Rapid kann es doch noch - und stellte das zu einem wichtigen Zeitpunkt unter Beweis.
Mit dem 3:2 über Sturm Graz gelang der erste Sieg seit 9. April, der erste Erfolg über die Steirer in dieser Saison und der erste "Dreier" seit der Teilung der Tabelle gegen ein Team aus den Top drei der Liga.
Damit liegt das Schicksal im Kampf um den vierten Platz ganz in den eigenen Händen. Ein Punkt am Samstag bei Austria Klagenfurt reicht, um den mit einem Europacup-Platz verbundenen Rang aus eigener Kraft zu fixieren.
Nach 33 gespielten Minuten hätte in Hütteldorf daran niemand geglaubt. Rapid agierte nervös und fehlerbehaftet, Sturm kam ohne großen Aufwand zu betreiben zu einer 2:0-Führung. Die Live-Tabelle wies für Rapid gar ein Horrorszenario aus, da Klagenfurt in Salzburg ebenso führte, wie die Austria in Linz - der sechste Platz drohte.
Dann setzte einmal mehr Guido Burgstaller einen Ball ohne große Nachfragen ins Netz. Und mit der letzten Aktion vor der Pause gelang durch Roman Kerschbaum der Ausgleich.
Ausgerechnet durch eine Ecke, nachdem die Standards durch erneuten Fan-Protest gegen Co-Trainer Thomas Hickersberger - seines Zeichens hauptverantwortlich für die Ideen bei offensiven Standards - wieder kurz in den Fokus rückten.
Grüll: "Bis zum 1:2 war das gar nichts von uns"
Ein Aufschwung für die zweite Halbzeit, der die Wende brachte. Rapids Auftreten war kein Vergleich mit der ersten halben Stunde mehr, schließlich besorgte Marco Grüll nach zwei Assists mit einem beherzten Flachschuss auch den Sieg.
"Bis zum 1:2 war das gar nichts von uns. Dann haben wir aus dem Nichts das Tor geschossen, ist das Momentum auf unsere Seite gekippt. Das Wichtigste ist, dass wir das Spiel endlich einmal gewonnen haben. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn du zwei Monate nach jedem Spiel in die Kabine gehst und die Köpfe hängen. Heute war ein super Comeback und für alle ein Befreiungsschlag", fasste der Mann der Partie danach zusammen.
"Wir wissen, dass es im Meister-Playoff den Tick zu wenig war. Heute ist es uns gelungen, über Kampf und spielerische Qualität das Spiel so hinzudrehen, dass wir gewinnen konnten. Für die Moral sicher wichtig."
"Burgi" will die Lehren sehen
"Es war schon eine Enttäuschung da. Das hat man auch gespürt. Aber dann ist diese Energie zurückgekommen, die wir alle brauchen. Den Glauben nie zu verlieren, egal wie der Spielstand ist. Immer an das Positive glauben. Das war heute einfach so ein Spiel."
Auch Guido Burgstaller war von der Mentalität seiner Truppe, die er mit dem Anschlusstreffer wieder zum Leben erweckte, angetan: "Wenn man nach so einem Rückschlag so zurückkommt, sieht man, was die Mannschaft zu leisten imstande ist. Wille und Leidenschaft, da kann man keinem etwas vorwerfen", so der Kapitän.
Rapid müsse aus solchen Situationen aber die Lehren ziehen: "Wir haben gewusst, was auf uns zukommt. Das war viel zu einfach. Wir machen uns die ganze Saison schon das Leben selbst schwer. Aus diesen Situationen müssen wir lernen, damit wir den nächsten Step machen."
Im Moment freue er sich vor allem, den Fans noch ein Geschenk im - aus Rapid-Sicht hoffentlich - letzten Heimspiel gemacht zu haben: "Die haben dieses Jahr einiges einstecken müssen."
Oft fehlte etwas - diesmal nicht
Zoran Barisic konnte sich nicht erklären, wo die Energie auf einmal herkam: "Wir wollten alles spielerisch lösen und haben Fehler im Spielaufbau gemacht. Dann haben wir eine kleine Umstellung in der Raumaufteilung gemacht und sind mit dem 2:2 in die Pause gegangen. Das war alles andere als einfach gegen so einen Gegner, wenn du schon 0:2 hinten bist und nichts zustande bringst, was du dir vornimmst."
Nach der Halbzeit habe er ein deutlich besseres Spiel seiner Mannschaft gesehen: "Sie haben das Spiel gut verlagert, es geschafft durchzubrechen und Chancen zu erarbeiten. So zurückzukommen, da gehört der Mannschaft ein riesengroßes Kompliment."
Damit kam auch gegen einen "großen" Gegner einmal die Fähigkeit zu "Big Points" zurück. Eine Fähigkeit, an die der Trainer immer glaubte: "Wir hätten auch letzte Woche (gegen den LASK, Anm.) gewinnen müssen, weil wir viele Chancen hatten. Die Jungs wissen, dass uns oft etwas fehlt, aber wenn alles passt, sind wir imstande, jedem Gegner Paroli bieten zu können."
Das seien kleine Steps, mit denen der Rückstand auf die Top-Teams der Bundesliga kontinuierlich kleiner werden könne. Keine Sache, die von heute auf morgen geht, aber gegen Sturm 60 Minuten lang passte.
Der Enttäuschung getrotzt
Dass nach dem 1:2 eine veränderte Mannschaft am Platz stand, habe auch mit dem lange nicht mehr beschworenen "Rapid-Geist" zu tun gehabt.
"Es war schon eine Enttäuschung da. Das hat man auch gespürt. Aber dann ist diese Energie zurückgekommen, die wir alle brauchen. Den Glauben nie zu verlieren, egal wie der Spielstand ist. Immer an das Positive glauben. Das war heute einfach so ein Spiel", freute sich Barisic speziell gegen einen starken Gegner wie Sturm, gegen den man sich mit so einer schwierigen Ausgangslage in der Regel "brausen gehen" könne.
So herrsche am Ende des Tages pure Freude beim Trainer: "Der Sieg ist alles andere als selbstverständlich, da habe ich riesengroßen Respekt vor der Mannschaft. Es spielt sich viel in meinem Kopf ab, was wir besser machen und implementieren können. Da war viel dabei, was mir nicht gefallen hat. Aber ich glaube an die Jungs."
Glaube an sich selbst: Das wird auch ein entscheidender Faktor in Klagenfurt sein. Ausgerechnet wieder ein Showdown im Wörthersee-Stadion, wo die Cup-Träume vor einem knappen Monat so jäh zu Ende gingen. Gegen Sturm.
Womöglich war dieser Sieg, der so viele Unserien brach, eine späte Moralinjektion, die der schwierigen Saison noch einen halbwegs versöhnlichen Abschluss bescheren könnte.