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Moormann: Rapids Leader der Zukunft?

Newcomer mit Potenzial. Martin Moormann muss sich erst seine Sporen verdienen:

Moormann: Rapids Leader der Zukunft? Foto: © GEPA

Es mag schon verwegen anmuten, die Frage in den Raum zu werfen, ob ein Newcomer als künftiger Führungsspieler gilt und ihm eine große Zukunft zu prophezeien ist.

Wenn ihn andere und der Akteur sich selbst jedoch so bezeichnen, bekommt das ganze Thema schon eine ganz andere Dynamik. Martin Moormann stand bei der 0:2-Heimniederlage gegen West Ham United erstmals über 90 Minuten für die Profis des SK Rapid in einem Europacup-Spiel auf dem Platz.

Erst 20 Jahre ist der Stockerauer jung, erst zum fünften Mal überhaupt streifte er sich das Trikot der grün-weißen Einsermannschaft über - und dann gleich gegen den Vierten der Premier League. Ein absoluter Newcomer, der aus der Not geboren wurde oder zumindest früher seine Chance bekam als geplant.

Denn durch die Verletzungssorgen in der Verteidigung mit Leo Greiml, Kevin Wimmer und Co. war guter Rat teuer. Moormann wurde ins kalte Wasser geworfen und schwamm. Auch wenn noch viel Lehrgeld bezahlt wird, schlägt sich der Defensivspezialist tapfer, zeigt sich lernwillig und hat seinen ganz eigenen Zugang zum Spiel.

Blut, Schweiß, Einsatz - plötzlich bei den Profis

Bis vor wenigen Wochen galt die 2. Liga, die LigaZwa, noch als Haupt-Spielwiese des aufstrebenden Jungspunds. Der in der Jugend des SV Horn und danach in der AKA St. Pölten ausgebildete Linksfuß machte 2018 schon als ÖFB-U17-Teamspieler den großen Step zu Rapid.

Bei Rapid II arbeitete sich Moormann hoch, entwickelte sich zum Stammverteidiger und hat in dieser Saison neun Einsätze bei einem Tor auf dem Buckel. Seit Ende Oktober war er nicht mehr bei den Amateuren im Einsatz, denn damals folgte noch unter Didi Kühbauer die Beförderung zu den Profis.

28 Minuten beim 3:0-Cupsieg in Amstetten waren die ersten Profi-Erfahrungen. Das Debüt auf der großen Bundesliga-Bühne winkte ihm beim 3:2-Heimsieg gegen den LASK - für vier Minuten in der Schlussphase. Nur ein Vorgeschmack auf die darauffolgenden Wochen.

Moormann in Aktion gegen West Ham
Foto: © GEPA

Denn ausgerechnet im richtungsweisenden Auswärtsspiel bei Dinamo Zagreb musste der Youngster in der Startelf ran - allerdings nur 21 Minuten, ehe ihn ein blutiges Cut am Weiterspielen hinderte. Bitter in Anbetracht des Ehrgeizes, der beim Startelf-Debüt mitwirkte. Doch nach der Pause gegen den WAC und in der Länderspielpause war Moormann wieder gefragt, unter dem Interims-Duo Thomas Hickersberger und Steffen Hofmann, den er nur zu gut von Rapid II kennt: Von Beginn an beim 1:0 gegen Altach und am Donnerstag von Beginn an gegen West Ham.

Selbstkritisch und lernwillig zum Leistungsträger

"Es ist natürlich ein Risiko, aber der Junge wird es gut machen und wenn nicht, dann wird das Leben trotzdem weitergehen", meinte Ex-SCR-Coach Kühbauer noch vor Moormanns Startelf-Debüt in Zagreb.

Nach guten Anfangsminuten, Zweikampf- und Kopfball-Stärke fühlte er sich bestätigt, ehe der blutige Zusammenstoß ein besseres Debüt verhinderte. "Moorli hat sich leider verletzt, hat aber ein gutes Spiel gemacht", attestierte Kühbauer.

Gegen Altach verteidigte er dann in Rapids möglicher Innenverteidigung der Zukunft mit dem ebenso erst 20-jährigen Aiwu alles weg, da stand beim 1:0 die Null hinten. Auch in diesem Spiel konnte er unterstreichen, warum er zu den vielversprechendsten Talenten im Rapid-Nachwuchs zählte.

