Ein Sieg tröstet über viele Aspekte hinweg.
So ganz glücklich konnte jedoch RB Salzburgs Abwehrchef Andre Ramalho nach dem 2:0-Auswärtssieg zum Bundesliga-Auftakt gegen den SK Rapid trotzdem nicht sein.
Für den 27-jährigen Brasilianer war es ein höchstemotionaler Abend im Westen Wiens, an dem Fußball nur zur Randnotiz wurde.
Zum einen feierte der RBS-Routinier ein Jubiläum, es war sein 100. Bundesliga-Spiel, zum anderen feierte seine Frau am Freitag Geburtstag. Hin- und hergerissen zwischen Tränen und Freude war er jedoch deshalb, weil am Spieltag sein Opa gestorben war.
Trotzdem stellte sich Ramalho in den Dienst der Mannschaft und erbrachte eine Top-Leistung. "Es war schon ein sehr emotionaler Tag, es war schwer für mich. Meinem Opa ging es schon seit ein paar Tagen schlecht. Es war deshalb so emotional, weil es mein 100. Bundesliga-Spiel war, dazu war noch der Geburtstag meiner Frau, aber mein Opa ist auch heute gestorben. Deshalb war es sehr emotional. Es war wirklich nicht einfach, aber trotzdem habe ich versucht, mein Bestes für die Mannschaft zu geben", versuchte der Salzburg-Verteidiger seine Gefühle nach dem Spiel in Worten auszudrücken.
Marsch: "Andre weiß immer, was das Beste ist"
Die Überlegung, aufgrund des Todesfalls in der Familie auf einen Einsatz zu verzichten, stellte sich für den Defensivspieler nicht. Er nutzte den Schlager gegen Rapid, um sich selbst abzulenken und erbrachte trotzdem seine Leistung.
Trainer Jesse Marsch hat seinen Abwehrchef schon in den ersten Wochen schätzen gelernt und weiß erstens, wie emotional der Tag für ihn war, und zweitens, wie wichtig Ramalho für Salzburg ist.
"Andre ist ein richtiger Top-Profi, er agiert immer intelligent auf dem Platz. Er hat diese Art und Weise von Fußball in der Vergangenheit gespielt, er ist seht intelligent, was das Taktische betrifft auf dem Platz. Er versteht immer die Situation, und weiß was das Beste in jedem Moment ist. Es ist ein gutes Gefühl mit diesem Spieler in unserer Kette zu spielen, er ist ein richtig guter Leader. Er hat sehr gut gespielt", lobte der neue Chefbetreuer, der aus sportlichen Gründen wohl nur ungern auf den Samba-Kicker verzichtet hätte.
Diesmal stand die Null, zur Zufriedenheit der Bullen. Noch im Februar musste Ramalho im Hit gegen Rapid mit Gelb-Rot vom Platz, noch dazu musste man sich den Hütteldorfern damals mit 0:2 geschlagen geben.
Gelunge Standortbestimmung mit Tränen in den Augen
Dieses Mal konnte Ramalho am Ende zwar traurig, aber auch zufrieden, ein Fazit nach den 90 Minuten ziehen: "Es war sehr anstrengend. Besonders zum Anfang der Saison ist man noch nicht in seinem Top-Zustand, das ist immer so. Du brauchst ein paar Spiele, damit du wirklich in deiner besten Verfassung bist."
Dabei war noch nicht alles nach dem Geschmack des ehrgeizigen Abwehrspielers, doch im Großen und Ganzen konnte man die Schwächen kaschieren und den Sieg auf fremdem Terrain einfahren.
"Es war auch sehr heiß. Rapid hat uns sehr herausgefordert Ich bin auf jeden Fall müde, aber die Mannschaft hat das sehr gut gemacht, im einen oder anderen Moment hätten wir das aber besser machen können. Aber es war wichtig, dass wir nicht die Nerven verloren und die Ruhe bewahrt haben. Wir haben die Tore im richtigen Moment geschossen", war sich Ramalho sicher.
Dass Salzburg wieder den einen oder anderen Top-Star verloren hat, beschäftigt den Spieler selbst wenig. Trotz allem war er davon überzeugt, dass die Mozartstädter schon zum Saisonstart an die Leistungsgrenze gehen können.
Ramalho über Haaland und Co.: "Man lernt auch sehr viel"
Auch wenn am Feintuning noch gearbeitet werden muss, zeigt sich Ramalho mit der Arbeit von Jesse Marsch zufrieden und sieht seine Mannschaft auch heuer wieder auf einem guten Weg.
"Wir haben eine super Vorbereitung hinter uns und schon im Cupspiel ein gutes Spiel gemacht. Klar, Rapid ist eine andere Nummer, aber trotzdem war ich überzeugt, dass wir ein gutes Spiel machen können. Klar, man weiß es erst, wenn man richtig auf dem Platz ist, aber ich habe schon an die Mannschaft geglaubt und weiß, dass sie Qualität hat. Das haben wir heute wieder bewiesen", lobte der Lockenkopf.
Dabei standen vor allem die jungen Wilden rund um Erling Braut Haaland oder Dominik Szoboslai im Fokus, die nun wichtige Rollen bei "Red Bull Salzburg Neu" einnehmen werden. Die Zusammenarbeit und die neue Findungsphase als Team hätte Ramalhos Ansicht nach nicht besser laufen können.
"Die Jungen machen sehr viel Spaß! Sie sind sehr gut, sehr engagiert und geben alles, bei jedem Training. Und trotzdem haben wir auch abseits des Platzes sehr viel Spaß. Das ist cool. Auch für mich als einer der erfahrensten Spieler ist das ein cooles Erlebnis. Man lernt auch sehr viel. Und ich versuche auch den Jungs immer zu helfen. Sie haben noch viel zu lernen. Aber das zeigt auch wieder, was für eine geile Mannschaft wir sind und was für eine gute Stimmung wir haben."
Kampf mit Spickzettel, aber wieder bereit für den Titel
Leichte Verständigungsprobleme mit dem Trainer gab es noch in der zweiten Halbzeit, als ein Spickzettel her musste, um eine Systemumstellung auf eine Dreierkette umzusetzen, da Rapid zu zu vielen Überzahlsituationen in der gegnerischen Hälfte kam.
Ramalho hantierte mit dem Stück Papier lange herum, ehe er die Anweisung weitergeben konnte. Über die Aktion muss er lachen: "Ich muss ja auf viele Sachen aufpassen, auf Gegner, auf den Ball, auf den Zettel, auf Positionen. Um alles durchzulesen, braucht man schon ein paar Sekunden. Danach haben wir alles geklärt, da haben wir sogar noch ein Tor geschossen."
Das 2:0 war dann auch die Vorentscheidung, Salzburgs Premierensieg so gut wie sicher in der Tasche. Keine Selbstverständlichkeit, aber ein weiterer Beweis dafür, dass man Salzburg auch nach dem Umbruch keinesfalls unterschätzen darf.
Für Ramalho war es bereits ein Signal der Mannschaft: "Wir haben wie jede Saison gezeigt, dass wir um den Titel kämpfen werden. Das ist unser Anspruch, das muss immer so sein. Wir haben wieder gezeigt, dass wir da sind, dass wir eine gute Mannschaft sind. Egal, ob wir viele Spieler verlieren oder nicht – wir arbeiten sehr viel und machen alles dafür, dass wir jedes Jahr um jeden Titel kämpfen können."
Der Start ist schon mal gelungen, mehr aber noch nicht. Emotional war es für Ramalho allemal, obwohl dabei der Fußball eigentlich in den Hintergrund rückt.