Der Weg zum Profi-Fußball ist steinig und schwer. Davon kann Rapid-Neuzugang Matthias Seidl ein Lied singen.
In der Akademie von RB Salzburg galt der gebürtige Kuchler als Musterprofi, der seit seinem achten Lebensjahr professionell und zielstrebig ans Werk ging. Fünfeinhalb Jahre verbrachte Seidl in der Mozartstadt, ehe das Vertrauen verschwand.
Im Jänner 2015, kurz vor seinem 15. Geburtstag, wurde der heute 22-Jährige aussortiert. Seidl wurde als "zu klein und zu langsam" für das Profi-Dasein eingestuft. Es erfolgte der Schritt zurück, wo alles begann: SV Kuchl.
Best of Matthias Seidl in LigaZwa:
Papa Christian schupft den hiesigen Verein auf sportlicher Ebene, fungiert als sportlicher Leiter und Jugendleiter. In seiner Heimat blühte Seidl auf. Bereits mit 16,5 Jahren gehörte er zum Stammpersonal der Kampfmannschaft, wo er vier Saisonen lang in der vierten und dritten Leistungsstufe für Furore sorgte.
Streitfall ÖFB
Seidls Leistungen blieben dem ÖFB - allen voran Rupert Marko - nicht verborgen. Der damalige U18- bzw. U19-Teamchef galt als Förderer von Seidl, der damals schon seine Stärken bei Standards herausstreichen konnte.
Insgesamt sieben Partien durfte der quirlige Offensivspieler unter Marko bestreiten. Ungewöhnlich, dass einer, der nicht in einer Akademie gespielt hat, fix dabei war. ÖFB-intern galt Seidl daher als umstritten.
In der U19-EM-Quali, wo Seidl ein Tor gegen Gibraltar erzielte, lief er u.a. mit Spielern wie Flavius Daniliuc, David Affengruber, Patrick Wimmer und Alexander Prass auf.
Probetraining in Wien und Graz
Spätestens die Einsätze im Nationalteam riefen namenhafte Interessenten auf den Plan.
Kurz bevor Corona die Welt erstarren ließ, absolvierte Seidl ein Probetraining in Wien-Hütteldorf beim SK Rapid, wo er schlussendlich aber nicht genommen wurde. Rund 200 Kilometer südwestlich stand Seidl beim GAK auf dem Prüfstand, doch auch in Graz kam kein Engagement zustande.
Ein weiteres Mal brauchte es also Geduld, die sich zwölf Monate später bezahlt machen sollte. Im Juli 2021 lotste Blau-Weiß Linz Seidl in die Admiral 2. Liga, Cheftrainer Gerald Scheiblehner schenkte dem Kuchler sofort das Vertrauen.
Ritterschlag durch Rangnick
Eingewöhnungszeit? Für Seidl ein Fremdwort. In seiner ersten Saison verpasste er kein einziges Spiel. Die zweite und damit letzte Spielzeit in Blau-Weiß verlief ähnlich, lediglich ein Syndesmosebandanriss zwang Seidl zu einer Zwangspause von vier Partien.
Die Scorerpunkte? Überwältigend. 27 Tore und 16 Assists konnte er für den diesjährigen Zweitliga-Meister in insgesamt 62 Pflichtspielen beisteuern. Die Krönung erfolgte heuer im März, als Teamchef Ralf Rangnick Seidl auf die ÖFB-Abrufliste beorderte.
"Seine Einstellung ist top, ein richtiger Vollprofi – er muss eher aufpassen, dass er sich die nötige Lockerheit beibehält und nicht verkrampft", analysierte LAOLA1-Taktik-Experte Sargon Duran vor wenigen Wochen:
"Seidls Spiel schaut leicht aus, ist es aber nicht. Er ist ein sehr intelligenter Spieler mit feiner Technik, der die Räume erkennt, die Bälle gut durchsteckt und eiskalt vor dem Tor ist. Er ist definitiv bereit für die Bundesliga."
Ein Seidl bleibt Blau-Weiß Linz
Ob Seidl den Erwartungen neuerlich entspricht, wird sich zeigen.
An einen Verbleib in Linz glaubte kaum jemand. Wochenlang schien der Transfer zum SK Sturm so gut wie fix, zu einer Einigung ist es schlussendlich nie gekommen. Nun hat sich der SK Rapid seine Dienste gesichert.
Ganz ohne Seidl muss Blau-Weiß aber nicht auskommen. Simon, der um zwei Jahre jüngere Bruder, wechselte letzten Sommer aus Kuchl nach Linz. 17 Einsätze sind dem 20-jährigen Mittelfeldspieler vergönnt gewesen. Abwarten, ob es für den kleinen Bruder ebenfalls steil bergauf geht.