Gegen West Ham war die Aufgabe freilich schwieriger, noch dazu wurde Moormann überraschend als linker Verteidiger in der Viererkette aufgeboten. Anstellte von Maximilian Ullmann, aber noch vor Jonas Auer. Ein Vertrauensbeweis, den der neue Mann zurückzahlte, auch wenn er beim 0:1 Lehrgeld zahlte und Torschütze Andrij Yarmolenko aus den Augen verlor. "Von dem Tor kann ich viel mitnehmen, sicher muss ich da näher am Mann sein, früher den Gegner stören. Dann passiert das Tor beim nächsten Mal hoffentlich nicht", gibt sich der Jungspund selbstkritisch und lernwillig - wichtige Eigenschaften, wenn man ganz nach oben will.

In weiterer Folge gelangen viele Defensivaktionen, bot sich Moormann auch offensiv sehr hoch an und forderte immer wieder den Ball. Der Wille, sich von der besten Seite zu zeigen, war auf jeden Fall vorhanden, weshalb auch Steffen Hofmann seinen Schützling nach dem Schlusspfiff lobte. "Er hat das links hinten in seinem ersten Europa-League-Spiel über 90 Minuten richtig ordentlich gemacht, an ihm ist es nicht gelegen."

Führungsspieler der Zukunft? "Würde mich auch so bezeichnen"

Der Niederösterreicher muss noch viel lernen, keine Frage, seine Haltung und Einstellung zeugen jedoch von einem fortgeschrittenen Reifeprozess.

"Aus den Spielen und Chancen, die ich zuletzt bekommen habe, kann ich richtig viel mitnehmen. Darüber bin ich überglücklich", bestätigte der Defensivakteur nach dem Europacupabend bei "Servus TV".

TV-Experte und Ex-ÖFB-Teamspieler Sebastian Prödl gefielen die Ansätze des jungen Verteidigers so gut, dass er von ihm als "Führungsspieler der Zukunft" schwärmte. Der 73-fache Nationalspieler, Sturm-Spieler, Ex-Deutschland, -England und -Italien-Legionär sowie Mitglied des Sensationsteams, das 2007 unter dem eben erst verstorbenen Paul Gludovatz Platz vier bei der U20-EM eroberte, muss es ja wissen.

Darauf angesprochen überraschte Moormann aber noch viel mehr mit seiner Antwort. "Ich würde mich auch so bezeichnen", posaunte der 20-Jährige, aber weniger aus Übermut sondern viel mehr aus jugendlichem Leichtsinn. Moormann erklärte daraufhin aber auch, warum er diesen Eindruck vermitteln will.

"Ich versuche immer viel zu reden - das ist mir und auch den Mitspielern wichtig. Ich freue mich, dass das auch von außen so gesehen wird." Im Lockdown-bedingt fast leeren Stadion war dies noch besser hörbar und offensichtlich, wie der unerfahrene Newcomer weitaus länger dienende Mitspieler dirigierte, Bälle forderte und Kommandos gab.

Bis zur Winterpause wohl gesetzt - und dann?

Viel deutet daraufhin, dass Moormann auch am Sonntag in Ried wieder erste Wahl sein wird. Nicht jedes Mal trifft man auf ein Spitzenteam wie West Ham United, wo "man gemerkt hat, was sie für eine Qualität haben und mit zwei Chancen zwei Tore machen".

Es werden auch Spiele kommen, in denen der Rapidler kein Lehrgeld mehr bezahlen wird müssen. Zumindest wenn er die Lehren aus den bisherigen Spielen zieht - denn aus Niederlagen kann man oftmals noch mehr lernen.

Moormann ist also gekommen, um zu bleiben. Das sieht bis zur Winterpause verletzungsbedingt nicht so schlecht aus, dann wird man weitersehen, wie sich Rapids Kadersituation verändert oder nicht. Wird am Transfermarkt nachgeschärft oder findet Wimmer zurück zu seiner Form?

Trotz des jungen Alters wirkt Rapids neuer Innenverteidiger so geerdet, dass er weiter im Hier und Jetzt lebt. Sollte die Prophezeiung wirklich eintreten und er zum "Führungsspieler der Zukunft" avancieren? Bis dahin werden auf jeden Fall noch einige Monate ins Land ziehen.

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