Rapid hat quasi die Seiten gewechselt.
Nach dem Schalke-Touch durch Ex-Sportgeschäftsführer Andreas Müller (2014-16) und Ex-Trainer Mike Büskens (Juni-November 2016) kehrt jetzt Dortmunder Know-how in Hütteldorf ein.
Marcus Knipping hat ab 1. Juni die Geschicke des Geschäftsführers Wirtschaft in der Hand. Und ist damit der neue Hauptverantwortliche im Bestreben, finanziell auf die nächste Ebene zu gelangen.
"Die Vereine haben ähnliche Strukturen. Auch die Herkunft ist identisch. Ich sehe Rapid als spannende Aufgabe und viele Parallelen, auch wenn der Verein von den Zahlen her kleiner ist. Aber das Potenzial ist extrem."
Rapid wollte einen Kandidaten, der in verschiedenen Unternehmensbereichen Erfahrung und Wissen hat und das Wesen eines Mitgliedervereins kenne. Nicht notwendigerweise aus dem Fußball und auch nicht aus der "Rapid-Familie".
Über einen Headhunter wurde eine Liste von 40 Kandidaten erstellt, ehe Knipping auserkoren wurde. Die Erfahrungen in der Sportgeschäftsführung waren letztlich mit ausschlaggebend.
Rapid begegnete ihm schon am Flughafen Düsseldorf
Über 30 Jahre werkte der nun 58-Jährige in verschiedenen Rollen beim deutschen Fast-Meister, vor allem im wirtschaftlichen Bereich. In Wien wird er kleinere Größenordnungen mit weniger Nullen im Budget vorfinden, aber einen Verein, der auch hohe Ansprüche hat und emotionalisiert. Das hat der Deutsche schnell erfahren dürfen.
"Mein Arbeitsbeginn war schon am Flughafen in Düsseldorf beim Check-in. Weil mich die Stewardess mit den Worten: 'Sie sind doch der neue Geschäftsführer bei Rapid Wien' begrüßte. Das fand ich total spannend. Ihr Mann sei Rapid-Fan. Das fand ich schon sehr emotional", wurde Knipping gleich aufmerksam gemacht: Rapid ist mitunter in aller Munde.
Noch kein Statement zum Status quo
Die zweite Feststellung: Rapid bewegt. Von den Fan-Energien beim Heimspiel gegen Sturm Graz zeigte sich der neue Wirtschaftsverantwortliche auch beeindruckt.
Nun wird es für ihn darum gehen, Dinge zu bewegen. Und schon bei seiner Vorstellung wurde der Stil des neuen Geschäftsführers augenscheinlich. Overstatement und Luftschlösser sind seine Sache nicht.
Zahlen und Fakten, wie es um Rapid bestellt ist? Dazu gibt es keine Äußerung, solange nichts vor Knipping auf dem Tisch liegt. Nur die Richtung ist klar: "Unser Ziel ist, dass wir alles für den Profifußball machen werden. Damit er gestärkt wird. Das habe ich auch gegenüber den Mitarbeitern kommuniziert. Das soll unsere Aufgabe und Ziel sein."
Es könne dabei schon Situationen geben, in denen "kalkuliertes Risiko" nötig sein könnte.
Weniger nach außen auftreten
"Bei Gesprächen zur Finanzsituation hat er sofort gewusst, wie die Relationen aussehen sollen. Der einzige Unterschied zu Dortmund: Dass er für die Rapid-Dimensionen immer ein bis zwei Nullen wegstreichen musste. Sonst gibt es große Ähnlichkeiten"
Knipping sehe sich "mehr als Innen- denn als Außenminister" des Vereins, seine Arbeit werde also weniger nach außen wirken als jene seiner beiden Geschäftsführer-Kollegen im sportlichen Bereich, Steffen Hofmann und Markus Katzer.
"Der Sport sollte bei Rapid im Vordergrund stehen. Da habe ich zwei Experten an meiner Seite", verweist Knipping auf das Duo. "Ich bin schon der Meinung, dass die Gespräche im Sport von den Sportverantwortlichen geführt werden sollen, mein Bereich ist der Wirtschaftsbereich."
Mit Empfehlungen werde er zur Seite stehen, aber nicht eingreifen.
Rapid auch ein bisschen wie Dortmund
Nach Parallelen zu Dortmund zu fragen, liegt auf der Hand. Und wenngleich sich beide Klubs in unterschiedlichen Größensphären bewegen, die Parallelen seien da.
"Die Vereine haben ähnliche Strukturen, ich habe viel bei Rapid wiedergefunden und mich von daher sofort wohlgefühlt. Auch die Herkunft ist identisch. Ich sehe Rapid als spannende Aufgabe und viele Parallelen, auch wenn der Verein von den Zahlen her kleiner ist. Aber das Potenzial ist extrem", ist der Ex-Dortmund-Verantwortliche überzeugt.
Der natürlich BVB-Fan und -Mitglied bleibt. Eine Mitgliedschaft bei Rapid ist aber ebenso schon abgeschlossen.
Auch Präsident Alexander Wrabetz schätzt die Vorerfahrungen bei der Borussia schon aufgrund der Strukturen als Vorteil bei der neuen Personalie ein: "Bei ersten Gesprächen zur Finanzsituation hat er sofort alles gewusst, wie die Relationen aussehen sollen. Der einzige Unterschied zu Dortmund: Dass er für die Rapid-Dimensionen immer ein bis zwei Nullen wegstreichen musste. Sonst gibt es große Ähnlichkeiten."
Es sollen mehr als drei Jahre werden
So lange ist Knippings Vertrag datiert - vorerst. Schon am allerersten Arbeitstag stellt der Deutsche klar: Er legt sein Engagement langfristig an.
"Nach drei Jahren Rapid soll die Reise nicht zu Ende sein. Ich will auch mit meiner Familie herkommen. Ein Signal, dass ich es nicht als kurzfristige Angelegenheit sehe", hat Knipping mit seiner Frau und den drei Kindern die Stadt Wien auch schon "kennen und lieben" gelernt.
Das Einleben wird auch den Verein betreffen. In den nächsten Wochen stehen Analysen und Gespräche mit Kollegen, Sponsoren und Fans an. Merken werde man das Wirken Knippings also erst langfristig. Und große Wasserstandsmeldungen wird es auch nicht geben.
Weniger Wasserstandsmeldungen
Ein ruhiger Stil, der bei den Co-Verantwortlichen gut ankommt: "Wir haben in der Vergangenheit - mich nicht ausgenommen - viel über Details der Finanzierung gesprochen. Das Thema Sport, um das es eigentlich geht, ist gleichwertig. Das kommt aus der Historie, unter Christoph Peschek gab es zwei Rapids: Das wirtschaftliche und das sportliche. Das wollen wir jetzt ändern", so Wrabetz.
"Wenn etwas fix zu vermelden ist, werden wir darüber reden. Aber keine Zwischenstandsmeldungen, die zu Spekulationen führen."
Fix ist vorerst nur: Auf Knipping wird viel Arbeit zukommen, die Ansprüche sind bekanntlich hoch. Aber dass er kein Mann voreiliger Versprechungen ist, hat der Einstand schon gezeigt.
Der Deutsche ist aber auf eine "leiwande" Zeit bei Rapid eingestellt. Das erste Vokabel, dass ihm Landsmann und Teilzeit-Dolmetscher Steffen Hofmann beibringen konnte. Weitere Vokabel kann Knipping dem Einstandsgeschenk entnehmen: einem Wienerisch-Langenscheidt.
Einen Begriff sollte Knipping nicht so schnell nachschlagen: "ka Marie hom".