Andy Marek ist beim SK Rapid eine Institution.
Trotzdem geht am Sonntag mit dem Bundesliga-Spiel des SK Rapid gegen WSG Tirol eine Ära zu Ende. Andreas "Andy" Marek greift in dieser Partie nach über 27 Jahren im Dauereinsatz ein letztes Mal zum Stadionmikrofon, ehe er sich aus gesundheitlichen Gründen zurückzieht. Der Abschied des 57-Jährigen bedeutet für die Hütteldorfer viel mehr als nur den Verlust des Stadionsprechers.
Marek fungiert bei den Grün-Weißen nämlich auch als Klubservice-Leiter und ist damit Chef der größten Abteilung Rapids - die er selbst aufbaute. In dieser Funktion trug der Niederösterreicher, der täglich vom Waldviertel in den Westen Wiens pendelt, die Verantwortung für viele Schlüsselbereiche innerhalb des Vereins.
Marek: "Wir haben schon durchgegriffen, aber..."
Marek führt unter anderem bei der Betreuung von Abonnenten, Mitgliedern, Fanclubs und Greenies, beim Ticketing, bei der Spieltagsorganisation, beim Merchandising, bei der Organisation des 2.300 Personen fassenden VIP-Clubs im Allianz Stadion und bei sämtlichen Rapid-Veranstaltungen - etwa 100 im Jahr - Regie.
Der Klubservice-Leiter ist beim Rekordmeister "omnipräsent", wie es Präsident Martin Bruckner formulierte, und genießt bei Mitgliedern der sogenannten "Rapid-Familie" hohes Ansehen.
Allerdings wird der ehemalige Teilnehmer an der österreichischen Song-Contest-Vorausscheidung auch mit diversen Verfehlungen von Rapid-Fans in Verbindung gebracht. Es werde nach Ausschreitungen zu lasch durchgegriffen, lautet der Vorwurf nicht nur an das Präsidium oder die Geschäftsführung, sondern auch an Marek selbst.
Das will der Waldviertler im Gespräch mit der APA nicht auf sich sitzen lassen. "Wir haben schon durchgegriffen, aber es nicht immer groß rausposaunt. Unsere Probleme haben wir im Wohnzimmer gelöst und nicht am Balkon", sagte Marek. "Ich bin ein Verfechter davon, dass man den Dialog mit den Fans braucht."
"Die Lösung ist nicht immer, jemanden hinauszuschmeißen"
Aber muss man deshalb Randale von Rapid-Fans achselzuckend zur Kenntnis nehmen? "Wir akzeptieren so etwas nicht achselzuckend. Es ist wie in einer Familie. Auch da gibt es manchmal Probleme, und die Lösung ist nicht immer, jemanden hinauszuschmeißen, sondern daran zu arbeiten, dass es nicht wieder passiert. Außerdem ist das nicht ein Thema, das nur Rapid betrifft, sondern eines, das alle Vereine mit einer großen aktiven Fanszene haben, betonte Marek.
"Wir fahren halt mit 4.000 Leuten nach Salzburg oder mit 18.000 zum Cupfinale nach Klagenfurt. Wenn man sich die Entwicklung bei den Zuschauern anschaut, kann ich mit stolzgeschwellter Brust sagen, dass wir sehr viel richtig gemacht haben."
Als Marek bei Rapid begann, gab es bei Spielen im Hanappi-Stadion mittlere vierstellige Zuschauerzahlen. Selbst wenige Tage nach dem im Mai 1996 gegen Paris St. Germain verlorenen Finale im Europacup der Cupsieger verirrten sich nur 6.000 Besucher zum Heimmatch gegen die Admira.
Im Gegensatz dazu hält Rapid nach dieser Herbstsaison bei einem Schnitt von 18.790 Fans, dahinter folgt Serienmeister Red Bull Salzburg mit Respektabstand (10.513). "Ist unser Stadion deshalb mit 20.000 gefüllt, weil wir so toll Fußball spielen und jeden aus dem Stadion schießen?", stellte Marek eine rhetorische Frage. "Nein, da steckt mehr dahinter. Die Leute fühlen sich bei uns wohl, und wenn es Probleme gibt, wollen wir sie lösen."
Marek spricht über Tiefpunkt seiner Rapid-Zeit
Am größten waren die Probleme in der Zeit nach dem Derby-Platzsturm 2011 - diese Phase bezeichnete Marek als Tiefpunkt seiner Tätigkeit bei Rapid. "Die Bundesliga hat 102 Stadionverbote ausgesprochen, und es hat eine Situation begonnen, die jegliche Fanarbeit unmöglich gemacht hat. Es hat damals etwa ein dreiviertel Jahr keine Gesprächsbasis mehr zwischen Fans und Verein gegeben, aber auch das haben wir damals gemeinsam geschafft und sind wieder durchgestartet."
Rückblickend überwiegen bei Marek aber die schönen Momente wie das Europacup-Finale 1996, die Champions-League-Teilnahmen 1996 und 2005, die Meistertitel 1996, 2005 und 2008 oder auch die vielen Europacup-Auswärtsreisen - vor allem jene nach Hamburg im Dezember 2009 mit rund 9.000 Rapid-Fans. Sein persönliches Highlight war allerdings die Eröffnung des neuen Allianz Stadions 2016.
In diesem Stadion wird Marek künftig nur noch als Rapid-Fan, aber nicht mehr als ausführendes Organ zu Gast sein. "In den letzten Jahren konnte ich kein Heimspiel genießen, weil ich so viel Verantwortung hatte. Jetzt freue ich mich darauf, ein Spiel im Allianz Stadion zu genießen."
Emotionaler Abschied nach "heftiger Diagnose"
Davor schnappt sich Marek beim Match gegen WSG Tirol noch zum 599. Mal in einem Heimpflichtspiel das Stadionmikrofon. Seine Premiere hatte der Niederösterreicher am 24. Juli 1992, danach erlebte er 15 Trainer und vier Präsidenten und versäumte keine einzige Partie - trotz Magen-Darmgrippen, schweren Verkühlungen, Fieberschüben und einer Knie-Operation, nach der er im Februar 2013 mit Krücken am Spielfeldrand stand. "Ich habe Rapid wahnsinnig viel zu verdanken, aber ich habe Rapid auch wahnsinnig viel untergeordnet", sagte der scheidende Clubservice-Leiter.
Eine "heftige Diagnose" (Marek) und eine darauffolgende, erfolgreich verlaufene Operation am 4. November des Vorjahres sorgten beim "Perfektionisten und Workaholic", wie sich der Waldviertler selbst bezeichnet, für ein Umdenken. Seine Entscheidung zum Rückzug verkündete er unmittelbar vor der Präsidentenwahl am 25. November. "Ich bin ein Mensch, der sich nicht mit 95 Prozent begnügt, aber ich habe nach der Operation gemerkt, dass alles nicht mehr so einfach von der Hand geht, dass ich schneller müde werde. Daher habe ich habe zum ersten Mal in meinem Leben auf meinen Körper gehört."
Sein Abschiedsauftritt werde eine "ziemlich emotionale Geschichte", so Marek. "Ich habe es in den letzten Wochen immer sehr verdrängt, erst in den letzten Tagen bin ich draufgekommen, dass es bald so weit ist." Auf welche Personen die Aufgaben des 57-Jährigen verteilt werden, wird Rapid am Freitag bekanntgeben. Marek: "Ich übergebe alles so, wie es sich gehört."