"Der Plan ist sehr ambitioniert", so Markus Kraetschmer.
Bundesliga-Vorstand Ebenbauer hat ein neues Liga-Format auf den Tisch gebracht. ÖFB-Boss Windtner hat erklärt, das noch bis Juni ein Beschluss gefasst werden soll, um 2017/18 im neuen Format zu spielen.
Es sind auch die Versäumnisse einiger Klubs, die zwei Profi-Ligen in Zukunft praktisch unmöglich machen. Das Thema Wartungserlass wurde stiefmütterlich behandelt. „Das kann nicht sein! Es ist Feuer am Dach“, ärgert sich Kraetschmer.
Fakt ist, es soll eine 12er- oder eine 14er-Liga kommen.
Der AG-Vorstand der Austria ist Vizepräsident der Bundesliga und somit auch Teil des ÖFB-Präsidiums. Er gibt detailliere Einblicke in die offenen Fragen zum Liga-Format, die Stimmungslage unter den Landesverbands-Präsidenten und präsentiert den Status quo der ÖFB-Reform.
LAOLA1: Hat Sie der Vorstoß von Christian Ebenbauer und Leo Windtner überrascht?
Markus Kraetschmer: Ganz überraschend ist es nicht gekommen. Wir haben es am Freitag im ÖFB-Präsidium sehr intensiv diskutiert. Im Lichte der letzten Entwicklungen rund um die Themen Lizenzierung und vor allem Wartungserlass des Finanzministeriums ist die Dringlichkeit gegeben, dieses Thema intensiv zu diskutieren. Wenn man sich die Rahmenbedingungen anschaut, ist das notwendig. Vielen Klubs wird erst jetzt bewusst, was der Wartungserlass für sie bedeutet, welche administrative Arbeit und welche Kosten da auf sie zukommen. In den nächsten zwei Monaten, also Mai und Juni, müssen Beschlüsse gefasst werden, damit die nächste Saison eine Übergangssaison ist.
"Keiner kann behaupten, dass er das nicht gewusst hat!"
LAOLA1: Das klingt so, als ob so mancher Klub mit dem Thema Wartungserlass (Was ist der Wartungserlass?) bisher naiv bis fahrlässig umgegangen sei.
Kraetschmer: Wir, als Austria, haben diesen Schritt mit der Ausgliederung in die AG schon 2007 gemacht. Damals haben das viele noch belächelt oder sich zumindest gefragt, warum wir das machen. Diese Ausgliederung geht nicht mit einem Fingerschnippen. Gerade in der Anfangsphase ist sehr viel Know-How und Beratung von Juristen und Steuerberatern notwendig. Und es gibt einen administrativen Aufwand. Viele Klubs kennen das nicht, dass sie monatlich eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abzugeben und Umsatzsteuer abzuführen haben. Auf der anderen Seite gibt es auch einen Vorsteuerabzug. Ich habe immer wieder gesagt: „Es ist nie früh genug, sich damit auseinanderzusetzen.“ Keiner kann behaupten, dass er das nicht gewusst hat. Der Wartungserlass ist bis spätestens 1.1.2017 durchzuführen. Für uns in der Lizenzierung heißt das, dass das schon mit Saisonbeginn 2016/17 passieren muss, weil so eine Umstellung unterjährig extrem kompliziert durchzuführen ist. Offensichtlich haben das viele vor sich hergeschoben. Gerade in der zweiten Leistungsstufe erkennen einige erst jetzt, was damit zusammenhängt. Beim diesjährigen Lizenzierungsverfahren und bei den Fragestellungen der letzten Fachsitzungen wurde offensichtlich, dass sich einige nicht mit der notwendigen Seriosität damit auseinandergesetzt haben und plötzlich überrascht sind. Das kann nicht sein! Es ist 5 vor 12, es ist Feuer am Dach.
LAOLA1: Dadurch ist für die Bundesliga und den ÖFB der Zeitdruck sehr hoch.
Kraetschmer: Absolut! Man muss aber auch sagen, dass wir uns im Bundesliga-Aufsichtsrat schon länger mit dem Thema Liga-Format befassen. Wir haben auch im letzten ÖFB-Präsidium darauf hingewiesen, dass es zu einer Dringlichkeit kommen kann. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden immer schwieriger. In der Zukunft wird es nicht leichter. Deshalb müssen wir uns jetzt intensiv damit beschäftigen.
LAOLA1: Wie wahrscheinlich ist es, dass sich das alles zeitgerecht ausgeht?
Kraetschmer: Der Plan ist sehr ambitioniert. Wir werden im Mai eine Klub-Konferenz einschieben, um das Thema zu erläutern. Die Bundesliga-Geschäftsstelle arbeitet schon mit Hochdruck. Es geht um Berechnungsmodelle mit Partnern wie Ligasponsoren und TV-Stationen, weil es ja bestehende Verträge gibt. Es hilft nichts, wenn wir uns zurückziehen.
LAOLA1: Sie haben den TV-Vertrag, der noch bis 2018 läuft, angesprochen. Ist das ein möglicher Hinderungsgrund?
Kraetschmer: Das wird ein großer Punkt in den Verhandlungen sein. Was ich aber seitens der TV-Partner höre, ist Gesprächsbereitschaft gegeben. Der TV-Partner will seinen Abonnenten ein möglichst attraktives Produkt bieten.
LAOLA1: Wie wird das zukünftige Liga-Format aussehen?
