Endstand
5:0
2:0, 3:0
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Salzburg am Boden – und dabei war gar nicht Ostersonntag

Das 0:5 gegen den SK Sturm Graz lässt Erinnerungen an das 0:7 gegen Rapid vor 16 Jahren hochkommen. Die "Bullen" haben einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht.

Salzburg am Boden – und dabei war gar nicht Ostersonntag Foto: © GEPA

Pure Ekstase und Freude auf der einen, Niedergeschlagenheit, Ratlosigkeit und Enttäuschung auf der anderen Seite. Konträrer könnte ein Fußballabend wohl nicht verlaufen.

Der SK Sturm Graz jubelte am Sonntagabend in Runde neun der ADMIRAL Bundesliga über einen 5:0-Erfolg gegen den FC Red Bull Salzburg. Noch nie hatten die "Bullen" – auch zu Austria-Salzburg-Zeiten nicht – mit einer Fünf-Tore-Differenz gegen die Steirer verloren.

Eine Pleite für die Geschichtsbücher

Bei dem 0:5 in Graz-Liebenau erlebten die Salzburger die bittersten Bundesliga-Minuten seit langer Zeit. In der Liga kassierte der entthronte Serienmeister in der "Ära Red Bull" nur gegen den SK Rapid eine höhere Niederlage. Das 0:7 des Ostersonntag 2008 hat sich – positiv wie negativ – in viele Fan-Seelen eingebrannt.

Die zweithöchste Niederlage seit 2005 setzte es für Salzburg im Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Bayern München vor etwas mehr als zwei Jahren (1:7). Vor der Partie grassierte allerdings eine Corona-Welle bei den "Bullen".

Auf Platz drei der höchsten Pleiten folgt die jüngste Klatsche im Topspiel gegen den SK Sturm. Eine Reaktion nach dem 0:4 in der Königsklasse gegen Stade Brest vor wenigen Tagen gelang der Mannschaft von Trainer Pepijn Lijnders damit nicht. Vielmehr kassierte der Vizemeister innerhalb einer Woche die dritt- sowie die (geteilt) fünfthöchste Niederlage seit dem Einstieg Red Bulls.

Es geht nur gemeinsam

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

Dementsprechend ratlos zeigten sich die Spieler nach der Partie in der Mixed Zone. "Es war eine schlechte Leistung von uns allen", gestand Amar Dedic ein. "Es passt nix auf dem Platz. Das sieht man. Mehr brauche ich da nicht zu sagen."

Die Mannschaft habe zwar Qualität, wie sie zu Beginn der Saison unter Beweis stellte, so der Bosnier, aber "es gibt Phasen, in denen man selbst nicht weiß, was passiert. Das ist gerade eingetroffen. Wir müssen schauen, dass wir das Beste daraus machen."

Dedic stellte zudem klar, dass die Gerüchte, wonach er die Mannschaft bzw. Mitspieler nach der CL-Niederlage gegen Stade Brest indirekt kritisiert hätte – "Es gibt schon seine Gründe" – unwahr sind. "Wir sind alle eine Mannschaft, jeder Spieler ist für uns wichtig. Gerade ist es eine Phase, in der nicht einer, zwei oder drei drinstecken, sondern alle. Wir müssen gemeinsam wieder (aus dem Tief; Anm.) herauskommen."

Vorzeitige Auswechslungen

Auch Leandro Morgalla tat sich mit einer Erklärungsfindung schwer. "0:5 hier zu verlieren, das wünscht sich keiner. Das ist auch nicht unser Anspruch. Jetzt müssen wir ganz schnell die Schlüsse daraus ziehen."

Eigentlich hätten die Salzburger nach der Pleite in der Königsklasse eine Reaktion zeigen wollen. Diese müsse nun nach der Länderspielpause kommen, so Morgalla.

Ich sehe, dass wir, seitdem wir uns für die UEFA Champions League qualifiziert haben, ein Schatten unserer selbst sind

Salzburg-Trainer Pep Lijnders

Die beiden Außenverteidiger, also Dedic und Morgalla, mussten gegen Sturm vorzeitig vom Feld genommen werden. Bei Dedic steht am Montag eine Untersuchung an. Es dürfte "etwas Muskuläres" sein. Allzu schlimm schätzt der 22-Jährige seine Blessur aber nicht ein.

