball ist immer weiter geflogen und ich habe mir gedacht: 'Oh, das schaut gut aus.' Aber der Torwart hält den Ball überragend", ärgert sich Ziereis über die Traumparade des Tschechen.
Schopp lobt: "Nicht so easy cheesy"
Der Frust ist nach dem dritten verpassten Derby-Sieg in Folge beim LASK durchaus groß, wirkt aber weniger tiefsitzend wie noch nach dem ein oder anderen Spiel im Herbst.
"Ich brauche nicht aus dem Nähkästchen plaudern, jeder weiß, dass wir mehr wollten", sagt Schopp zum einen. Zum anderen verteilt er durchaus Lob an seine Mannschaft, die das von ihrem Coach bisher so nicht gewohnt war.
Der Steirer erklärt: "Die Mannschaft war heute unglaublich stabil, hat fast gar nichts zugelassen. Das ist gegen einen Gegner wie Blau-Weiß, vor allem in der Situation, dass ein X ein gutes Resultat für sie ist, nicht so easy cheesy."
Ziereis: "Zeigen ein ganz anderes Gesicht"
Besonders erfreut ihn die neu entdeckte defensive Stabilität seines Teams: "Jeder, der die Tordifferenz lesen kann, sieht, dass wir zu viele Tore bekommen haben. Deswegen war es für uns besonders wichtig, stabiler zu sein und weniger zuzulassen. Das ist sowohl heute wie auch im Cup gelungen."
Auch Ziereis sieht eine enorme Weiterentwicklung im Vergleich zum Herbst:
"Ich glaube, wir können zufrieden sein. Wir zeigen ein ganz anderes Gesicht, haben eine viel bessere Spielanlage, treten als Einheit mit und gegen den Ball auf - das ist der Weg, den wir gehen wollen. Wir haben jetzt zwei super Partien abgeliefert, das versuchen wir jetzt jede Woche auf den Platz zu bringen."
Drei Nullnummern an einem Tag! Schopp hat einen Erklärungsansatz
Kurioserweise war das 0:0 im Linzer Derby die dritte von drei möglichen Nullnummern am Bundesliga-Sonntag. Schopps Erklärungsansatz für dieses Kuriosum:
"Das Schwierigste ist, gegen tiefstehende Gegner Lösungen zu finden und ihnen gleichzeitig keine unnötigen Umschaltmomente zu geben. Diese Balance, wie viel Risiko du eingehst, zu finden, ist etwas, das du dosieren kannst. Ich weiß nicht, wie es bei den anderen Mannschaften ist, aber aufgrund des Ligaformats sind diese Ergebnisse selbsterklärend, weil die Spieltage immer weniger werden und jeder seine Ziele erreichen möchte."
Zumindest beim LASK ist die Zeit der risikoarmen Version nun vorbei. Die "Athletiker" brauchen in den fünf finalen Spieltagen vor der Punkteteilung so viele Siege wie möglich, um Blau-Weiß noch abzufangen.
Am Sonntag ist dieses Unterfangen zwar noch nicht gelungen, es ist durch das Ergebnis aber auch nicht unmöglich geworden.