Das 331. Wiener Derby wirft seine Schatten voraus.
Rapid gegen Austria (So., ab 17 Uhr im LIVE-Ticker), die alte Rivalität flammt für 90 Minuten wieder auf. Ein Spiel wie jedes andere ist es für keinen der Beteiligten. Allerdings ist es für einige auch nichts Neues mehr.
Für Ercan Kara schon. Der Goalgetter der Hütteldorfer ist einer jener Akteure, die die aktuelle Spielzeit bisher prägen. Noch dazu steht er vor seinem ersten Wiener Derby - etwas ganz Spezielles, wie der Stürmer zugibt.
Noch dazu hat er eine zwischenzeitliche Flaute von fünf Spielen ohne Tor mit einem Doppelpack gegen Dundalk wieder beendet. "Das ist ein sehr schönes Gefühl, wir fahren mit drei Punkten heim. Meine ersten zwei Europa-League-Tore - ich bin glücklich", strahlte Kara nach dem Auswärtsspiel in Irland bei "Puls 4".
Dieses positive Gefühl will der 24-Jährige auch ins Duell mit der Austria mitnehmen. "Jetzt fokussieren wir uns auf das nächste Spiel, das ist ein Derby – und ich freue mich, es ist mein erstes Derby."
Als wäre das nicht schon genug, gibt es eine Vorgeschichte, die Kara noch mehr auf den Showdown mit dem violetten Erzrivalen hinfiebern lässt. "Mit der Austria habe ich noch eine Rechnung offen!", heizt der Angreifer das Derby an.
Kara "wird für seinen Aufwand belohnt"
Eine Ansage, die sich der stets positiv denkende Aufsteiger aufgrund der Leistungen in dieser Saison erlauben kann. Was er damit meint? "Reden wir nach dem Derby!", meint er bei "Sky".
In 16 Pflichtspielen konnte er 15 Torbeteiligungen verbuchen, neun Toren stehen sechs Assists gegenüber. Ob mit dem Kopf oder per sehenswertem Schlenzer wie beim Doppelpack gegen Dundalk - Kara ist gut drauf.
Das weiß auch Thorsten Schick: "Ercan ist ein super Spieler in der Box, wo ich viele Flanken reinbringen kann. Das ist auch für mich ein Vorteil."
An Karas Top-Form ändert auch die jüngste Serie von fünf Spielen ohne Treffer nichts, die in Irland ihr Ende fand. Denn bei Rapid wird immer wieder betont, wie wichtig der aus der 2. Liga vom SV Horn gekommende Spieler mittlerweile für das Spiel der Hütteldorfer ist.
"Es ist bei jedem Spieler so, dass er sich Gedanken macht, wenn er ein paar Wochen nicht trifft. Aber Ercan ist einer, der an jedem Tag, in jedem Training Tore schießen will. Er wird im Moment belohnt für den Aufwand, den er betreibt, was er leistet für die Mannschaft und er arbeitet für die Mannschaft. Ich denke, dass er da auf einem guten Weg ist", hebt Co-Trainer Manfred Nastl, zuletzt Vertreter von Didi Kühbauer als Chef auf der Trainerbank, Karas Bedeutung für Rapid hervor.
Offene Rechnung: Kara war für Austria nicht fit genug
Diese hatte er in der Vergangenheit speziell bei einer Station nicht. Deshalb liegt es auch nahe, dass seine offene Rechnung mit der Wiener Austria darauf beruht.
Denn was bisher medial nicht so breit getreten wurde: Kara hat eine Vergangenheit in Favoriten. Von 2014 bis 2016 war der Angreifer beim Stadtrivalen engagiert, kam aber dort selbst bei den Austria Amateuren in der Regionalliga Ost nur selten zum Zug.
Der damals 18-Jährige debütierte im August 2014, damals wurde er gegen SV Neuberg für Marko Kvasina eingewechselt. Auf sein erstes Tor musste er bis März 2015 gegen Amstetten warten. Die schwache Ausbeute: 16 Einsätze in der ersten Saison, nur vier in der darauffolgenden, ehe das Abenteuer endete und Kara über Mauerwerk und Horn seinen Höhenflug startete.
Ralf Muhr, der damalige Akademieleiter und nunmehr Technische Direktor erinnerte sich erst kürzlich bei "Sky" noch gut daran, warum Kara bei der Austria nicht reüssieren konnte: "Sein Fitnesszustand war nicht gut genug." Im Endeffekt, über Umwege, ausgerechnet für Rapid ein Glück.
Muhr stichelt: "Rapid kann nie das Maximum sein"
Nun will es Kara dem einstigen Arbeitgeber erst recht beweisen, auch wenn er zugab, doch einiges auch aus dieser Zeit mitgenommen zu haben.
Sein Fitnesszustand wird ihm nun ein paar Jahre später im Derby mit Sicherheit keinen Strich durch die Rechnung machen. Dass dieser nun für Rapid netzt, bewertet Muhr nun folgendermaßen: "Rapid kann nie das Maximum sein."
Eine kleine Stichelei nach Hütteldorf, aber aufgrund der aktuellen Form auch eine Voraussage, dass Karas Weg nicht in Österreich enden wird. Davon ist auch sein Ex-Mauerwerk-Trainer Volkan Kahraman überzeugt: "Es ist alles offen für ihn. Wenn er meint, dass Rapid genug ist für Kara, dann kann er noch zehn Jahre bei Rapid spielen. Ich denke, dass da noch ein bisschen Luft nach oben ist."
Dass selbst unrealistisch anmutende Träume wahrwerden können, hat er alleine in den vergangenen vier Jahren unter Beweis gestellt. Vom aussortierten Austrianer über Mauerwerk und Horn bis zum unverzichtbaren Stammspieler bei Rapid. Nun sollen im Derby offene Rechnungen beglichen werden...