Nestor El Maestro ist noch kein großer Name im österreichischen Fußball-Geschäft, einen auffälligen trägt er aber allemal.
"Ich persönlich hasse es inzwischen, darüber zu lesen. Ich beantworte die Frage seit 20 Jahren", gesteht der 36-Jährige am Rande seiner Präsentation als neuer Trainer des SK Sturm Graz.
An Tag eins an neuer Wirkungsstätte musste er die Geschichte seiner Namensänderung aber natürlich noch einmal erzählen - und es ist eine durchaus interessante.
Dauerbrenner soll es während seiner Amtszeit allerdings keiner werden, deshalb hier einmal die Erklärung und damit hat es sich dann auch:
Geboren ist El Maestro als Nestor Jevtic 1983 in Belgrad. Wenn es zu einer Namensänderung kommt, würde es immer zwei Entscheidungen geben: "Die erste ist, man möchte seinen Namen ändern, die zweite ist, in welchen Namen."
Schritt eins: Warum die Namensänderung?
"Die Leute vergessen immer, damals war ich 17 oder 18. In diesem Alter hat man dumme oder interessante Ideen im Kopf", meint El Maestro aus heutiger Perspektive.
Der eine Teil der Geschichte ist, dass sein Bruder Nikon als fußballerisches Wunderkind galt und in einem Artikel als "Maestro" bezeichnet wurde: "Das hat uns gefallen."
"In England waren Ic-Namen damals nicht so beliebt. Ich habe aus Serbien viel Kritik dafür bekommen, aber viele wissen nicht, wie es ist, als Jugendlicher in einem NATO-Land zu leben, das Krieg gegen uns führt. Fragen Sie mal jemanden aus Syrien oder Afghanistan Anfang der 2000er, wie es so ist, in Washington oder London zu leben."
Die zweite Komponente am Weg zum Entschluss zur Namensänderung ist wesentlich ernster. Nestor ist zwar in Serbien geboren, doch seine Familie übersiedelte mit ihm nach England, als er noch ein Kind war.
"In England waren Ic-Namen damals nicht so beliebt, eigentlich in ganz Westeuropa. Ich habe aus Serbien viel Kritik dafür bekommen, aber viele wissen nicht, wie es ist, als Jugendlicher in einem NATO-Land zu leben, das Krieg gegen uns führt. Fragen Sie mal jemanden aus Syrien oder Afghanistan Anfang der 2000er, wie es so ist, in Washington oder London zu leben", fordert El Maestro.
Dabei habe er sich als Engländer gefühlt und auch schon die englische Staatsbürgerschaft besessen. "Im TV sieht man dann Diktator Slobodan Milosevic und bekommt mit, dass er der schlimmste Mensch überhaupt sei. Ich möchte das gar nicht beurteilen, aber dieser Typ hat einen sehr ähnlichen Nachnamen wie ich. Bei uns ist wie bei den Georgiern: Du hast einen Nachnamen und du weißt, woher er kommt. Das wollte ich nicht mehr haben. Daher die Entscheidung, den Namen zu ändern."
Schritt zwei: In welchen Namen?
Der neue Sturm-Coach hieß nicht nur Nestor Jevtic, sondern hatte vor seinem aktuellen Namen noch einen weiteren - welchen möchte er jedoch nicht verraten.
"Ich war damals schon zehn Jahre in England, habe in London gelebt, Englisch als Muttersprache gesprochen, war auch englischer Staatsbürger, hatte nur englische Freunde und wegen der ganzen Kriege war es nicht die einfachste Zeit, sich als Serbe zu bezeichnen. Ich habe mich als Engländer gefühlt, also wollte ich auch einen englischen Namen. Ich dachte, das wäre eine gute Idee."
"Es ist wie bei einem Tattoo: Mit 17 hat man häufig den Weitblick nicht. Man denkt nicht: Mit 40 habe ich vielleicht ein großes Job-Interview, trage aber diesen komischen Namen."
Wie er hieß, bleibt sein Geheimnis: "Ich habe einmal gesagt, es war ein typisch englischer Name wie John Smith. Es war aber nicht John Smith."
Die Idee war jedoch nur vermeintlich eine gute: "Als ich es gemacht habe, kam ich mir selbst ein bisschen falsch vor, und dann kam zügig diese andere Idee, die eigentlich noch verrückter war."
Nestor El Maestro eben.
"Das hat sich irgendwie interessant und geil angehört. Wenn man 17 ist, hört sich das cool an."
Wie lebt es sich mit diesem Namen?
Später bezeichnete er die Namensänderung einmal als "Teenage Madness". Denn was man in diesem Alter cool findet, muss es zwei Jahrzehnte später nicht mehr sein.
"Es ist wie bei einem Tattoo: Mit 17 hat man häufig den Weitblick nicht. Man denkt nicht: Mit 40 habe ich vielleicht ein großes Job-Interview, trage aber diesen komischen Namen. Die Leute vergessen auch gerne: Zwischen 17 und 36 liegen schon einige Jahre. Aber damals hatte es seinen Grund."
Aus Serbien habe er viel Kritik für die Namensänderung bekommen: "Ich habe irgendwann einmal gesagt, ich habe mich für diesen Nachnamen geschämt. Das richtige Zitat lautet aber: Ich schäme mich, dass ich mich damals geschämt habe."
So nervig die Fragen darüber bisweilen sind, lebt es sich mit den Namen dennoch gut: "Mittlerweile bin ich länger El Maestro, als ich Jevtic war. Meine Kinder tragen diesen Nachnamen. Mir ist das mittlerweile relativ egal."