Der FC Red Bull Salzburg kann unter Pep Lijnders also doch verlieren.
Seit der Niederländer in diesem Sommer in der Mozartstadt übernahm, pflügten die vor wenigen Monaten noch so schwer strauchelnden "Bullen" in jedem Bewerb von Erfolg zu Erfolg. Die Spielverläufe wendeten sich auf beinahe magische Weise stets zugunsten der Mozartstädter; heikle Momente wurden bisher immer unbeschadet überstanden.
Am Sonntag war das anders. Im Schlagerspiel beim SK Rapid (Spielbericht>>>) waren die "Bullen" dank eines frühen Treffers und einer dominanten Anfangsphase eigentlich schon wieder auf Kurs nächster Sieg, ehe sich das Momentum zum ersten Mal in dieser Saison mit Fortdauer der Begegnung nicht auf ihre Seite schlug.
"Ich wusste von Anfang an, dass wir Momente erreichen werden, in denen es nicht in unsere Richtung laufen wird. Ich wusste auch, dass es nicht immer nur aufwärts weitergehen würde", so Lijnders auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Das nachgeschobene Aber: "Was mir nicht gefallen hat, ist, dass es heute nicht notwendig war, dieses Spiel zu verlieren. Ich will nicht falsch verstanden werden, am Ende haben sie es verdient, zu gewinnen, aber es war nicht nötig, sie auf diese Weise zurück ins Spiel zu lassen."
Probleme in der Salzburger Restverteidigung
(Text wird unter dem VIDEO fortgesetzt)
Genauer meint Lijnders damit die Situation vor dem 1:1, als es Salzburg nicht gelang, Rapid im Kollektiv effizient genug anzupressen.
Ein Ball durch die Reihen von Serge-Philippe Raux-Yao auf Matthias Seidl, ein kluger Pass in die Tiefe des SCR-Kapitäns auf Isak Jansson - und die hochstehende Salzburger Viererkette war überspielt.
Erst am Dienstag gegen Dynamo Kiew kassierte man ein ähnliches Gegentor. Und auch am Sonntag gegen Rapid fiel ein weiterer Treffer aus einer ähnlicher Situation. Diesmal genügte ein (sehr guter) Pass von Lukas Grgic auf Jansson, der tief in der eigenen Hälfte startend all seinen Gegenspielern davonlief und anschließend zum schlussendlich entscheidenden 3:2 einschob.
Was besonders bitter für die Salzburger ist: Das Hütteldorfer Trainerteam wusste um die Schwächen der "Bullen" in ihrer Restverteidigung und entschied sich deshalb dafür, den pfeilschnellen Jansson im Sturm aufzubieten. Die Aufgabe des Schweden war es, die durch das hohe Salzburger Pressing entstehenden Räume anzusprinten und darauf zu hoffen, von seinen Mitspielern mit Steilpässen gefüttert zu werden. Der grün-weiße Matchplan ging voll auf.
"Das war die Geschichte des Spiels. In den Momenten, in denen wir nicht organisiert waren, wir nicht hoch genug attackiert haben, haben sie uns ausgekontert", hadert Lijnders.
"Das Verteidigen beginnt mit unseren vorderen Drei"
Es war nicht das erste Mal, dass Salzburg in dieser Saison defensive Schwächen offenbarte. Immer wieder wurden deshalb transfertechnische Verstärkungen in der Viererkette gefordert. Ob es zu solchen noch kommen wird, will Bernhard Seonbuchner im Interview mit "Sky" selbst noch nicht wissen. Man werde aber bis zum Transferschluss am 5. September generell die Augen offen halten, so der Sportdirektor.
Außerdem würden die bisher aufgetretenen Defensivprobleme sowieso nicht nur an den Abwehrspielern liegen, hält Lijnders fest:
"Das Verteidigen beginnt mit unseren vorderen Drei. Dann geht es weiter mit unseren Mittelfeld. Ich sehe das Verteidigen nicht nur als die Aufgabe unserer Abwehrspieler. Sie müssen die Situationen lösen, in denen die Probleme bereits passiert sind. Wenn wir solche Fehler machen, wie ich sie gerade erwähnt habe, dass die vorderen drei nicht genug Druck ausüben und das Mittelfeld nicht nah genug dran ist, wird es für sie schwierig."
Zetteldiebstahl von Schiedsrichter Ebner
Überhaupt lief taktisch an diesem Abend einiges nicht nach Lijnders' Wunsch. In der Schlussphase hätte er seine Mannschaft gerne nochmal in einer anderen Formation gesehen, um mehr Offensivpower zu erzeugen.
Deswegen haben die Jungs meine Anweisung nicht übernommen...
Allerdings kamen seine Anweisungen, die er Moussa Yeo und Nene Dorgeles in Form von Zetteln mitgab, nie bei seinen Kickern an, da Schiedsrichter Stefan Ebner die Zetteln einkassierte - was Lijnders während des Spiels gar nicht mitbekam.
"Deswegen haben die Jungs meine Anweisung nicht übernommen", lacht der Niederländer. Kopfschüttelnd fügt er an: "Das Papier ist ja auch wirklich gefährlich am Platz..."
Immerhin haben der 41-Jährige und sein Trainerteam nun etwas Zeit, am taktischen Gerüst der Salzburger weiterzufeilen - bekanntlich steht die erste Länderspielpause der Saison an. Auch wenn traditionellerweise wenige Mozartstadt-Kicker diese auch in Salzburg verbringen werden - sondern eben bei ihren Nationalteams - ist sich Lijnders sicher, dass seine Mannschaft noch stärker aus der Pause zurückkommen wird:
"Es wird heute weh tun, es wird morgen weh tun und wahrscheinlich wird es auch übermorgen weh tun. Aber dann müssen wir den nächsten Schritt machen. Und manchmal lernst du viel mehr aus Niederlagen als aus den Spielen, die du gewinnst. Bisher hat unser Team jedes Mal gute Reaktionen in Momenten der Widrigkeit gezeigt."