Dass Österreichs Schiedsrichterwesen im internationalen Vergleich nicht gerade zur Spitze gehört, ist kein Geheimnis.
Bewahrheiten sich die Recherchen der "Kleinen Zeitung", erscheint der Handlungsbedarf noch größer als allgemein angenommen.
Aktive Schiedsrichter sprechen anonym Probleme in der heimischen Szene an - intern könnten solche Themen nicht angesprochen werden, da man sonst als Querulant abgestempelt und mit weniger Einsätzen bedacht werden würde:
"Wir haben keinen in der Führung, der an Verbesserungen interessiert ist. Einige wollen nur ihr Amt haben, damit sie bei den Länderspielen gratis in den VIP-Klub kommen", beklagt ein Referee.
Verheerende interne Kommunikation
Vorsitzender der ÖFB-Schiedsrichter-Kommission ist mit Robert Sedlacek der Präsident des Wiener Landesverbandes - als solcher spielt er bekanntlich in der Parallel-Debatte über eine notwendige Strukturreform im ÖFB-Präsidium ebenfalls eine Rolle.
Aber auch im Bereich der Unparteiischen scheinen Neuerungen angebracht. Besagte Schiedsrichter berichten von unzureichender Ausbildung, bei einigen Vertretern von mangelhafter Fitness und verheerender interner Kommunikation, die sich nicht immer mit den Informationen für die Öffentlichkeit decken würde.
Folgendes Beispiel könnte sich als besonders brisant erweisen.
Die Kontroverse um die Sturm-"Elfer"
Beim Salzburger 1:0-Sieg gegen Sturm Mitte März entschied Referee Dieter Muckenhammer zwei Mal auf Hand-Elfmeter für Sturm, zwei Mal mischte sich VAR Harald Lechner ein, weswegen die beiden Strafstöße zurückgenommen wurden.
Beide VAR-Entscheidungen wurden der Öffentlichkeit als richtig verkauft - intern soll die Sache jedoch anders bewertet und die Intervention beim Handspiel von Nicolas Seiwald als falsch eingeschätzt worden sein.
Der nächste Vorwurf: Dies soll nicht verschriftlicht, sondern die Kollegenschaft nur mündlich aufgeklärt worden zu sein, damit es zu keiner medialen Verwertung kommen könne.
"Sie machen, was sie wollen. Warum kann man Fehler nicht eingestehen? Das ist menschlich und jeder versteht es", werden mehrere Referees von der "Kleinen Zeitung" unisono zitiert.
Wurde Muckenhammer "gesperrt"?
Besagtes Beispiel veranschaulicht eine weitere Problematik bezüglich Bewertung der Schiedsrichter-Leistungen.
Jeder Referee startet mit dem Ausgangswert von 8,4 Punkten in ein Spiel - pro VAR-Eingriff werden 0,5 Punkte abgezogen, in Muckenhammers Fall also ein Punkt.
Schlechte Bewertungen sollen in der Regel zu Nichtberücksichtigungen und somit auch zu Verlust von Einnahmen führen.
Man darf gespannt sein, ob Muckenhammer länger aussetzen muss, obwohl eine der ohnehin schwierigen Handspiel-Entscheidungen intern als ursprünglich korrekt bewertet worden sein soll.
Sedlacek glaubt nicht, dass Schiedsrichter gegeneinander arbeiten
Was sagt Sedlacek? Er verneint, dass es interne Sanktionen wie Zwangspausen überhaupt gibt: "Es hat oft andere Gründe, warum ein Schiedsrichter einige Zeit kein Spiel zugeteilt bekommt."
Sedlacek verneint zudem "interne Nachrichten" und kann auch mit dem Vorwurf, dass Zusammenarbeit unter den Schiedsrichtern ein Fremdwort sei, wenig anfangen.
Konkret sollen nämlich die Misstöne zwischen Referees aus dem Osten und dem Westen immer lauter werden. Sedlacek glaubt jedoch nicht, dass sein Schützlinge gegeneinander arbeiten.
"Ich sage immer: Nur gemeinsam sind wir stark", betont der Wiener "Landesfürst", räumt jedoch gleichzeitig ein: "Natürlich sind Schiedsrichter Einzelkämpfer und wollen ihren Erfolg haben."
Es scheint jedenfalls, als hätte der ÖFB angesichts dieser mutmaßlichen Zustände gleich die nächste Baustelle abzuarbeiten.