Natürlich wurde vor diesem Spiel viel geredet. Eigentlich muss man sagen: Gott sei Dank konnte vor diesem Spiel viel geredet werden.
Allzu gewohnt ist es Fußball-Österreich nicht, dass zu diesem Zeitpunkt der Saison Hochspannung im Titelrennen herrscht.
Oder muss man schon sagen herrschte?
Auch wenn die Spieler des SK Sturm nicht aufgeben wollen, war es wieder einmal eine Machtdemonstration des FC Red Bull Salzburg, dem mit einem 2:0-Auswärtssieg im Gipfel in Graz ein vorentscheidender Schritt in Richtung zehnten Meistertitel in Folge gelungen ist.
Köhn: "Es wurde halt drumherum viel geredet"
Somit bleibt das 1:2 bei Sturm in der 2. Runde die einzige Bundesliga-Niederlage der "Bullen" in dieser Spielzeit. Seither wurden ausnahmslos alle zwölf Auswärtsspiele gewonnen.
Drei Heim-Remis en suite kombiniert mit den Umständen, dass man im ÖFB-Cup ausnahmsweise nicht den Titel holen wird und mit Sturm der Herausforderer Nummer eins ungewöhnlich nahe gekommen ist, haben mancherorts leichte Zweifel am Leistungsvermögen der Mozartstädter aufkommen lassen.
Eine stark ersatzgeschwächte Salzburger Mannschaft gab in Liebenau fraglos die richtige Antwort.
"Es wurde halt drumherum viel geredet. Das haben wir teilweise natürlich wahrgenommen", sagt Philipp Köhn, "wir hatten eine regelrechte Jetzt-erst-recht-Einstellung."
Extrem motiviert
Der Goalie unterstreicht: "Am Ende haben wir ja trotzdem unsere Leistung gebracht. Es war halt die Konkurrenz, die über die Saison sehr gut performt hat. Wir haben den Punkterekord eingestellt. Es war ja nicht alles schlecht."
Dass nicht nur, aber vor allem Sturm größere Gegenwehr als gewohnt geleistet hat, soll die Leistungen Salzburgs nicht schmälern. Das wollte man auch in Graz zeigen.
Köhn: "Wir wollten von Beginn an da sein, gerade in so einem Spitzenspiel, auf das ganz Österreich schaut. Wir waren extrem motiviert. Ich denke, das hat man auch gesehen."
"Gehört dazu, dass man intern aneinanderkracht"
Zuletzt hat auch der 25-Jährige eine Reaktion eingefordert. Köhn sieht kein Problem darin, wenn es mitunter zu ein wenig Reibung kommt:
"Es gehört auch dazu, dass man mal intern aneinanderkracht. Daran merkt man, dass die Mannschaft lebt. Ich habe es dann öffentlich in einem, glaube ich, gesunden Maß gemacht. Dass einmal ein bisschen Kritik geäußert werden darf, gehört dazu."
Man habe die letzten Spiele und die begangenen Fehler analysiert und nach Details gesucht, die man verbessern könne: "Das haben wir super gemacht. Am Ende sind es in solchen Spielen eben die Details, die entscheiden."
Vor allem habe man jedoch wichtige Energie aufgesaugt: "Weil es uns auch ärgert, wenn wir Ergebnisse herschenken."
Kraft für Jaissle
Nach einer krankheitsbedingt mühsamen Woche gibt dieser Sieg tendenziell auch Matthias Jaissle Kraft. Auch der Salzburger Coach war zuletzt nicht frei von Kritik.
"Die Mannschaft hat ein unglaubliches Gesicht gezeigt", jubelt der 35-Jährige, "wir sind mit den Widrigkeiten davor gut umgegangen, haben komplett ausgeblendet, was über das Spiel berichtet und geschrieben wurde, und haben auch die Verletztensituation gemeistert. Ich bin sehr stolz und dankbar."
"Wir können das Ganze schon einordnen. Wir wissen, dass wir eine sehr gute Saison spielen. Auch international war sie über weite Strecken sehr gut. Dass eine Phase dabei ist wie zuletzt, als wir in den Heimspielen nicht ganz so glänzen konnten, ist völlig normal."
Auch das Gerede um seine Person habe er nicht so wahrgenommen, weil er Berichterstattung grundsätzlich nicht liest und den Fokus auf das richten würde, was er beeinflussen kann.
Aber es sei schön, wenn dies auch als Sieg der Mannschaft für ihn interpretiert werde.
Ein Titel sollte Motivation genug sein
Eine Zusatzmotivation für die Spieler durch das jüngste Gerede, wie von Köhn angesprochen, ortet Jaissle indes nicht:
"Ich weiß nicht, ob die Jungs eine Zusatzmotivation brauchen. Es geht um den Meisterteller, um einen Titel. Es ist etwas Außergewöhnliches, als Spieler Titel zu sammeln, das kriegst du nicht oft in die Hand. Das sollte Motivation genug sein, egal was geschrieben oder geredet wird."
Gut, Salzburg als Verein bekommt diese Chance, um Titel zu spielen, natürlich seit dem Red-Bull-Einstieg eh fast immer. Aber da nur wenige Spieler über viele Jahre im Kader stehen, ist Jaissles Gedanke verständlich.
Von einer Vorentscheidung in Sachen Meistertitel möchte der Deutsche jedoch trotz der nunmehr fünf Punkte Vorsprung auf Sturm nicht sprechen.
Ganz allgemein meint der Coach zur jüngsten Kritik: "Wir können das Ganze schon einordnen. Wir wissen, dass wir eine sehr gute Saison spielen. Auch international war sie über weite Strecken sehr gut. Dass eine Phase dabei ist wie zuletzt, als wir in den Heimspielen nicht ganz so glänzen konnten, ist völlig normal."
Dedic: "Wir wollten es mehr"
Wichtig ist, dass man performt, wenn es drauf ankommt - und das ist in Graz in einer im Prinzip eher ungewohnten Drucksituation gelungen.
"Wenn du die beste Mannschaft bist, ist Druck normal, und ich finde, dass wir gegen einen schweren Gegner gezeigt haben, dass wir damit umgehen können. Ich finde, wir haben Reife bewiesen", verdeutlicht Amar Dedic.
Die Einschätzung des Rechtsverteidigers: "Ich finde, dass wir von Anfang an gezeigt haben, dass wir es mehr wollten und dass wir mehr Willen gezeigt haben."
Ein bisserl motiviert wird das jüngste Gerede schon haben.