Eine Woche nach den Vorfällen bei den Feierlichkeiten des Derby-Siegs hat Rapid einen zehn Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog präsentiert, um die Themen Homophobie, Sexismus und Diskriminierung endgültig aus dem eigenen Vereinsumfeld zu verbannen.
In einer ausführlichen Pressekonferenz gingen Präsident Alexander Wrabetz und Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger genauer darauf ein, welche Ziele der Katalog verfolgen soll - und wie sich die Gespräche und Reaktionen mit Fans und Sponsoren gestaltet haben.
LAOLA1 hat die wichtigsten Aussagen zusammengefasst:
Rapids Präsident und Vizepräsidentin über...
...das Urteil des Strafsenats
Alexander Wrabetz
Die unbedingten Sperren in diesem Bereich sind angesichts dessen, dass die Unbescholtenheit und Entschuldigungen anerkannt wurden und die Spieler deutlich gemacht haben, dass sie Verantwortung übernehmen und an den Maßnahmen mitwirken werden, schon sehr hart. Daher werden wir im Sinne der sportlichen Interessen, die wir wahrnehmen müssen, Protest im Hinblick auf diese unbedingten Strafen gegen die Spieler einlegen. Die Mannschaft soll sich jetzt bestmöglich auf das Spiel vorbereiten können, und trotz der Situation, dass Schlüsselspieler nicht dabei sein werden, unseren Erhalt in der Meistergruppe sicherstellen. Rapid ist immer dann am stärksten, wenn wir vor besonderen Herausforderungen stehen.
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...die Reaktion von Sportminister Werner Kogler
Alexander Wrabetz
Leider hat der Herr Sportminister nicht mit uns gesprochen, was los ist und was wir vorhaben. Er ist einfach hinausgegangen, hat im Nachhinein auch bedauert, dass er Sponsoren in die Pflicht genommen hat. Es ist eigentlich die Aufgabe eines Sportministers, sicherzustellen, dass Geld in den Sport kommt. Nachdem ich ihn informiert habe, dass wir an diesem Maßnahmenkatalog arbeiten, hat er nichts mehr gesagt. Ich hoffe, es bleibt dabei.
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...interne Sanktionen
Alexander Wrabetz
Nachdem Spieler und Co-Trainer sich bereiterklärt haben, finanziell zur Umsetzung der Maßnahmen beizutragen, wird es keine darüber hinausgehenden Sanktionen von uns geben. Durch die öffentliche Diskussion ist es ganz wichtig, dass die Bereitschaft voll da ist, dass das jetzt als Thema angegangen wird. Die Spieler haben in ihren Stellungnahmen eindeutig gesagt, dass sie die Verantwortung übernehmen. Dass sie einen Fehler gemacht haben. Dass sie einen homophoben Gesang mitgemacht haben. Aber dass sie alle keine homophobe Einstellung haben. Das muss man auseinanderhalten und haben die Spieler gegenüber dem Strafsenat noch einmal sehr glaubhaft deutlich gemacht.
...die Ziele des Maßnahmenkatalogs
Alexander Wrabetz
Ein Spieler muss sich bewusst sein, dass er das Leitbild in jeder Situation trägt und lebt. Auch in Feierstimmung mit anderen zusammen hat er das auszuüben. Es geht auch um Bewusstseinsschärfung bei allen Vertretern des Vereins. Das muss rein in die Köpfe, dass manche Dinge nicht gehen. Wenn Rapid ein wichtiges Thema hat, kommen zwölf Kamerateams. Das ist die Strahlkraft, die wir haben, die gleichzeitig eine Verantwortung darstellt, dass wir gesamtgesellschaftliche Prozesse vorantreiben können. Vor 20 Jahren hat Rudi Edlinger (verstorbener Ehrenpräsident, Anm.) gesagt, er will das Thema Rapid im Nationalsozialismus mit einer Studie vom Grunde aufarbeiten. Das war auch so ein Prozess, der für den Fußball, die Wahrnehmung seiner Geschichte und die Ableitung für die Zukunft ein Maßstab in Österreich und Europa geworden ist.
Edeltraud Hanappi-Egger
Dass diese Videos aufgetaucht sind, zeigt für mich leider, dass das Leitbild unseres Vereins noch nicht so verankert ist, dass es die Menschen in unserer Rapid-Community präsent haben und als Handlungsanleitung nutzen können. Daher gehen wir davon aus, dass wir im Sinne der Organisationsentwicklung einen Lernprozess anstoßen müssen.
...die wichtigsten Maßnahmen im Katalog
Edeltraud Hanappi-Egger
Maßnahmen, die zu mehr Diversität und Antidiskriminierung dienen, müssen an mehreren Ebenen ansetzen.
Auf individueller Ebene haben alle Beteiligten insbesondere im Bezug auf Homophobie ihre Verfehlungen eingesehen, sie zutiefst bereut und das auch zum Ausdruck gebracht. Sie werden Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und freiwillig Organisationen unterstützen. Wir werden als Verein Sorge dafür tragen, dass es Diversitätskompetenz gibt. Spieler und Co-Trainer werden an verpflichtenden Sensibilisierungsschulungen teilnehmen, diese werden über finanzielle Eigenleistungen finanziert.
