Die nächsten vier Wiener Derbys werden also ohne Auswärtsfans stattfinden>>>. Darauf haben sich der SK Rapid und der FK Austria Wien unisono geeinigt.
Eine Zeitspanne, in der Maßnahmen erarbeitet werden sollen, die das Spiel um die Hauptstadt wieder zu einem "Fußballfest für alle" machen.
Wie genau das gelingen kann, das ist die große Frage. Die hüben wie drüben keine 48 Stunden nach dem jüngsten Zwischenfall natürlich noch nicht konkret beantwortet werden kann.
In einigen Dingen herrscht schon Einigkeit. Wie bei der Austria wird es auch bei Rapid nach Auswertung der Bilder unbefristete Stadionverbote geben, die über das Allianz Stadion hinausgehend beantragt werden.
Insgesamt war die Wortwahl von Rapids Präsident Alexander Wrabetz hinsichtlich der kommenden Maßnahmen aber etwas vorsichtiger als bei Austria-Wirtschaftsvorstand Harald Zagiczek>>>.
"Die roten Linien", die das Präsidium beim Antritt gezogen habe, werden nun auch "sanktioniert, wenn sie überschritten sind" - so viel wird versprochen. Wrabetz war aber wichtig zu betonen, keine "englischen Verhältnisse" zu wollen.
(Manche) Pyrotechnik bleibt kein Verbrechen
Rapid habe "kein Fan-, sondern ein Derby-Problem, wenn es in den anderen Spielen kein Sicherheitsproblem gegeben hat". Eine seit Jahrzehnten bestehende konkrete Thematik, die in den letzten ein, zwei Jahren eine neue Verschärfung erlebt habe.
Nun wäre es an der Zeit, sicherzustellen, dass man konsequent aufzeige, dass man Geschehnisse wie am Sonntag "sanktionieren wird und dass das für die Betroffenen keine Sonntagsbeschäftigung ist, sondern etwas, was grobe Nachteile für ihre Zukunft haben kann."
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
Er sei davon überzeugt, dass solche Dinge auch in der Fanszene die überwiegende Mehrheit nicht gutheiße. So herrsche ja bekanntlich auch eine Ablehnung von Böllern.
In Bezug auf aktuell unter Auflagen erlaubte bengalische Feuer will er aber differenzieren: "Die waren auch am Sonntag nicht das Thema, dass sie im Rahmen einer Choreografie herumgeschossen wurden, sondern dass sie in zu großer Zahl unangekündigt und unkontrolliert ins Stadion geschmuggelt und dann missbräuchlich verwendet wurden."
Das sei bei noch so strengen Kontrollen nie ganz zu verhindern: "Da muss man realistisch sein und sich auf das konzentrieren, was wichtig ist: Dass man die Zahl unter Kontrolle hat und auch die Eigenverantwortung der Fans angenommen wird, dass sie in ihren Bereichen dafür sorgen, dass es zu keiner missbräuchlichen Verwendung kommt."
Keine Illusion in der Prävention
In kommenden Zeitraum dieser vier Derbys werde es nun Arbeitsgruppen mit der Austria, der Bundesliga und Sicherheitsexperten geben, um die Handlungsspielräume auszuloten und das Stadionerlebnis wieder sicherer zu gestalten.
"Wir wollen nicht, dass vor den Stadien Schnellgerichte warten. Das wird es nicht geben und wir müssen vermeiden, darüber überhaupt eine Diskussion zu provozieren."
Illusionen will sich der Rapid-Vorstand aber keinen hingeben. Maßnahmen werden ihre Grenzen haben, auch sollen "englische Verhältnisse" eben vermieden werden.
"Eine Stadtrivalität ist auch etwas Wichtiges im Fußball. Das ist identitätsbildend und -stiftend für Wien, dass es da zwei Vereine gibt, die eine sportliche, aber auch insgesamt eine Rivalität haben", will Wrabetz auch den Charakter des Duells nicht untergraben.
Schmäh reißen ja, Schädel einschlagen nein
Extreme Ansätze wie in England seien daher zu vermeiden: "Ich war vor ein paar Monaten bei Arsenal gegen West Ham. Ich wünsche mir friedliche Stimmung, aber das war schon wieder zu viel. Es gehört dazu, dass man mal was aushält, einen Schmäh übereinander macht, das ist ein Teil der Fankultur."
Der Punkt sei: "Ohne das jetzt alles einzuebnen, zu sagen, wir haben uns lieb und bilden Sesselkreise, klarzumachen: Das hat Grenzen. Wir sind im Stadion sportliche Kontrahenten, aber wenn es um Sicherheit geht, gibt es keinen Kompromiss. Und das ist bei den Fans beider Seiten die überwiegende Mehrheit, die das so sieht."
"Law and Order" sei in Österreich selbst bei dem "verheerenden Bild" von Sonntag nicht der richtige Ansatz: "Mit den Hooligan-Krawallen in Ländern wie UK oder Griechenland ist es überhaupt nicht vergleichbar."
Wrabetz wolle nicht, "dass vor den Stadien Schnellgerichte warten. Das wird es nicht geben und wir müssen vermeiden, darüber überhaupt eine Diskussion zu provozieren. Wir haben die Möglichkeiten, dass es die Richtigen trifft, ohne dass es das Fußballerlebnis an sich zu einem Hochsicherheitsbereich macht. Das muss uns gelingen."
Auch die Polizei ist gefragt
Auch die Exekutive sei gefordert, wieder eine aktivere Rolle in der Prävention zu spielen. Die langsame Reaktion der Polizei war am Sonntag ein Kritikpunkt.
"Das wird auch so ein Thema sein, dass die Polizei präventiv Position beziehen muss und nicht erst, wenn etwas passiert", bekräftigte Wrabetz. "Das müssen wir gemeinsam mit der Polizei schärfen. Wir bezahlen ja im übrigen auch dafür."
Mehr Sicherheit, ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten und den Derbycharakter zu bewahren: Das wird eine schwierige Aufgabe, die Augenmaß benötigt. Wie gut das gelingen kann, werden erst die nächsten Monate zeigen.
Und hoffentlich irgendwann wieder Derbys mit Auswärtsfans, die ganz anders als in der jüngsten Vergangenheit ablaufen.