Der Hinweis, dass er dann eben doch auch einmal ein zweites Jahr beim selben Verein absolviert, zieht sich wie ein roter Faden durch diese Vorbereitung.
Damit muss Christian Ilzer leben.
Drei Mal nach nur einem Jahr den Job zu wechseln, dabei jedoch nie entlassen worden zu sein, sondern Hartberg, Wolfsberg und die Austria jeweils freiwillig zu verlassen, ist in diesem schnelllebigen Geschäft auch durchaus bemerkenswert.
Dass Sturm Graz in seiner steirischen Heimat mehr als nur ein Zwischenstopp sein dürfte, ließ sich vergangene Saison recht flott erahnen.
Umso spannender wird 2021/22 zu beobachten, wie sich eine Ilzer-Elf schlägt, wenn der 43-Jährige die Gelegenheit hat, auf seine eigene Arbeit aufzubauen.
"Gewisse Dinge erleichtert es natürlich, wenn schon eine Struktur da ist, man nicht quasi 'bei Null' starten muss. Auf der anderen Seite muss man natürlich immer schauen, dass kein Alltag oder Trott einkehrt. Da gilt es sensibel zu sein, immer wieder nachzuschärfen und einen klaren Fokus auf Dinge zu behalten, die man verbessern will", betont Ilzer im Gespräch mit LAOLA1.
Ilzer: "Meine Trainer-Karriere ist ja nicht nur vier Jahre alt"
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
So ganz stehen lassen kann und will der Coach das Thema mit seinen jährlichen Job-Wechseln natürlich nicht, und das durchaus berechtigt:
"In der unmittelbaren Vergangenheit hatte ich vielleicht kein zweites Jahr, früher hatte ich es schon öfter. Meine Trainer-Karriere ist ja nicht nur vier Jahre alt, ich bin schon seit über 20 Jahren Trainer und war davor bei kleineren Vereinen immer wieder länger als ein Jahr."
Nicht zuletzt deshalb weiß Ilzer auch, dass er sich vom höchst erfreulichen ersten Eindruck in Jahr eins im Worst Case möglicherweise schon bald nichts mehr kaufen kann.
"Wir haben ein erfolgreiches erstes Jahr hinter uns, aber das ist vergangen", stellt er klar, "wir wollen jetzt daran anschließen, dieses Jahr bestätigen. Das wird eine Herausforderung."
Woran wird der Erfolg gemessen?
Dass Sturm in einer Europacup-Gruppenphase engagiert ist, also Doppelbelastung dazu kommt, steht fest. Die Erwartungshaltung ist auch nicht geringer geworden.
"Ich will natürlich sehen, dass wir inhaltliche Dinge richtig festigen und automatisieren, dass wir uns in gewissen Bereichen noch flexibler aufstellen, für die Gegner noch schwerer ausrechenbar werden, und dass sich einzelne Spieler allesamt weiterentwickeln."
Woran wird der Erfolg in Graz in der beginnenden Saison also gemessen? An tabellarischen Realitäten? Am Auftreten?
"Nicht immer nur an tabellarische Dinge gekoppelt", bekräftigt Ilzer und nennt die Meistergruppe als erstes logisches Ziel: "Das gibt der Modus eh so vor."
"Aber ich will natürlich sehen, dass wir inhaltliche Dinge richtig festigen und automatisieren, dass wir uns in gewissen Bereichen noch flexibler aufstellen, für die Gegner noch schwerer ausrechenbar werden, und dass sich einzelne Spieler allesamt weiterentwickeln."
Die ersten Eindrücke von den Neuzugängen
Die Mannschaft sei jung und nun alle drei bis vier Tage gefordert. Entsprechend ginge es gar nicht ohne Entwicklungsschritte, wenn man an die Vorsaison anschließen wolle.
"Daran werde ich meine Arbeit und auch jene des Teams messen", so Ilzer.
Besonders groß ist der Vorteil einer erfolgreichen Debüt-Saison, wenn man nicht zahlreiche Leistungsträger verliert. Wirklich schweren Herzens ließen die "Blackies" nur Mainz-Leihgabe David Nemeth ziehen.
Ansonsten hatte Geschäftsführer Sport Andreas Schicker den Luxus, den hoffnungsvollen Kader punktuell zu verstärken. Die bisherigen drei Neuzugänge von außen sind auch als durchaus spannend einzuordnen. So fallen Ilzers erste Eindrücke aus:
DAVID AFFENGRUBER (20):
Dem bisherigen "Bullen"-Youngster fällt die anspruchsvolle Aufgabe zu, in der Innenverteidigung Nemeth zu ersetzen.
Angesichts der Ansprüche, die man an sich selbst haben sollte, wenn man es beim FC Red Bull Salzburg durch alle Nachwuchsabteilungen bis zu den Profis geschafft hat, ist dies aber wohl eine Herausforderung, die man gerne annimmt.
"David Nemeth hat extrem stabil gespielt. Mit David Affengruber haben wir eine österreichische Lösung gefunden, das war uns sehr wichtig. Er ist auch der ideale Ersatz für David", unterstreicht Ilzer, der bislang mit seinem neuen Schützling sehr zufrieden ist:
"Er ist ein sehr ehrgeiziger Spieler mit einer super Mentalität. Wir erwarten von ihm natürlich, dass er sich sehr schnell in unserem Spielsystem und unserer Teamstruktur festigt. Das hat er bis jetzt schon sehr gut gemacht."
