Matthias Jaissle ist durch nichts aus der Fassung zu bringen.
Nicht durch die zahlreichen Bierduschen, die sich bei der Meisterfeier des FC Red Bull Salzburg über ihn ergossen, und auch nicht durch den Umstand, dass er am Sonntag mit gerade einmal 34 Jahren und 19 Tagen zum jüngsten Meistertrainer in der Geschichte des österreichischen Klubfußballs wurde.
"Das ist eine nette Randnotiz, aber letztendlich ist es ein Titel für den Verein, für die Mitarbeiter, für Christoph, für Stephan und natürlich in erster Linie für die Spieler. Die haben das ganze Jahr Tag für Tag unfassbar gearbeitet. Das ist nicht selbsverständlich, deswegen bin ich sehr dankbar, hier sein zu dürfen", stellt sich der Schwabe bei "Sky" wie gewohnt nicht in den Mittelpunkt.
"Heute ist Feiern angesagt!"
Vor Jaissle war mit Hans Pesser ein ebenfalls 34-jähriger, aber um ein paar Monate älterer Trainer, der jüngste Mann, der jemals einen österreichischen Meistertitel erobern konnte.
Pesser holte 1946 mit Rapid die Meisterschaft. Seit der Einführung der Bundesliga war Herbert Prohaska vor Jaissle der jüngste Meistercoach; 1991 gewann die violette Legende mit seiner Wiener Austria den Titel.
Jaissle sind diese Statistik-Schmankerl am Sonntag völlig egal, nach Abpfiff des 5:0-Sieges gegen die Wiener Austria drehte sich im Kopf des 34-Jährigen alles um nur eine Sache: Feiern.
"Die Party ist riesig, die Jungs haben sich das verdient, heute ist Feiern angesagt", so Jaissle, der auch in der dritten Halbzeit volles Leistungsvermögen von seiner Mannschaft verlangt: "Die Jungs marschieren nicht nur am Platz, sondern auch wenn es an die Bierflasche geht."
Das ist der Vorteil von Jaissles jungem Alter
Obwohl bereits am kommenden Mittwoch das schwierige Auswärtsspiel bei Sturm Graz und am kommenden Sonntag das ÖFB-Cup-Finale gegen die SV Ried ansteht, setzt der Ex-Kicker seinem blutjungen und feierwütigen Team am Sonntag keine Grenzen: "Ich glaube, die Jungs sind alt genug und dürfen den Abend absolut genießen, weil es etwas Besonderes ist."
Auch Jaissle selbst wird bei der großen Meisterparty mit Sicherheit nicht zurückstecken: "Ich wurde oft gefragt, was der Vorteil des jungen Alters ist. Ich glaube, das ist einer der Vorteile, jetzt mit den Jungs ein bisschen durchzustarten."
"Wertschätzung gegenüber Titel sehr hoch!"
In der Feierlaune soll aber nicht untergehen, welche Bedeutung Jaissle der Meisterschale der österreichischen Bundesliga - seinem ersten Titel als Trainer überhaupt - zumisst.
"Ich habe im Vorfeld der Partie gesagt, dass wir die Meisterschaft ganz hoch gewichten und die Wertschätzung dem Titel gegenüber sehr groß ist. Von dem her sind wir absolut erleichtert", erklärt der Jungtrainer, der nun in die Endphase seiner ersten Saison als echter Profitrainer einbiegt.
Diese hätte kaum besser verlaufen können. Nachdem er ziemlich genau vor einem Jahr etwas überraschend vom FC Liefering zum Cheftrainer des FC Red Bull Salzburg befördert wurde, war die Skepsis durchaus groß.
Diese legte sich allerdings rasch, nachdem er die "Bullen" über die in der Mozartstadt so verhasste Qualifikation in die Champions League führte und in der Meisterschaft einen Startrekord nach dem anderen brach.
In der "Königsklasse" erreichte er als erster Coach eines österreichischen Bundesligisten das Achtelfinale, in der Bundesliga fuhr er mit den "Bullen" einen Sieg nach dem anderen ein und entschied nun so früh wie noch keiner seiner Vorgänger seit der Bundesliga-Reform die Meisterschaft zu Gunsten des Serienmeisters.
Jaissle hat Salzburg defensiv auf ein anderes Level gebracht
Jaissles größte Errungenschaft seit seiner Übernahme in Salzburg ist aber sicherlich, die Mannschaft spielerisch auf ein neues Level gehievt zu haben.
Obwohl er mit der jüngsten Mannschaft arbeiten musste, die je einem Mozartstädter Coach zur Verfügung stand, strahlten die "Bullen" von Saisonbeginn an eine extreme Souveränität und Konstanz aus.
Selbst eine Schwächephase gegen Ende des vergangenen Kalenderjahres zog schlussendlich keine Konsequenzen nach sich.
Die Abwehr - unter Jaissles Vorgänger Jesse Marsch die größte Schwachstelle der Salzburger - konnte in der wiedereingeführten Raute stabilisiert werden, was den Grundstein für die höchst erfolgreiche Saison darstellt.
In der Bundesliga halten die "Bullen" nach 28 Spieltagen erst bei 16 Gegentoren. Einen so niedrigen Wert konnte seit dem Red-Bull-Einstieg 2005 zu diesem Zeitpunkt der Saison noch kein Bundesliga-Trainer aufweisen.
Auch in der Champions League hielt die Mozartstädter Defensive lange Zeit sensationell gut - bis zum 1:7 gegen Bayern München.
Dieser kleine Schandfleck wird Jaissle am Ende dieser Glanzsaison aber ähnlich egal sein wie der von ihm aufgestellte Altersrekord.