Kraetschmer: Wir werden die Varianten 12er- und 14er-Liga bis zur Klub-Konferenz diskutieren. Playoffs? Auf- und Abstiegs-Regelungen? Europacup-Plätze? Relegationen? Es wird spannend. Was das bessere Format ist, wird man sehen. Da ist auch das Feedback des TV-Partners notwendig. Diese Grundsatzentscheidung muss jeder Klub auch für sich selbst treffen. Jedenfalls wird es wahrscheinlich pro Klub weniger Heimspiele zu vermarkten geben. Ich erinnere an das Argument des früheren Rapid-Präsidenten Rudolf Edlinger: „Mir ist ein garantiertes zweites Heim-Derby sehr, sehr wichtig.“ Das ist in diesem Modus nicht von Vornherein gegeben.
LAOLA1: Alles, was den Unterbau angeht, entscheidet der ÖFB?
Kraetschmer: Der ÖFB wäre im Lead, was die zweite und dritte Leistungsstufe betrifft, die Bundesliga ist für den Profi-Fußball zuständig. Es gibt einige Variablen, die man sich sehr genau ansehen muss: Direktaufstieg aus den drei Regionalligen, Amateur-Mannschaften in der zweiten Leistungsstufe.
LAOLA1: Wie die zweite Leistungsstufe aussieht, wird aber für den Übergang in den Profibereich entscheidend sein.
Kraetschmer: Genau das ist die Schwierigkeit. Wenn ich mir die heurige Situation ansehe: LASK, St. Pölten und Innsbruck haben auch von der Budgetgröße klare Ambitionen nach oben. Es muss in der Lizenzierung klare Regelungen geben, die zu erfüllen sind – wirtschaftlich, sportlich und infrastrukturell. Es muss die Möglichkeit geben, wenn sich ein Klub entwickelt, dass er auch aufsteigen kann. Aber es wird wieder ambitionierter, es wird härter, es wird schwerer. Wir sind von der Marktsituation her jedoch so unterwegs, dass wir uns dieser Sache stellen müssen. Alles andere wäre ein Verschließen vor der Realität.
LAOLA1: Und Sie haben das Gefühl, dass sich im ÖFB-Präsidium auch alle Landesverbands-Präsidenten der Realität bewusst sind?
Kraetschmer: Ja. Der eine oder andere war überrascht, aber es wird nicht geblockt, es wird nicht die Mauer gemacht. Jeder ist seriös dabei. Ob wir am Ende das Gesamtpaket finden, wird sich weisen. Es gibt viele Softfacts: Interesse aus den Regionen, die einen Aufstiegsplatz bestmöglich garantieren wollen, es gibt die Abteilung Sport, die möglichst vielen jungen Österreichern eine Plattform geben will – auch der Österreicher-Topf muss diskutiert werden –, und es gibt die professionellen Rahmenbedingungen, die wir fordern. Es ist ein sehr komplexes Thema, wo sehr viele Interessen unter einen Hut zu bringen sind. Mich stimmt positiv, dass niemand sagt: „Wir haben eine Beschlusslage und das ist jetzt einmal bis 2020 so garantiert.“ Die Gesprächsbasis im ÖFB-Präsidium, wo die Bundesliga mit drei Stimmen vertreten ist, ist absolut in Ordnung. Es ist nicht so, dass dort die Fronten total verhärtet sind.
LAOLA1: Sollten sich also bis Juli nicht alle zusammenraufen und eine Einigung finden, geht ein Jahr verloren.
Kraetschmer: Vollkommen richtig! Der 30.6. ist Judgement-Day.
"Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer sollen in den Lead gehen"
LAOLA1: Wird die ÖFB-Reform deswegen hintenangestellt?
Kraetschmer: Nein, die wird durchgezogen. Der ÖFB muss diese Reform angehen. Und das nicht nur, weil sich Generaldirektor Alfred Ludwig nach der EURO in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet, was er ja immer wieder betont hat. Der ÖFB hat bis 1.1.2017 Zeit und arbeitet mit Hochtouren daran. Die Rahmenbedingungen sind gefasst, es gibt letzte Überlegungen mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Die Arbeitsgruppe hat schon ein fast abschlussfertiges Papier präsentiert. Auch das muss in den nächsten Wochen und Monaten abgeschlossen werden. Es gibt vor der EURO noch eine Präsidiumssitzung. Meine realistische Einschätzung: Da werden wir das Paket verabschieden können. Dann gibt es Klarheit und die tatsächliche Umsetzung kann nach der EURO erfolgen.
LAOLA1: Wie ist der Stand der Dinge?
Kraetschmer: Mit Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer, den angedachten Personen, die in den Lead gehen sollen, wurden schon gute Gespräche geführt. Mit Willi Ruttensteiner werden zeitnah Gespräche stattfinden, wie man das Ganze konzipiert. Ruttensteiner ist in einer Schnittstellen-Thematik. Er hat die A-Nationalmannschaft – die Cashcow, die das Geld für den ganzen Verband verdient – mitzubetreuen, muss sich aber genauso um die Themen Breitenfußball, Frauenfußball und Akademien kümmern. Da gibt es eine hierarchische Thematik, die noch aufs Papier zu bringen ist. Es gibt aber schon Denkvarianten, die bis zum nächsten ÖFB-Präsidium finalisiert werden sollten.
LAOLA1: Welche Denkvarianten sind das?
Kraetschmer: Ich möchte da nicht vorgreifen. Es gibt für jede Lösung einige Pro und Contras.
Das Gespräch führte Harald Prantl