In der höchsten Spielklasse kam Affengruber bislang fünf Mal für RBS zum Einsatz - vier Kurzeinsätze und jener 90-minütige Auftritt gegen den WAC, in dem ihm ein unglückliches Eigentor unterlief. Wie bei Nemeth in der Vorsaison gilt es, dass die noch eher geringe Erfahrung im Idealfall am besten erst gar nicht auffallen soll.
Ilzer betont, dass es bei Spielern generell immer wieder Themen gibt, bei denen man Verbesserungsmöglichkeiten sieht: "Das nimmt er hervorragend an. Er ist ein Spieler, der sehr selbstreflektiert ist. Trotz seines jungen Alters ist er bereits eine gute Persönlichkeit. Ich denke, dass wir da einen Top-Transfer getätigt haben."
ALEXANDER PRASS (20)
Wie Affengruber ist Prass ein langjähriges Mitglied der Nachwuchsabteilung des FC Red Bull Salzburg, in den vergangenen beiden Saisonen zeigte er beim FC Liefering auf. Nun gilt es den nächsten Schritt in die Bundesliga zu schaffen.
"Mit Alexander Prass haben wir einen weiteren Spieler in der Raute dazubekommen, der alternativ auch in der Viererkette links hinten oder im Falle einer Dreierkette auf der Schiene spielen kann, also sehr flexibel einsetzbar ist", freut sich Ilzer, einen Allrounder weiterentwickeln zu dürfen.
In der Vorsaison fiel der Oberösterreicher mit sechs Toren und zehn Assists in 2. Liga auf. Die Anlagen, Scorer-Punkte sammeln zu können, sind also da.
"Wir haben mit ihm den Konkurrenzkampf im Mittelfeld weiter verstärken können, was auch wichtig ist, um die Trainingsqualität hochzuhalten. Er ist ein extrem laufstarker und technisch guter Spieler, der alles mitbringt, was wir uns auf dieser Position erwarten", lobt Ilzer.
MANPRIT SARKARIA (24)
Den Wiener kennt Ilzer natürlich aus der gemeinsam Saison bei der Austria bestens, in der steirischen Landeshauptstadt ist man nun wiedervereint.
An den Edeltechniker hat der Coach mit breitem Grinser vor allem ein Anliegen: "Wenn er Tore macht, macht 'Mani' bis jetzt wirklich nur Traumtore. Wir müssen ihn dahin bringen, dass er auch einfache Tore macht."
Ein guter Spruch mit mehr als einem Fünkchen Wahrheit. Denn bisweilen tut es auch die unkompliziertere Lösung. Sarkaria hat sich bei den "Veilchen" zuletzt stabilisiert, aber der Eindruck, dass es noch Luft nach oben gibt, besteht.
"Wenn er Tore macht, macht Mani bis jetzt wirklich nur Traumtore. Wir müssen ihn dahin bringen, dass er auch einfache Tore macht."
"Bei mir ist 'Mani' damals im Spätherbst zum fixen Bestandteil der Mannschaft geworden. Jetzt hat er bei der Austria das zweite Jahr regelmäßig gespielt. Es hat ihm gut getan, weitere rund 30 Einsätze von Beginn an zu spielen", erklärt Ilzer und meint weiter:
"Er ist natürlich ein hervorragender Fußballer, aber es gibt Bereiche, wo wir ihn noch heben wollen - in seiner Intensität zu spielen, wenn er den Ball nicht hat, im Tempowechsel, in der Dynamik."
Und eben im verlässlicheren Torabschluss. "Das sind Themen, die man bei jedem Spieler hat", betont Ilzer, "'Mani' zeigt sich sehr bereit für diese Entwicklungsschritte. Wichtig ist, dass man gute Anhaltspunkte gibt, aber auch die nötige Freiheit lässt, seine große fußballerische Qualität auszuspielen."
Entwicklung bleibt bei Sturm eines der obersten Gebote. Schließlich stehen 17 Spieler mit Jahrgang 2000 oder jünger im Aufgebot, darunter zahlreiche Nachrücker aus den eigenen Reihen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahrtausend wurden 13 Kadermitglieder geboren.
"Wir haben verschiedene Spieler, die richtig spannend sein können. Junge Spieler aus der Akademie, die großteils durch das Corona-bedingte Jahr nur wenig Spiele in der zweiten Mannschaft in der Regionalliga hatten und sehr schnell zu uns durchgeschoben wurden", erklärt Ilzer.
Was für das Potenzial der Kandidaten spricht. Nun heißt es zu lernen.
"Talentiert sind sie alle, nun kommen andere Bereiche dazu. Es gilt eine Resilienz zu entwickeln, auch diesen Konkurrenzkampf zu bestehen, ihre Fähigkeiten auf höherem Niveau auf den Platz zu bringen. Da werden sie nicht nur fußballerisch gefordert sein, sondern auch im Kopf. Man wird sehen, wer seinen Weg macht und wer eher auf der Strecke bleibt", fordert Ilzer seine Youngster heraus.
Der eine oder andere jüngere Jahrgang ist ohnehin schon zum Stamm, oder zumindest zum erweiterten, zu zählen. Die Zahl der Spiele steigt, damit wird es vermutlich Chancen für Nachrücker geben.
Gut möglich, dass auch in Ilzers zweitem Jahr einige einen größeren Sprung nach vorne machen.