Auf Gruppenebene werden wir verschiedene Kooperationen mit Organisationen aufsetzen, die sich gegen Homophobie und Diskriminierung engagieren und mit den Diversitätsbeauftragten der Sponsoren an gemeinsamen Themen arbeiten. Im Nachwuchs werden wir pädagogische Konzepte entwickeln und mit Fokus auf die Akademie in unsere Nachwuchsarbeit einfließen lassen. Im Fanbereich wollen wir positive Anreize für Initiativen gegen Homophobie und Diskriminierung setzen, einen Preis ausschreiben für die besten Initiativen. Wir müssen den konstruktiven Stimmen mehr Gehör und Sichtbarkeit verschaffen.
Auf Organisationsebene müssen wir Diversitätskompetenz fördern und stärken. Es wird im SK Rapid die Position einer Diversitätsbeauftragten geschaffen, die dafür sorgt, dass die Maßnahmen nach innen und außen funktionieren. In einer kritischen Selbstreflexionsstudie werden wir uns anschauen, woher die Homophobie kommt und wie man erfolgreiche Gegenkonzepte entwickeln kann. Wir werden das im Rahmen eines wissenschaftlichen Kongresses präsentieren und die wissenschaftliche Community einladen, einen Beitrag zu leisten.
Natürlich muss so ein Katalog, um ernstgenommen zu werden, auch Sanktionsmöglichkeiten haben. Wir werden den Ethikrat bitten, bei Verstößen Maßnahmen und interne Konsequenzen zu setzen.
...Gespräche und Reaktionen von Sponsoren
Alexander Wrabetz
Wir haben am Tag nach den Videos sofort mit der Arbeit am Maßnahmenkatalog begonnen. Als die Nachfrage der Sponsoren kam, konnten wir das als ersten Schritt mitteilen. Es war etwas, das wir für die Sponsoren in Angriff genommen haben, nicht umgekehrt. Wir haben versichert, dass wir das Thema auch in Zusammenarbeit mit den Sponsoren bearbeiten werden. Unsere Strahlkraft für sie soll ja eine positive sein.
Edeltraud Hanappi-Egger
Die Nachfrage unserer Sponsoren nach unserem Maßnahmenkatalog habe ich mir gewünscht. Warum? Weil sie sich hoffentlich durch unser Wertesystem auszeichnen und uns genau deswegen unterstützen, daher bei einer Verletzung unseres Leitbildes nachfragen, was wir tun und was gemeinsam gemacht werden kann. Uns verbindet der gleiche Wertekanon.
...Gespräche mit der Fanszene
Alexander Wrabetz
Aus meiner persönlichen Wahrnehmung durch Gespräche mit Mitgliedern, Fans und der aktiven Fanszene: Dort gibt es keine homophoben Einstellungen oder Aktivitäten. Was es gibt - oder gegeben hat - sind diese Gesänge. Das ist daher als Thema für uns auch sehr ernst zu nehmen: Wie können wir die Sensibilität erhöhen, dass das Dinge sind, die auch keinen Platz haben? Wir haben die beste Fanszene in Österreich. Eine, um die uns ganz Europa beneidet. Die haben mustergültiges geleistet. Es ist schon ein paar Jahre her, aber Rapid ist der Verein, wo auch mit der Fanszene am konsequentesten rechtsextremes und rassistisches Gedankengut aus dem Sektor gebracht wurde. Das haben viele Vereine in Europa und in Österreich nicht so zustande gebracht. Deswegen glaube ich, dass wir gemeinsam mit der Fanszene durch Gespräche und Maßnahmen auch in diesem Bereich Vorbild für andere sein können.
Edeltraud Hanappi-Egger
Fans sind eine wichtige Gruppe. Wir haben bereits gemerkt, dass ein Reflexionsprozess angestoßen ist. Es gibt interne Diskussionen, die sind erfreulich. Wir müssen bei der Fanszene überlegen, wie wir neue Dialogformate finden können. Wir werden Fanvertreter herbeiziehen. Diese Bereitschaft ist da, herauszufinden, wie wir präventiv, aber auch reaktiv im Falle, dass etwas passiert, handeln können. Wir sind eine lernende Organisation und alle Fangruppen werden einen Lernprozess durchlaufen.
...das Outing von Spielern und ob dies helfen würde
Edeltraud Hanappi-Egger
Wer outet sich in einem Umfeld, in dem was nicht wertgeschätzt wird? Wir brauchen zuerst dieses Umfeld, die Kultur. Es ist nützlich für einen Lernprozess, dass sich Menschen outen können, sich damit wohler fühlen. Und es ist einfacher, sich im Team zu outen. Daher kann eine Sportmannschaft ein sicheres Umfeld bieten. Wir sprechen sehr gern über Homosexuelle, aber nicht mit ihnen und sie selten für sich selbst. Das wäre ein wichtiger Hebel.