Heribert Weber stand zweimal im Europacupfinale und hält mit 573 Bundesliga-Spielen einen wohl ewigen Rekord. Der einstige Libero von Sturm Graz, Rapid und Austria Salzburg galt stets als Perfektionist und versuchte, sich auch als Trainer und TV-Experte treu zu bleiben. Dem Scheinwerferlicht sagte er vor zwei Jahren adieu, am Sonntag begeht der Steirer seinen 65. Geburtstag.
Die Geschichte von Webers Entdeckung ist bekannt, aber nicht weniger romantisch - zumal wenn sie 2020 erzählt wird: Der Mann aus Pöls bei Judenburg, der in seinen sechs Jahren Gymnasium "des öfteren aufs Lernen vergaß", wechselte zur Buchdruckerlehre nach Graz. Dort stieß sein Klassenvorstand, zugleich Druckerei-Eigentürmer, in den eigenen Erzeugnissen - konkret der schon längst nicht mehr existierenden "Neuen Zeit" - in den Unterhaus-Berichten des öfteren auf Webers Namen. Er organisierte kurzerhand eine Buchdruckerauswahl und einen Test gegen Sturms U20. Es war 1973 und die Augen von Sturms-Cheftrainer Karl Schlechta fielen auf den mehrfachen Torschützen. "Den mit den langen, schwarzen Haaren hätt' ich gern", soll Schlechta laut Weber gesagt haben.
Schlechta, dem Weber bis zu dessen Tod 2016 eng verbunden bleiben sollte, wollte den Jungspund freilich nicht der Frisur wegen. Auch wenn ihm diese "immer recht gut gepasst" hätte, wie Weber über seinen Lockenpracht meinte. Die Weichen waren jedenfalls gestellt - nicht nur ästhetisch, sondern auch sportlich."Es ist dann relativ schnell gegangen. Mit 18 bin ich zu Sturm, eineinhalb Jahre später war ich Stammspieler und Mitglied der Nationalmannschaft. Ich bin gar nicht so richtig zum Denken gekommen", erinnerte sich Weber, der in seinen Anfangstagen bei den "Blackys" situationsbedingt vom Stürmer zum Libero umfunktioniert wurde. "Ich habe immer den Vorteil gehabt, dass ich wusste, wie Stürmer denken."
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Neben der Liebe zum Spiel ("Ich wollte schon immer Fußballprofi werden") war es auch eine gewisse Dickköpfigkeit und Liebe zur Perfektion, die Webers Höhenflug ermöglichte. "Ich habe links und rechts sehr viele hochtalentierte Spieler weggebrechen sehen, weil sie einfach nicht die Mentalität gehabt haben", sagte Weber. Er selbst habe "Ablenkungen nicht wahrgenommen", meinte er. Unabdingbar bei einem Club wie Rapid, der in den 1980ern auf Trophäen programmiert war. "Da hat es schon einige gegeben, die als Stars gekommen sind, und dann mit dieser Situation nichts anfangen konnten."
Der Erfolg gibt Weber recht: 5 Meistertitel (4 x Rapid, 1 x Salzburg) und zwei Europacupfinali (Cup der Cupsieger 1985 mit Rapid, UEFA-Cup 1994 mit Salzburg) sprechen eine deutliche Sprache. Dank 573 Einsätzen in der höchsten Spielklasse darf sich der Steirer Rekordhalter der 1974 gegründeten Bundesliga nennen. Offiziell führt die Liga beachtliche 56 Tore als Ausbeute. Dazu kommen 68 Länderspiele (1 Tor), samt der WM-Teilnahmen 1978 und 1982. Die Endrunde 1990 verpasste er nach einem Streit mit seinem Ex-Mitspieler, Coach Josef Hickersberger.
Später wechselte er selbst ins Trainerfach, begann 1994 beim FC Puch. Von 1996 bis 1998 betreute er die Salzburger Austria, holte 1997 den Titel. Im April 1998 nahm der ins "Rapid-Team des Jahrhunderts" Gewählte auf Rapids Trainerbank Platz. Nach zwei Vizemeistertiteln musste er nach Platz drei in der Saison 1999/2000 gehen. Als Cheftrainer arbeitete Weber zuletzt bei Untersiebenbrunn bis 2004, 2008 bis 2010 war er Sportdirektor der Admira.
Seit 2004 fungierte er als Experte beim Pay-TV-Sender Premiere, später Sky. Sein Stil: Trocken und durchaus bissig. "Es war eine Traumzeit, aber auch intensiv. Denn wie schon als Spieler und Trainer hat es das nicht gegeben, dass ich irgendwann unvorbereitet war." 2018 zog er sich völlig ins Privatleben zurück. "Ich wollte einfach mehr Zeit für die Familie und meine zwei Enkerl haben."
Fußball geschaut wird im Heim in Graz freilich nach wie vor, wenn auch mit weniger analytischer Note. Sonderlob spendete Weber dem LASK - und er sieht eine Parallele zu seiner Salzburg-Zeit: "Ein Team, das bereit ist, gemeinsam alles zu geben. Wir sind damals auch mit teilweise absoluten Durchschnittsspielern ins Europacupfinale gekommen." Sein Ex-Club Sturm Graz hingegen hinterlässt ihn derzeit etwas ratlos: "Solange Hartberg vor Sturm liegt, brauchen wir über Sturm nicht reden."