Lange Zeit hatte es den Eindruck, als bliebe das 237. Wiener Derby vor allem aufgrund der guten sportlichen Leistungen, vielen Chancen und sehenswerten Spielzüge beider Teams in Erinnerung.
Nach den 90 Minuten wird sich vor allem lieber die Austria an den 1:0-Auswärtssieg im Allianz-Stadion zurückerinnern. Es blieb jedoch nicht nur beim Sportlichen - die Emotionen stahlen allen vor allem in der Schlussphase diesem die Show.
Elf gelbe Karten, Rudelbildungen, Auseinandersetzungen und Fan-Tumulte - Emotionen, die zu einem Derby bekanntlich dazugehören, jedoch teilweise am Rande der Legalität waren.
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Aggressiv, Tumulte, "aber alles im Rahmen"
Für Austria-Kapitän Alexander Grünwald war es der typische Höllenritt im Westen Wiens. Allerdings hat sich der Kärntner längst an die harte Gangart beim ungeliebten Stadtrivalen gewöhnt.
Ob es schlussendlich schon übertrieben emotional wurde? "Nein, im Spiel war alles im Rahmen, da waren dann die Gelben Karten okay. Es war schon aggressiv, am Schluss gab es ein paar Tumulte, aber ich glaube, im Großen und Ganzen war es im Rahmen."
Kleinere Reibereien zogen sich durch die Partie, die Spieler beider Teams erwiesen sich nicht als Kinder von Traurigkeit und wussten, was im Duell auf dem Spiel stand. Dementsprechend leidenschaftlich wurde die Partie geführt.
Härte und Aggressivität, die sich die Waage hielten. Auf Seiten Rapids sahen Stefan Schwab, Mateo Barac, Mert Müldür, Veton Berisha und Tobias Knoflach Gelb, auf Seiten der Austria wurden Kevin Friesenbichler, Igor, Christian Schoissengeyr, Christoph Monschein und Ewandro verwarnt.
Letsch und Djuricin gehen unterschiedlich damit um
Trainer Goran Djuricin beschäftigte sich mit der heißen Schlussphase wenig, für ihn überschattete die Niederlage gegen die Austria alles andere. Auf die Frage, ob solche Vorfälle und Emotionen in einem Derby dazugehören, meint er:
"Dafür bin ich nicht nicht zuständig. Was da ab und zu für Emotionen dabei sind, ist für mich jetzt total uninteressant, für mich ist das Spiel wichtig. Das wollen wir analysieren, das andere nicht."
Eine klarere Meinung hatte da schon sein Gegenüber Thomas Letsch: "Für mich ist entscheidend, dass weder ein Spieler vom Platz gestellt wurde, noch hat sich ein Spieler verletzt. Emotionen gehören dazu. Das Spiel war von Anfang an emotional. So lange das der Fall ist und keine Spieler gesperrt werden, ist das sicher im Rahmen und gehört dazu."
Das eine oder andere Foul war hart an der Grenze, auch das eine oder andere verbale Duell. Einige Vorfälle sollten jedoch im Detail noch durchgegangen werden.
"Ich denke, ein Derby ist immer so aufgeheizt. Ich verstehe da ein paar Personen nicht, die sich nicht im Griff haben. Das verstehe ich überhaupt nicht. Ich habe mich hundertprozentig im Griff gehabt. Es kann es natürlich auch hitzig sein, aber wenn man sich im Griff hat, passt das."
Die Causa Knoflach
Mit "ein paar Personen" nahm er vor allem Tobias Knoflach ins Visier. Wenn nämlich der Ersatztorhüter Rapids zu einer der Hauptfiguren im Derby wird, dann stimmt etwas nicht. Knoflach ist ein grün-weißes Urgestein und aufgrunddessen auch bei den eigenen Fans sehr angesehen, oft gehen mit ihm jedoch die Emotionen durch.
Wie etwa in der 64. Minute, als er eine Entscheidung gegen Rapid nicht einfach so hinnehmen wollte und außerhalb der Coaching Zone den Schiedsrichter dafür kritisierte.