Morgalla wurde noch in der ersten Hälfte "ziemlich übel. Deshalb haben wir uns für die Auswechslung entschlossen. Aber ich fühle mich gut", erklärtr der Deutsche, der von Februar bis Juli dieses Jahres wegen einer Herzmuskelentzündung pausieren musste.

Lijnders nimmt die Abwehr in die Pflicht

Trainer Lijnders versuchte auf der Pressekonferenz nach dem Spiel ebenfalls, Erklärungen zu finden und hob vor allem heraus: "Unsere letzte Linie muss besser verteidigen. Wir können nicht immer 10–15 Meter hinterher sein." Damit meinte der Ex-Liverpool-Co, dass sich die Verteidigung nach vorne bewegen müsse, wenn die Offensive presst.

"Wenn sich die Angreifer nach vorne orientieren und die Defensivspieler zehn Meter zurückgehen, ist es einfach für den Gegner, Bälle hinter die Abwehr zu bekommen. Ich habe im Moment das Gefühl: Jeder gegnerische lange Ball führt zu einer Chance." Die kurzen Ausführungen betrafen lediglich die Defensive. Über das Verbesserungspotenzial in der Offensive könne er eine halbe Stunde reden, so Lijnders.

Der Niederländer gratulierte den Grazern aber auch zum Sieg – "sie waren in allen Momenten des Spiels viel besser" – und machte zugleich den Ausgangspunkt der zuletzt schlechteren Salzburger Phase fest.

"Ich sehe, dass wir, seitdem wir uns für die UEFA Champions League qualifiziert haben, ein Schatten unserer selbst sind." Zwei Spiele waren nach dem Einzug in die Königsklasse dann besonders bitter: das 2:3 gegen den SK Rapid und das 0:3 bei Sparta Prag. "Das schafft Instabilität in der Gruppe. Das Vertrauen geht verloren. Wir hatten nicht mehr die Führungsqualitäten, die wir vorher gehabt hatten."

Piatkowski musste durchbeißen

Laut Lijnders wogen die zwischenzeitlichen Ausfälle von Maurits Kjaergaard und Mads Bidstrup besonders schwer. "'Mau' war der, der für 80 Prozent unseres Aufbauspiels verantwortlich war. Mads hat unserem Pressing Leben eingehaucht. Auf die beiden verzichten zu müssen, war nicht leicht." Während Bidstrup wieder fit ist, wird Kjaergaard wohl nach der Länderspielpause wieder ins Spielgeschehen eingreifen können.

Kamil Piatkowski war gegen den SK Sturm Graz nur in Hälfte eins eine Spielpause vergönnt
Foto: © GEPA

Nebenbei erwähnt: Ein Fernando-Comeback werde noch "lange, lange" dauern, so Lijnders. Aleksa Terzic ist zurück im Training. Zudem sollte erwähnt werden, dass Dorgeles Nene und Moussa Yeo am Sonntag gegen Sturm nicht im Kader standen. Beide fehlten angeschlagen.

Aufgrund der Ausfälle war Lijnders in den letzten Wochen oft zu Rotation gezwungen. Gegen Sturm überraschte der Übungsleiter der Salzburger mit Samson Baidoo und Hendry Blank in der ersten Elf. Der eigentlich gesetzte Kamil Piatkowski blieb auf der Bank – aus gutem Grund.

"Wir hatten zuletzt nicht viele Innenverteidiger zur Verfügung. Kamil musste alle Spiele durchstehen, wobei er Probleme in den Beinen hatte. Er musste durchbeißen und spielen, weil wir keine anderen Lösungen hatten. Jetzt, wo Baidoo und Blank zur Verfügung stehen, konnten wir Kamil eine Pause gönnen. Das nahm etwas Druck von ihm, aber er wird in der Saison natürlich gebraucht." Der Pole musste in Graz dann doch noch ran, da sich Blank gegen die Sturmreihe der Gastgeber sichtlich schwertat.

"Nicht der Anspruch des FC Red Bull Salzburg"

"Aber ja. Instabilität in einer Mannschaft kommt oft mit all den Veränderungen in der letzten Reihe", musste Lijnders eingestehen. "Wir müssen uns entwickeln. Zum Glück ist die Saison noch lang und wir sind immer noch in einer Position, in der wir Sturm punktemäßig einholen können."

Sportdirektor Bernhard Seonbuchner kündigte bei "Sky" für den Montag interne Gespräche an. "Wir nutzen jetzt die Länderspielpause, um Dinge aufzuarbeiten." Klar ist: "So eine Leistung ist nicht der Anspruch des FC Red Bull Salzburg."

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