Da er nicht zurückgehalten werden konnte, blieb Referee Weinberger nichts anderes übrig, als dem Bankspieler Gelb zu zeigen. Doch damit nicht genug. Fast zur Eskalation kam es nach dem Schlusspfiff, als sich Knoflach auch noch Austria-Torhüter Patrick Pentz zur Brust nahm - nach angeblichen Provokationen und Fingerzeigen in Richtung "Block West".
Pentz: "Da sind keine schönen Worte gefallen"
Nach dem Schlusspfiff rannte der Rapid-Keeper plötzlich in den Strafraum und stellte Pentz aufgrund dessen Jubels zur Rede. Stirn an Stirn standen sich die beiden gegenüber, die Situation musste entschärft werden und könnte für den Rapidler nachträglich noch Konsequenzen haben - schließlich war er schon gelbbelastet.
Auch Pentz war die Situation nicht angenehm, er schildert den Vorfall folgendermaßen: "Der Ersatztormann der anderen Mannschaft kommt zu mir, stellt sich vor mich. Da sind keine schönen Worte gefallen. Das verstehe ich nicht, warum er das macht. Das hat für mich einfach am Fußballplatz nichts verloren. Ich habe mich da komplett im Griff gehabt. Das ist nicht meine Sache und auch nicht meine Art, muss ich auch sagen."
Es war jedoch nicht die einzige Szene, bei der Spieler aneinander gerieten. Erstmals der Fall war dies in der ersten Halbzeit, als Müldür für ein Foul an Friesenbichler vor der Strafraumgrenze Gelb sah.
Rudelbildungen und Trainer als Schlichter
Die erste Rudelbildung war die Folge, Schoissengeyr und Barac wurden für einen Disput verwarnt, doch auch andere mischten im Eifer des Gefechts tatkräftig mit. Der Schiedsrichter war stiller Beobachter und teilte dann Karten aus - er hätte die Situationen aber schon früher entschärfen können.
So wie auch kurz vor Schluss, als der eingewechselte Christoph Monschein provokant ein Abspiel eines Rapid-Freistoßes verstellte und auch nach Aufforderungen des Referees nicht zurückwich. Dann schritt Berisha ein.
Der einen Kopf kleinere Kraflackel rempelte seinen Gegenspieler regelrecht weg. Nicht die feine Art - Gelb sahen im Endeffekt beide. Doch das war erst der Auslöser in der 91. Minute, um die Nachspielzeit zum Kochen zu bringen.
"Ich glaube, dass war dann schon ein bisschen übertrieben, aber es ist nichts passiert – das ist die Hauptsache", fasste Kevin Friesenbichler zusammen.
Rudelbildungen? "Das taugt ja den Zuschauern auch"
Es wurde geschubst, gerangelt, Hand angelegt - sogar die beiden Trainer mussten eingreifen, um die Kontrahenten auseinanderzubringen. Keine Szene, die unbedingt auf den Fußballplatz gehört, doch niemand wurde zusätzlich bestraft.
Rudelbildungen im Derby? Kein Einzelfall, und auch Grünwald findet daran seinen Reiz: "Das taugt ja den Zuschauern auch, die Emotionen kochen da ein bisschen über. Aber es war noch im Rahmen, es ist nicht hin- und hergeschlagen worden. Ein bisschen gehalten worden, ein bisschen Kopf an Kopf war dabei – aber für ein Derby war das im Rahmen."
Der Austria-Kapitän konnte es locker nehmen. Schließlich verließ er den Platz als Sieger, nur die Party auf dem Rasen wurde aufgrund der stürmenden Rapid-Fans früher gestoppt als geplant (hier geht's zu den Hintergründen).
Freud und Leid liegt im Derby bekanntlich nah beieinander. Und auch ohne Steffen Hofmann oder Raphael Holzhauser bleibt der Vergleich zwischen Grün-Weiß und Violett weiter mehr als nur ein Fußballspiel - so lange alles im Rahmen bleibt.